BRAUCHTUM

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Der Nationalfeiertag im Detail

1964

Samstag, 1. August 1964



Sujet: Alpenrose (gewoben) auf rot-weissem Band
Zweck der Bundesfeierspende: Schweizer Berghilfe

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Wort des Landammanns zur Bundesfeier 1964
Landammann Dr. Alfred Weber


«Getreue, liebe Mitbürger,
Jedes Jahr am 1. August gedenkt das Schweizervolk dankbar der nun schon sechseinhalb Jahrhunderte alt gewordenen Geschichte unserer Eidgenossenschaft. So laßt uns auch dieses Jahr wieder, wie es guter schweizerischer Brauch ist, diesen Anlaß begehen und uns einige Ueberlegungen anstellen, welche sich aus unserer Zeit heraus ergeben.

Die Schweiz steht im Zeichen einer unerhörten Hochkonjunktur, welche bereits dazu gezwungen hat, bestimmte Restriktionen in Wirksamkeit treten zu lassen. Mitten in diese Zeit hinein ist die Expo in Lausanne gestellt, die Schweizerische Landesausstellung, diese nationale Schau über unser inneres und äußeres Leben. Im Zeichen dieser Landesausstellung wollen wir nicht mit Stolz über das blicken, was die vergangenen Geschlechter geleistet haben, sondern uns zum Nachdenken bewegen lassen, auf welche Basis wir unser Verhältnis zur Heimat gestellt haben und wie wir unsere Verpflichtung zur Zukunft erkennen. Unser politisches, kulturelles und wirtschaftliches Leben ist geprägt von der Notwendigkeit zur Pianung auf weite Sicht. Sicher dürfen wir dieses Jahr die Expo-Charta in den Mittelpunkt unserer Gedanken zur Bundesfeier stellen, denn sie ist Wegweiser für die Schweiz von morgen: Im Heute den Umriß der Zukunft enthüllen, Wege zum neuen Europa weisen, der Schweiz neuen Ansporn zum Erkennen und Schaffen geben. Dies heißt doch nichts anderes als sich mit den Aufgaben, welche die kommende Zeit an uns stellt, befassen und sie zu lösen suchen. Diese Zukunftsaufgaben ergeben sich nicht nur für die staatliche Verwaltung, sondern auch für die Landwirtschaft so gut wie für die Entwicklung in Industrie, Handel, Handwerk und Gewerbe.

Neben diesen mehr existenzialen Aspekten darf aber auch ein weiteres Moment nicht außer acht gelassen werden: die Landeseinheit und ihre Förderung. Es ist sicher bedeutungsvoll, daß die diesjährige Expo in die welsche Schweiz zu stehen kam. Immer wird es in der vielgestaltigen Schweiz Gegensätze geben, immer aber geht es darum, diese Gegensätze in dem ihnen zugewiesenen Rahmen und in vernünftigen Grenzen zu halten, sodaß die Vielheit in der Einheit nicht verloren geht. Auch hier soll uns die Expo-Charta einen Hinweis mitgeben, indem sie sagt: Die 25 Stände im gemeinsamen Werk zusammenführen. Wo gäbe es für diese eidgenössische Einheit einen schöneren Ausdruck als am Fahnenmast auf dem Platz der Kantone und Gemeinden der Expo, wo über 3 000 Fahnen einträchtig nebeneinander flattern. So soll die vielgestaltige Schweiz sich zur geschlossenen Einheit zusammenfinden, in welcher alle Verschiedenheiten ihren wohlzugewiesenen Platz haben.

Die letzte Stufe auf dem Wege der Schweiz in die Zukunft darf nun auch nicht vergessen werden: es ist der christliche Glaube und dessen Bewahrung. Auch hieran hat die Expo 1964 in Lausanne gedacht und als schönes Zeichen hiefür in der Abteilung «Die menschliche Gesellschaft» dem Andachtsraum einen ganz bestimmten Platz zugewiesen, ein Raum, in welchem die Gottesdienste der römisch-katholischen, protestantischen und christ-katholischen Glaubensgemeinschaft abgehalten werden und wo die religiösen, geistigen und humanitären Werte der menschlichen Gesellschaft zu ihrem Recht kommen.

So vermögen wir in dem, was die Eidgenossenschaft in der Vergangenheit erarbeitet hat, unsern Weg in die Zukunft zu erkennen. Dieser Weg wird uns Pflichten auferlegen und er wird uns Sorgen bringen. Diesen Pflichten wollen wir uns nicht entziehen und wir wollen versuchen, in treuer Verbundenheit gemeinsam den Sorgen und Nöten zu begegnen, wobei uns die bewährten Grundsätze unseres Staatswesens, die da sind Freiheit, Unabhängigkeit, Eintracht, Recht und christlicher Glaube, nicht nur Wegweiser sondern eigentlichste Verpflichtung sein sollen.

Wie jedes Jahr, so wird auch heuer wieder eine gesamtschweizerische und allgemeine Bundesfeiersammlung durchgeführt, deren Ertrag der Bergbevölkerung zugute kommen soll. Geplant sind wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen, Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung sowie Subsidien für Betriebsberatung, Heimarbeit und Hauspflege. Wir empfehlen diese Sammlung dem Wohlwollen unserer Mitbürger recht herzlich. Schließlich bitten wir die löbl. Kirchenräte und Pfarrämter, für das traditionelle Festgeläute von 20.00 - 20.15 Uhr in allen Pfarr- und Filialkirchen besorgt zu sein. Sodann mögen am Abend unseres vaterländischen Gedenktages die Feuerzeichen auf den Bergen als Symbole der Freiheit und des Friedens auflodern und die Bevölkerung laden wir ein, die Gebäude zu beflaggen, damit Glocken, Feuerzeichen und Fahnen von der unverbrüchlichen Liebe und Treue zur angestammten Heimat künden. Vertrauensvoll empfehlen wir Euch, getreue, liebe Mitbürger, und das ganze Volk der Eidgenossen samt uns in den immerwährenden Machtschutz des Allerhöchsten.»

27.07.1964 / Abl UR 1964, S. 621 ff.

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(Angaben folgen)

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / letzte Aktualisierung: 22.08.2021