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Gesegnetes Brot, Agatharing
   
Aus der in Catania auf Sizilien, Ort des Martyriums der heiligen Agatha, schon früh bezeugten Sitte, an ihrem Gedenktag (5. Februar) korbweise Brot an ihr Grab zu stellen, entwickelte sich die Brotsegnung. Verschiedentlich ging der Geistliche am Vorabend des 5. Februars in die Bäckereien und weihte das Brot, das nach dem Gottesdienst verteilt wurde. Andernorts geschah die Segnung im Gottesdienst, in den die Leute selbstgebackene Brote brachten.
Agathabrote hatten oft die Form einer Brust (auf die Legende der heiligen Agatha zurückzuführen, deren Brüste abgeschnitten wurden) oder eines Rings. Die Agatha-brote oder die Agatharinge, wie überhaupt das an diesem Tag gesegnete Brot, galten als Heil- und Schutzmittel gegen Feuer, Unwetter und Krankheiten von Mensch und Tier. Weil es vor Krankheit schützte, war es für jedes Familienmitglied eine ungeschriebene Pflicht, von diesem Brot zu essen. Es wurde auch als Schutzmittel aufbewahrt, um es bei Krankheiten von Vieh und Mensch als geistliches Heilmittel einzusetzen. Im Haus als Schutzzeichen aufgehängt oder in Schwundrisse der Balken gesteckt, schützte die Fürbitte der Brote vor zeitlichem und ewigem Feuer, vor Spuk und Hexen.
Damit ihnen nichts Böses widerfuhr, gab man in die Ferne reisenden Familienangehörigen Agathabrot mit. Wer es trug, war gegen Spuk, Geister, Hexen und die Pest gefeit. Den in die Fremde ziehenden Kindern nähte die Mutter heimlich einige Brosamen als Mittel gegen Heimweh (ein inneres Feuer) in die Kleider ein. Die Meisterleute reichten um den Agathatag neueintretenden Dienstboten gesegnetes Agathabrot.
Ausser den Schweinen erhielten alle Haustiere vom Agathabrot. Selbst den Hühnern wurden Brosamen unters Futter gemischt. Das Vieh erhielt es auch vor dem ersten Austrieb. Es schützte die Tiere gegen Blitz und andere Gefahren. Frisch gekalberte Kühe erhielten Eier und Agathabrot.
Agathabrot schimmelte nicht. Ins Wasser geworfen, zeigte es die Stelle, wo ein Ertrunkener lag, weil es über ihm stillstand. Es schützte auch die Äcker vor Ungeziefer und Kornbrand.

Autor: Walter Bär-Vetsch, Volksfrömmigkeit, S.22 f. Literatur: Zihlmann Josef, S. 20-23; Kälin Detta, S. 28; Niederberger Hanspeter, Hirtler Christof, S. 107-110; Wunderlin Dominik, Mittel zum Heil, S. 8 f.

NACHWEISE

«... Da lief jener zu einem Geistlichen um Hilfe, und der kam und reichte dem Hund eine Hand voll Agathamehl und sagte barsch zu ihm: „Da friss, Büdel, und darnah mach-di fort!“ Und das Tier musste wohl oder übel davon fressen und trottete hierauf von dannen. „Gmundet heig-em äs mein-i nitt; är heig neiwä-n-äs kürjoses Gränni g'macht; aber baschta! nä heig-er's miässä, und fort syg-er düe.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 323.
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«Drei weisse Almosen sind besonders verdienstlich und kräftig, Arme Seelen zu erlösen und Erhörung zu finden; solche sind Milch, Salz, Mehl, Eier, Brot, Käse, Butter. Salz galt bei den Alten als ein besonders köstliches Almosen.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1107.
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«Der Kari dachte, es sei ein hungriger Hund und griff nach der Tasche, um dem Tiere das Brot hinzuwerfen. Im Augenblick aber wuchs der Hund zu ungeheurer Grösse an und streckte eine mächtige Lällä heraus. Jetzt liess es der Kari hübsch bleiben, ihn mit Brot zu füttern.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 482.
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«... er könne da vielleicht eine Arme Seele erlösen. „Fircht’s-der nyt, sä g’scheht-der nyt, dä gah’sch!“ sagte er sich, nahm geweihte Wachskerzen, ein Buch, Wein, Fleisch und Brot und machte sich auf den Weg.»

«... allein umb so vil wytter, das der Eine (der Überlebende) das Geschirr mit Wyn, der Andere aber (der Tote) ein Brot bringen sollte.»

«Jetzt lenkte er doch seine Schritte Färnigen zu, aber die Schnapsflasche, die musste er zurücklassen, sonst wäre er nicht vom Fleck gekommen; das Brot hingegen konnte er mitnehmen.»

Müller Josef, Märchen, Sagen, Schwänke, Legenden aus Uri, Nr. 2, 656 2 und 690.
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«Ässet Änzä, Stränzä, Bibernäll und beijets Brot, so stärbed-er nit am Byletod.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1324.
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«Solang man im Schächental noch im eigenen Haus wenigstens von Zeit zu Zeit Brot zu backen pflegte, war es Sitte, ein mit Lampenöl gefülltes „Buschiliechtli“ zum Brot in den Ofen zu stellen und drinnen für die Armen Seelen brennen zu lassen.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 994.
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«Einer hatte die Gewohnheit, das Brot mit dem Messer anzustecken. Da geschah es einst, dass es zu bluten anfing.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1391.
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«„Ysiri Müetter ... het mängisch g’seit, miër Mänschä wäret-is eigentlich ds Brot nimmä-n-är-wärt, das waxt nur nu fir Hund und Chatz.»
Müller Josef, Märchen, Sagen, Schwänke, Legenden aus Uri, Nr. 229.
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«Vor etwa zwei Jahren hat ein Geissbub erzählt, er habe in der Alp Grossgand Brot versudlet und als er nachher die Alphütte betreten, da seien Brotmöcken durch die Türe herein auf ihn losgeflogen wie z'guxäda (wie ein Schneetreiben), sodass er schleunigst die Flucht ergriffen habe.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1392.
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«Ob er Hunger habe. „Nei, dië wyss Froüw het-m'r Brot b'bracht.“»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 684.
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«... führte ein so strenges, heiliges Büsserleben, dass ihm ein Engel Gottes jeden Tag das Brot vom Himmel brachte.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1270 a.
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«In einer Hütte auf Urnerboden gab man ihr Brot, aber sie ass keines.»

« Es wurde viel aufgetragen, aber nirgends Brot.»

«Aus verwilderten Katzen gibt es alte Hexen. Wenn eine Katze Brot frisst, sagt man in Isental: „Das isch ämel kei Häx.»

«Beim Zabig lagerten sich nun letztere um den Strunk herum, steckten ihre Messer hinein und legten Brot darauf. Als man später die Hexe verbrannte, legte sie das Geständnis ab, dasselbe Mal habe sie in der grössten Lebensgefahr geschwebt; die Messer seien ihr fast ins Herz gedrungen, und wegen des Brotes habe sie sich nicht entfernen und nicht zurückverwandeln können.»

Müller Josef, Aberglaube aus Uri, Seite 158 c; Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 115 c, 242 und 1436.
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«Ein altes Meitli in Isental ... pflegte noch zu Menschengedenken stets ein wenig Brot im Sack bei sich zu tragen, das sei gut gegen alles Böse und gegen allen Zauber. – Manche behaupten, es müsse St. Agatha-Brot sein.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 815 3.
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«Ein Messer, das man beim ersten Gebrauch zum Brotschneiden benutzt hat, in einen Windwirbel geworfen, tötet die Hexe oder den Zauberer, der ihn verursacht hat.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 206 2 e.
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«Wieder andere berichten, die Bergleute hätten bei ihrer Arbeit im Innern des Berges übermütige, gottlose Reden geführt und über das liebe Brot verächtlich gespottet. Da sei der Eingang zusammengefallen. Halb zerkaute Schuhsohlen haben Zeugnis abgelegt vom Hungertode der Unglücklichen.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 379 d.
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«Als einst ein Bettler in einem Gaden übernachtete, kam ein Gespenst herein und sagte zu ihm: „Wenn d'nit äs Stickäli Brot im Sack hättisch, sä tät-di z'Huddlä-n- und z'Fätzä zerryssä.“»

«Als die beiden Burschen mit dem Brot zurückkehrten, stand das Guschi auf dem Halbenstein unter der Haustüre, schaute sie bös an, packte zwei hämpflige Steine und zerrieb sie, indem es ihnen zurief: „Wenn nitt jedä von ych äs Brot biën-em hätt, sä tät-ich zerrybä wië dië Stei!“ – „Ds Brot isch halt ä Gab Gottes,“ fügt der Erzähler hinzu, und eine Schächentalerin ergänzt: „Ds Brot isch alles gsägnets.“»

«Um es zu vertreiben, legte der Bursche das Brot, das er unter dem Arme trug, beiseite, merkte aber sofort, dass das „lätz“ wäre, und hob es rasch wieder auf. Das Gespenst, oder was es gewesen sein mag, schnerzte noch chybig: „Wenn nitt ds Brot biën-d'r hättisch, so hätt-i G'walt, dass di chennt z'Huddlä und z'Strämpä v'rzehrä,“ und verschwand.“»

« Das Weiblein aber rief dem Burschen, als er drunten lag: „Wenn d' nitt nu äs Breesmäli im Sack hättisch, hätt-i G'walt, dich z'teedä.“»

«Das Gespenst war das „Rystätunggeli“. „Wenn ds Brot nit abgleit hättisch, hätt-i kei Gwalt iber di g'ha.“»

«Als er endlich daheim davon erzählte, rieten ihm die Seinigen: „Da wett-i etz doch nu lüegä! Stell dü ds Brot ab und probiër dü einisch äsoo!“ Aber jetzt warf ihn das Gespenst beim ersten Angriff zu Boden, dass er von Sinnen kam und lange bewusstlos liegen blieb.»

«Ein altes Meitli in Isental, ds Scharoni genannt, pflegte noch zu Menschengedenken stets ein wenig Brot im Sack bei sich zu tragen, das sei gut gegen alles Böse und gegen allen Zauber. – Manche behaupten, es müsse St. Agatha-Brot sein (Maderanertal).»

«... begegnete mir ganz plötzlich ein Gespenst, das in weisse Tücher eingehüllt war und Feuer gegen mich spie. ... Als ich meine Taschen untersuchte, fand ich ein Stücklein Brot.»

«... und herrschte mich an: „Wenn d'nit ä Gab Gottes im Sack hättisch, tät-di zerrrybä wië der Stei!“ Dann verschwand es. Als ich meine Taschen untersuchte, fand ich ein Stücklein Brot.»

«Er legte deshalb das Brot rasch auf den Boden und begann den Kampf mit beiden freien Armen. Doch jetzt ist's aus mit seiner Überlegenheit. Mit einem einzigen kräftigen Griff packt ihn das Weibsbild und wirft ihn über die Mauer in die Wiese „Hof“ hinunter. Als er dort lag, rief es ihm noch zu: „Wenn nit nu ä Brosmä Brot im Sack hättisch, sä tät-di zu Staib und Äschä zärrybä!“»

Müller Josef, Sagen aus Uri, Sagen 814, 815 1 a-d, 815 2-4; 816 4, 1575.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 1.6.2019