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Hufeisen
   
Die mythologische Bedeutung von Pferd und Pferdehuf übertrug sich auch auf das Hufeisen und machte es zum Glückssymbol. Mit einem vierblätterigen Kleeblatt verdoppelte sich die Glück bringende Wirkung.

Die hohe Bedeutung des Pferdes in Glauben und Kult der germanischen Vorzeit übertrug sich auf das Hufeisen und erklärte die magische Verwendung dieses Symbols. Die Hufeisen dienten als stellvertretende Pferdeopfer. Man fand Hufeisen an Quellen und Bächen. Man wollte damit einen reichlichen Wasserfluss erwirken. Dass das Hufeisen unter den Glücksbringern an erster Stelle stand, war eher verwunderlich, da das Beschlagen der Pferde keine sehr alte Technik war. Das Hufeisen erlangte in kurzer Zeit eine erstaunliche Verbreitung als Glücksbringer. Dieses Phänomen erklärte sich damit, dass sich in ihm symbolhaft verschiedene alte Vorstellungen vereinigten. Es waren die Bedeutung des Pferdes in der Mythologie, die Verwendung von Pferdefuss und Pferdehuf im Schaden- und Abwehrzauber, der Glaube an die Glück bringende Wirkung von gefundenen Gegenständen, die Unheil abwehrende Macht des Eisens und die Rolle des Hufnagels im magischen Brauchtum. In der Überlieferung stand das Pferd in enger Verbindung zur Odin-Wodan-Mythe. Auf dem Pferd führte Odin als Totengott den Wilden Zug. In Anlehnung an die Schnelligkeit wurde es zum Wind- und Wolkensystem. Die zersprengende Kraft des Blitzes war der Hufschlag des Himmelrosses. Das Pferd galt als geistersichtig und hatte weissagende Kraft.

Fand man ein Hufeisen, ohne danach gesucht zu haben, versprach es Glück, Segen, Gold und Schutz. Es schützte vor Blitz, Feuer, Krankheit, Teufel, Hexen, Hexerei und Mondsucht. Auch Ungeziefer hielt es fern. Für das Eindringen jener Kräfte, die eindringen sollten, hielt das Hufeisen eine S. offen und erhielt damit, je nach Stellung, eine andere Bedeutung. War es nach oben gerichtet, versinnbildlicht es Zustrom göttlicher Kräfte oder Eintritt der Götter, Glück, Leben. Öffnete sich der Bogen nach unten, bedeutete es Eindringen finsterer Gewalten, Unglück und Tod. In Europa wurde das Hufeisen bis zum Zweiten Weltkrieg wie eine Schutzhaube mit der Öffnung nach unten angebracht (heute noch vielfach in Deutschland und Frankreich). Erst die amerikanische Besatzungsmacht brachte die umgekehrte Form mit der Öffnung nach oben zum Auffangen des Glücks. Nun bedeutete ein mit der Öffnung nach unten angebrachtes Hufeisen das Ausleeren des Glücks. Das Hufeisen wurde, meist am Stephanstag, dem grossen Pferdetag (26. Dezember), vorwiegend an Haus- oder Stalltür angenagelt. Manchmal wurden die Hufeisen mit der dämonenfeindlichen Farbe rot angemalt.

Wurde das Hufeisen mit der Öffnung nach aussen horizontal auf die Türschwelle genagelt, fing es Unheil auf. Mit der Öffnung nach innen hinderte der geschlossene Bogen das Übel am Eindringen und das Hufeisen gab dem Vieh auf seinem Weg Glück mit.

Auch in der Volksheilkunde wurde der Pferdehuf angewendet. Gegen Geschwüre trug man eine Salbe aus gebranntem Rosshuf auf. Der Rauch von Pferdehuf vertrieb Läuse und erleichterte schwere Geburten. Gegen Schmerzen an «heimlichen» Orten half ein Sud aus Hufspänen. Unter dem Kissen in der Wiege schützte es das Kind vor Krämpfen. Bei starkem Nasenbluten liess man das Blut auf das erhitzte Eisen tropfen, worauf sich die Blutung stillte. Bei Magenbeschwerden sollte Bier über das heisse Eisen geleert und anschliessend getrunken werden.

Der Glaube an die Wunderkraft des Hufeisens war so stark, dass ein abgefallenes Rosseisen grösste Vorsicht verlangte. Verlor ein Pferd ein Hufeisen, so kratzte man mit dem Messer ein Kreuz auf den Huf und sprach dazu einen Segen. Dann suchte man schnell einen Hufschmied auf. Wollte sich ein Pferd nicht beschlagen lassen, so flüsterte man ihm folgenden Spruch ins Ohr: «Kaspar hebe dich, Melchior binde dich, Balthasar strecke dich.» Oder man hängte ihm einen Zettel mit einem Bannspruch auf das rechte Ohr. Half alles nichts, so rief man den Pferdeheiligen, den heiligen Eligius, an.

Unter dem Einfluss des Christentums sank die Odin-Wodan-Mythe zur Teufelsmythe herab. Das Pferd blieb. Nun sah man den Teufel in Pferdegestalt. Die Führung der Toten zum Totenvolk wurde zum Höllenritt. Der Teufel als grösster Widersacher der christlichen Religion erschien mit dem Pferdefuss. Auch wenn er durch besondere Kleidung noch so gut getarnt war oder als wunderschöne Frau erschien, erkannte man ihn am Pferdefuss. Hieraus liess sich das Sprichwort ableiten: Es entpuppte sich als Pferdefuss. Die Stephansnacht am 26. Dezember gehörte zu den zwölf Raunächten der Winterzeit, die als besonders gefährlich galten. Im übertragenen Sinn hiess das für den Teufel, der zu einem Haus mit angenageltem Hufeisen kam und es sah: «Mir könnte es hier gleich ergehen wie dem armen Teufel, dessen Fuss hier hängt.» Er liess die Bewohner dieses Hauses in Ruhe.

Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 300; Literatur: «Suisse Primitive», Forum der Schweizer Geschichte (2002); Niederberger Hanspeter, Hirtler Christof; Gesietr, Bann und Herrgottswinkel; S. 126 f.; Kälin Detta, Zauberwahn und Wunderglauben, S. 25; Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 155; Hofmann Lea, Anhängen, zeigen, S. 55 f.

NACHWEISE

«Wie sie (das leichtfertige Mädchen) auf den Schrannen kam, hörte sie auf einmal hinter ihrem Rücken schnauben und wiehern und ein Geräusch wie das Getrappel eines galoppierenden Pferdes. Sie schaute zurück und erblickte zu ihrem masslosen Schrecken ein Ross. „Das ist der Teufel,“ sagte sie sich und dachte an ihre vermessene Rede und an ihr sündhaftes Vorhaben und versprach in aller Inbrunst ihres klopfenden Herzens, ein Rosseisen zum ewigen Angedenken in der Kapelle Riedertal aufzuhängen, wenn sie ihm diesmal noch entgehe ... Das Huseifen hängt noch heute im Vorzeichen der alten, lieblichen Kapelle.»

«Und der Schmied schlug rasch den letzten Nagel ein, das Ross setzte sich in Galopp und raste dem Riedertale zu. Der Teufel gar bald hintendrein. Als das Ross mit den Vorderfüssen den Vorschopf des Gotteshauses erreichte, erfasste auch schon der Teufel das Hufeisen eines Hinterbeines. Aber es war zu spät. Das Hufeisen zwar blieb ihm in den Krallen, aber das Ross war verschwunden, und statt seiner stand das Mädchen, Gott dankend, im Vorzeichen. Wütend und fluchend schleuderte der Teufel das Eisen in die Halle und verschwand. Das Mädchen war gerettet; das Eisen hängt noch heute zur ewigen Erinnerung im Vorschopf der Kapelle.»

«Eben war das Pferd bei der Kapelle angelangt, als der Teufel ebenfalls dort erschien und es am Schweife zu fassen versuchte. Mit einem mächtigen Satze entriss es sich aber den Händen seines Verfolgers und gelangte in die Kapelle in solcher Hast, dass es bei der Türe das Eisen verlor.»

«Sie (die Jungfrau) gehorchte, und da zeigte es sich, dass der feine Herr Pferdefüsse hatte. Die Jungfrau erschrak und wollte davonlaufen, aber er packte sie, verwandelte sie in ein Ross und ritt auf demselben davon. ... Zum Andenken an seine Rettung hängte das Mädchen den Haarzopf und ein Hufeisen in der Halle auf.»

«Als er das Ross erreichte, war es gerade mit den Vorderfüssen über die Kapellentürschwelle gesprengt. Dabei verlor es das Hufeisen an einem Hinterfuss. Gerettet, Hufeisen hängt.»

«Unter den Gelübdezeichen in der Vorhalle der Wallfahrtskapelle im Riedertal zu Bürglen sieht man ein Hufeisen ... Als das Pferd mit den Vorderfüssen in die Vorhalle der Kapelle sprang, hatte der Böse die beiden erreicht, aber zu spät. Er fand nur mehr Zeit, das Pferd am Hufeisen des Hinterfusses zu fassen. Die Jungfrau war erlöst, und der Teufel warf das Hufeisen, das er dem Pferde abgerissen, im Zorn in die Vorhalle der Kapelle hinein.»

«Am Hufeisen des Hinterbeines wollte er (der Teufel) das Ross noch zurückhalten, aber die Mutter Gottes hatte seine Macht gebrochen. Statt der Seele des armen Mannes hatte er ein Hufeisen in seinen Klauen.»

Müller Josef, Sagen aus Uri, Sagen 589, 1240 a-d, 1241, 1242.
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«Jetzt gingen Knecht und Meister miteinander ins Stübli und forderten die Frau auf, ihnen Hände und Füsse zu zeigen. Weil sie sich weigerte, zogen sie selber die Decke ab und staunten nicht wenig, als die Frau an Händen und Füssen mit Hufeisen beschlagen war.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1399.
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«Einige sprechen sogar von einem goldenen Ring und Rossgebeinen, andere von einem Rossfuss mit Hufeisen.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 33.
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«An einem Felsen zeigt man seine Fusspuren (Gewöhnlich ist nur von einem Hufeindruck die Rede), die er im Streite geschlagen.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 892 9.
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«Es ist aber auch noch in ganz neuer Zeit von den Sennen dieser Alp gesagt worden, dass sie im Grase der Alp Rosseisenspuren eingedrückt gesehen hatten, deren Herkunft sie nicht erklären konnten, da auf den umliegenden Alpen weit und breit keine Pferde gesömmert werden und auch keine vorbeipassieren.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1578.
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Walter Bär-Vetsch, Altdorf

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Stand der Arbeiten:
Begriffs- und Themenkatalog fertig
Nachweise in den Urner Sagen >
in Arbeit

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 1.6.2019