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BEZIEHUNGEN

Bund Kantone Ausland

Einzelnes Geschäft an der Landsgemeinde

Sonntag, 1. Mai 1853
Landesgemeinde vom 1. Mai 1853
Bötzlingen an der Gand, Schattdorf, 12 Uhr
Landammann: Alexander Muheim
Landschreiber: Gisler
Geschäfte: Einführung einer Hypothekar-Ordnung / Einführung des neuen Mass- und Gewichtsystems / Bestätigung der Regierungsräte / Wahl des Landeshauptmanns / Wahl des Kantonsgerichts / Wahl der Ständeräte / Wahl eines Landesfürsprechers

Einführung des neuen Mass- und Gewichtsystems
Antrag: «Der Landrath des Kantons Uri,
In Betracht, daß laut Beschluß der h. Bundesversammlung vom 23. Christmonat 1851 das neue, schweizerische Maß- und Gewichtssystem, spätestens bis zum 31. Christmonat 1856, in allen Kantonen der Eidgenossenschaft obligatorisch eingeführt sein muß, und in den mit dem hiesigen am meisten verkehrenden Grenzkantonen bereits in's Leben getreten ist,
In Betracht, daß ein möglichst baldiger Anschluß an ein gleichförmiges Maß- und Gewichtssystem die Verkehrs-Verhältnisse wesentlich erleichtert und daher nur sehr wünschenswerth sein kann,
In Betracht der vielseitig dafür sich kundgegebenen Wünsche,
Auf den Vorschlag des Regierungsrathes, trägt bei der h. Landesgemeinde gutachtlich darauf an, daß sie beschließen möchte:

§. 1.
Alle im Kantone bisher gebräuchlichen Maße und Gewichte treten durch gegenwärtige Verordnung außer Kraft und Gültigkeit; an ihre Stelle sollen die von der schweizerischen Bundesversammlung, Kraft Art. 37 der Bundesverfassung, für die ganze Eidgenossenschaft vorgeschriebenen neuen Maße und Gewichte in Anwendung kommen.

§. 2.
Diese neuen Maße und Gewichte sind folgende:

A. Längenmaße,

Als solche werden festgesetzt:
a. Der Fuß. Er ist die Grundeinheit der neuen Maßordnung und kommt genau drei Zehntheilen des französischen Meters gleich.
Der Fuß wird eingetheilt in 10 Zoll, der Zoll in 10 Linien, die Linie in 10 Striche,
b. Der Stab, bestehend aus 4 Fuß und der halbe Stab (Elle) bestehend aus 2 Fuß.
c. Das Klafter, bestehend aus 6 Fuß.
d. Die Ruthe, bestehend aus 10 Fuß.
e. Die Wegstunde, bestehend aus 16’000 Fuß.

B. Flächenmaße,

Die Flächenmaße sind:
a. Der Quadratfuß, von 10 Zoll Länge und Breite, hält 100 Quadratzoll.
b. Das Quadratklafter, von 6 Fuß Länge und Breite, hält mithin 36 Ouadratfuß.
c. Die Quadratruthe, von 10 Fuß Länge und Breite, hält 100 Quadratfuß als Flächenmaß.
d. Die Juchart, von 40’000 Quadratfuß oder 400 Quadratruthen, als größeres Flächenmaß,
e. Die Ouadratstunde, von 16’000 Fuß Länge und Breite, oder 6400 Jucharten Inhalt, als geographisches Flächenmaß.

C. Kubische Maße,

Kubische Maße sind:
1. Wirkliche kubische Maßgrößen.
a. Der Kubikfuß, von 10 Zoll Länge, Breite und Höhe, hält 1000 Kubikzoll, zur Ausmessung von Bauholz u.s.w.
b. Das Kubikklafter, von 10 Zoll Länge, Breite und Höhe, hält 216 Kubikfuß, zur Messung des Heues, bei Bauten, Ausgrabungen, Steinbrüchen u.s.w.
c. Das Holzklafter, für Brennholz, hält 108 Kubikfuß. Der Regel nach soll die Vorderfläche 6 Fuß lang und hoch sein und die Scheiterlänge 3 Fuß betragen.

II. Hohlmaße.
1) Für trockene Gegenstände.
a. Das Maß (Viertel, Sester) ist die Einheit der Hohlmaße für trockene Gegenstände, als Früchte, Getreide u. s. w., und beträgt 15 französische Liter.
Es faßt genau 30 Pfund destillirten Wassers bei 3 ½ Theile Grad Réaumur, oder 10 Achtzehntheile des Kubikfußes.
Das Messen des Getreides geschieht durch Aufschöpfen von offenen Haufen oder Behältern, und nicht durch Ausschütten jener Früchte in die Maße.
Das Streichholz besteht in einem geraden Cylinder von 2 Zoll Durchmesser.
b. Das Immi (früher Becher) ist der zehnte Theil des Maßes (Viertel).
Für den Verkehr kann das Maß in den vierten Theil (Vierlig) eingetheilt werden.
Es sind auch Doppelmaße (Doppelviertel) zuläßig. c. Das Malter hält 10 Maße (Viertel).
Der Zuber als Kohlenmaß hält ebenfalls 10 Viertel.
Die Hohlmaße unter litt. a. und b. sollen die Gestalt eines hohlen Cylinders haben, dessen Höhe dem Durchmesser gleich ist, wenn sie als Urmaß, Mustermaß oder Probemaß gebraucht werden und dessen Höhe dem halben Durchmesser gleich kommt, wenn dieselben zu Verkehrsmaßen bestimmt sind.

2) Für Flüssigkeiten.
a. Die Maaß bildet die Grundlage aller Hohlmaße für flüssige Stoffe und faßt genau 3 Pfund destillirten Wassers bei 3 ½ Grad Réaumur, oder den achtzehnten Theil des Kubikfusses und ist gleich anderthalb französischen Litern,
b. Die Maaß wird für den Verkehr nach fortgesetzten Halbirungen in Halbmaaß, Viertelsmaaß (Schoppen), Achtelsmaaß (Halbschoppen) getheilt.
Bei Ausmessung der Milch im Detailhandel sind jedoch die Verkäufer nicht gehalten Achtelsmaaße auszugeben, c. Der Saum enthält 100 Maaß.
d. Der Eimer hat 25 Maaß oder den vierten Theil eines Saumes. Die Maaß und ihre Abtheilungen erhalten, wenn sie als Normalgefässe dienen sollen, die Gestalt eines hohlen Cylinders, dessen Höhe dem doppelten Durchmesser gleich ist.

D. Gewichte.

Die Gewichte sind:
a. Das Pfund. Es bildet die Einheit für, alle Abwägungen und ist gleich der Hälfte des französischen Kilogramms, oder- gleich dem Gewichte des vierundfünfzigsten Theiles eines Kubikfußes destillirten Wassers im Zustande der größten Dichtigkeit.
b. Die Unterabtheilungen des Pfundes. Für den täglichen Verkehr besteht das Pfund aus 32 Loth oder 16 Unzen, und wird auch nach fortgesetzten Halbirungen in Halbpfund, Viertelspfund und Achtelspfund abgetheilt.
Es kann das Pfund auch eingetheilt werden in 500 Gramme, welche den französischen Grammes gleich sind. Das Gramm wird in Zehntheile (Decigrammes), in Hunderttheile (Centigrammes) und Tausendtheile (Milligrammes) getheilt.
c. Der Zentner oder 100 Pfund.
Das Apothekergewicht kann, wo es in Uebung ist, im Gebrauche bleiben, jedoch ausschließlich zur Verschreibung ärztlicher Rezepte.
Das Apothekerpfund (3/4 tel des Civilpfundes) ist gleich 12 Unzen oder 24 Loth oder 375 Grammes. Die Unze ist abgetheilt in 8 Drachmen, die Drachme in 3 Skrupel, der Skrupel in 20 Gran.

§. 3.
Alle Maße und Gewichte, welche auf Märkten oder sonst im öffentlichen Handel und Verkehr, sei es im Großen oder Kleinen, gebraucht werden, müssen durch den Waagmeister geprüft und zum Beweise der Aechtheit mit dem Kantonswappen oder bisher üblichen Fichtzeichen, nebst dem eidgenössischen Kreuze, versehen sein.

§. 4.
Das Wappen sammt eidgenössischem Kreuze wird an der Elle, und allen übrigen Maßen von Holz, eingebrannt, und an den Hohlmaßen von Metall, sowie an Gewichten und Schnellwaagen, eingeprägt; die Hohlmaße von Glas erhalten das bisher übliche Fichtzeichen nebst eidgenössischem Kreuz.

§. 5.
Die alten Hohlmaße dürfen nach Inkrafttretung dieser Verordnung fortgebraucht werden, sofern sie nach dem neuen Maße berichtigt und auf die oben beschriebene Weise bezeichnet sind.

§. 6.
Der Waagmeister soll mit den im Kantonsarchive aufbewahrten eidgenössischen Urmaßen genau übereinstimmende Probemaße und Probegewichte besitzen, um die zum Verkehre nothwendigen Maße und Gewichte, gegen eine von deren Eigenthümer zu entrichtende Gebühr, die zu bestimmen dem Regierungsrathe vorbehalten bleibt, darnach zu reglen und zu fichten.

§. 7.
Mit dem 1. Januar 1854 soll die gegenwärtige Verordnung in allen Theilen, als allgemein verbindlich, in Vollziehung treten.

§. 8.
Das Polizeiamt wird genau wachen, daß vom 1. Januar 1854 an, auf den Märkten oder sonst im öffentlichen Handel und Verkehr, nur das eidgen. Maß und Gewicht gebraucht werde. Die löbl. Gemeinderäthe werden sich, durch je alle drei Monate vorzunehmende Untersuche, davon überzeugen und die Fehlbaren zur Bestrafung eingeben. Ungesetzliches Maß und Gewicht soll ohne Weiters konfiszirt oder unbrauchbar gemacht werden.

§. 9.
Maße- und Gewichtsangaben in allen künftig stattfindenden Verträgen und Käufen, um was immer, sind nur nach eidgenössischem Maß- und Gewichtssysteme auszudrücken. Bei solchen Verträgen, in welchen dieses Maß und Gewicht gar nicht oder nicht deutlich bezeichnet wurde, ist anzunehmen, es sei das gesetzliche verstanden. Bei Verträgen aber, in denen aus besondern Gründen ein anderes Maß oder Gewicht festgesetzt worden ist, soll die Umwandlung in gesetzliches Maß und Gewicht ausdrücklich beigefügt werden.

§. 10.
Zu leichterer Berechnung des Verhältnisses- zwischen dem neuen Maß und Gewichte und dem alten, werden amtlich geprüfte Vergleichungstabellen bei Vollziehung der gegenwärtigen Verordnung ausgegeben werden.

§. 11.
Wer im Verkehre ungefichtetes oder unbezeichnetes Maß oder Gewicht gebraucht, verwirkt eine Geldbuße von Fr. 2-20, sofern der Fall nicht als wissentlicher Betrug zu höherer Ahndung sich eignet.
Auf den Gebrauch unrichtig gesichteter oder bezeichneter Maße und Gewichte wird, sofern die Uebertretung nicht ein schwer zu bestrafendes Vergehen enthält, obige Strafe verdoppelt.
Rückfall ist als wesentlicher Erschwerungsgrund anzusehen und zu behandeln.
Würde sich erweisen, daß die Unrichtigkeit einzig der Schuld des Eichtmeisters beizumessen ist, so ist nur der Letztere strafbar.
Ueberdieß sollen die diesem Gesetze widersprechenden fehlerhaften Maße und Gewichte, wo solche angetroffen werden, auf Kosten des Eigenthümers berichtigt, oder wenn dieß nicht geschehen kann, je nach Umständen zernichtet werden.
Das nämliche Verfahren und die Bestrafung findet auch in Bezug fehlerhafter Waagen statt.

§. 12.
Das Verfahren in Uebertretungsfällen ist durch das Bundesgesetz vom 30. Juni 1849, betreffend Uebertretung fiskalischer oder polizeilicher Bundesgesetze, bestimmt.

§. 13.
Von allen erhobenen Geldbußen kommt 1/3 tel dem Anzeiger und 2/3 tel der Staatskasse zu.

§. 14.
Gegenwärtige Verordnung soll gedruckt, in's Amtsblatt aufgenommen und üblichermaßen publizirt werden.»

  
Ergebnis: Der Vorschlag des Landrates für Einführung des neuen Mass- und Gewichtsystems mit dem künftigen Neujahr (1. Januar 1854) wird, da diese Einführung erst auf 1. Januar 1857 obligatorisch geschehen muss, nicht eingetreten, sondern vorbehalten, auf den Gegenstand zurückzukommen, wenn die Einführung wirklich erfolgen muss.

   
Quelle: Abl UR, 1853, Nr. 15, 14.04.1853, Beilage nach S. 079/1-6 (Beratunsgegenstände); Abl UR 1853, Nr. 18, 04.05.1853, S. 93 (Verhandlungen).

 
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 02.02.2022