Die einzelnen Masken des Urner Brauchtums

Wilder Mann Im Lexikon von Hans Jacob Leu (1764) wird ein «Wildenmans-Stein» bei Schattdorf erwähnt. Es handelt sich dabei um einen grossen, sehr breiten Stein am Bannwald ob Schattdorf. Den Namen hat dieser von der Sage erhalten, da dort der letzte von den dort gewesenen wilden Leuten gesehen worden sei. Demnach versammelten sich alljährlich an der so genannten Herren-Fasnacht «junge benachbarte Knaben», kleideten sich wie wilde Männer und teilten auch einige Ämter durch ordentliche Wahl unter sich auf. Danach liefen sie im Dorf herum und hielten «ein Mahlzeit in Milch». Dies ist eine frühe Belegstelle, dass die Knabenschaften sich auch in Uri zu Maskenzügen zusammenfanden und dämonische Masken hier zu Lande in der Vergangenheit in Erscheinung traten. Im Gegensatz zu Schwyz, Nid- und Obwalden, aber auch zu Süddeutschland ist der «Wilde Mann» in Uri wohl bereits im frühen 19. Jahrhundert verschwunden. Der Wilde Mann war und ist die komische Wildmannsmaske bei der Alpentladung. Er trägt einen Tannenbart und ein aus Tannenreisig, Flechten und Moos bestehendes Gewand. In der Hand hält er auch heute noch die Tanne, Symbol und Unterpfand der ewig grünenden Lebenskraft. Einst war der Wilde Mann göttlicher Herr der Tiere und Herr aller Gaben der Alp. In der Innerschweiz wird der wilde Mann auch «Tschämmeler» genannt. Der Name leitet sich vom Verb «schemele, tschämele» ab und bedeutet eigentlich den «Schemen» machen, also Masken laufen und heischen. Auch er stellte einen Schutzgeist dar, welcher den Sennen im Sommer auf der Alp bei Sturm, Unwetter und zur Nachtzeit ihr Vieh bewachte. Zum Dank dafür erschien der «Tschämmeler» deshalb in Schwyz und Unterwalden auch an der Sennenchilbi. Im Isental trat der «Tschämmeler» an der Sennenchilbi auf, stellte einen wilden Mann dar und opferte unter allerlei Possen im Namen der Älpler dem Pfarrer einen fetten Käse. Text: Gisler-Jauch Rolf, Fasnächtliches Uri, S. 47 f.