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Gesetzes- und Verfassungsbestimmungen

LB UR (1853) Bd V S. 158-172.
Reglement für die Justizbehörden oder sämmtliche Gerichte des Kantons Uri
Mittwoch, 13. August 1851
   
«l. Theil. Gerichtsbehörden und Instanzen.

§. 1. Gerichte.
Die Gerichte des Kantons Uri sind:

I. Für die Zivilprozesse (Rechtshändel):
a. die Ammanngerichte,
b. die Bezirksgerichte,
c. das Kantonsgericht.

II. Für Straffälle:
a. die Ammanngerichte,
b. die Bezirksgerichte,
c. das Kriminalgericht,
d. das Kantonsgericht.

III. Für die Aufsicht über die Rechtspflege:
a. die Justizkommission,
b. das Kantonsgericht,
c. der Landrath.

Ausserdem üben noch die Wuhr- und Dorfgerichte ihre verfassungsmässigen richterlichen Befugnisse wie bisher.

§. 2. Zusammensetzung und Befugnisse.
Die Zusammensetzung und Befugnisse der Gerichte sind durch die Verfassung bestimmt.

§. 3. Gegenstand gerichtlicher Verhandlungen.
Gegenstand gerichtlicher Verhandlungen vor obstehenden einschlägigen Gerichten können alle Streit- und Straffälle werden, sofern solche nicht durch Verträge oder Statuten einem Schiedsgerichte oder anderer Behörde vorbehalten, oder administrativer Natur sind, und darum nach Gesetz und Uebung den Verwaltungsbehörden zufallen.

§. 4. Instanzenzug. Ueberspringen unterer Instanzen.
Keine untere kompetente gerichtliche Instanz kann übergangen werden. Jedoch können im Einverständnisse beider Partheien alle appellablen Zivilstreitsälle mit Umgehung der Bezirksgerichte unmitttelbar vor das Kantonsgericht gelangen.

§. 5. Fälle der Appellation.
Die Fälle der Appellation von den Bezirksgerichten bestimmt die Verfassung.
Vom Kriminalgerichte können an das Kantonsgericht appellirt werden: alle politischen, sowie jene Kriminalfälle, welche irgend eine Züchtigung durch Scharfrichterhand, eine Zuchthausstrafe, oder Einstellung im Aktivbürgerrechte über 5 Jahre, nach sich ziehen, und zwar von Seite des Beklagten, wenn diese Strafe vom Gerichte ausgesprochen, und von Seite des Staatsanwaltes, wenn, aus einschlägige Gesetze gegründet, der Antrag des Staatsanwaltes dieses Strafmass erreicht hat.

II Theil. Von den Versammlungstagen der Gerichte.

§. 6. Ordentliche Gerichtssitzungen.
Die ordentlichen Versammlungen oder Sitzungen sind für die Gerichte, sofern Geschäfte anhängig sind, festgesetzt wie folgt:
a. Das Ammanngericht des Bezirks Uri tritt je am ersten Freitag eines jeden Monats zusammen.
b. Das Ammanngericht des Bezirks Ursern je am ersten Freitag jeden zweiten Monats.
c. Das Bezirksgericht von Uri versammelt sich allmonatlich zweimal und zwar je am 1. und 3. Montag und hat seine Sitzungen, sofern anhängige Streit- und Straffälle solches erfordern, bis wenigstens auf zwei Tage fortzusetzen.
d. Das Bezirksgericht von Ursern versammelt sich alle zwei Monate einmal und zwar jeden zweiten Mittwoch jeden ungeraden Monats (Januar, März u. s. w.).
e. Das Kriminalgericht versammelt sich, so oft vorkommende Geschäfte es erfordern, so viel möglich einige Zeit vor der ordentlichen Versammlung des Kantonsgerichtes.
f. Das Kantonsgericht versammelt sich sechsmal des Jahres, nämlich je den zweiten Mittwoch der geraden Monate (Februar, April u. s. w.) und fährt mit seinen Sitzungen fort, bis seine Geschäfte erledigt sind.

§. 7. Verlegung der ordentlichen Sitzungstage.
Wenn auf einen ordentlichen Versammlungstag dieser Gerichte ein Feiertag eintritt, so findet der Zusammentritt in der Regel am nächst darauf folgenden Werktage statt.
Bei Abweichungen hievon oder wenn ein anderes wichtiges Hinderniss die Versetzung einer ordentlichen Gerichtsversammlung auf einen andern Tag veranlasst, hat der Präsident dafür zu sorgen, dass diese jedesmal frühzeitig genug durch's Amtsblatt bekannt gemacht werde.

§. 8. Ausserordentliche Gerichtssitzungen.
Die Gerichte versammeln sich ausserordentlich, so oft ihr Präsident sie dringlicher Fälle wegen unter Anzeige der Verhandlungsgegenstände einberuft, oder die Justizkommission die Einberufung beschliesst.

§. 9. Gerichts-Ferien,
Acht Tage vor und acht Tage nach Ostern und Weihnachten, sowie an Sonn- und Feiertagen, sollen keine gerichtliche Verhandlungen im Kantone stattfinden.

§. 10. Der Sitzungen Anfang.
Die Gerichtssitzungen werden vom 1. November bis zum 1. März um 9 Uhr Morgens, in den übrigen Monaten um 8 Uhr Morgens eröffnet.

III. Theil. Von der Geschäftsordnung der Gerichte.

§. 11. Zur Gültigkeit eines Beschlusses nöthige Stimmenzahl.
Für die Gültigkeit einer Gerichtsverhandlung ist die Anwesenheit von wenigstens 2/3tel (beim Kantonsgerichte von 9) der Mitglieder, und für die Gültigkeit eines Entscheides hinwieder die Mehrheit der Anwesenden erforderlich. Der Präsident ist verpflichtet, für den Fall eines angezeigten Ausstandes oder sonstiger Abwesenheit von Mitgliedern, die Ersatzmänner einer von ihm zu bestimmenden und dem Gerichte zur Kenntniss zu gebenden Reihenfolge nach einzuberufen.

§. 12. Ausstand.
Den Ausstand der Richter bestimmt das Gesetz.
Die Richter, Partheien oder Angeklagten etc. haben bis spätestens am zweiten Tage vor der Gerichtssitzung ihnen bekannte Ausstandsfälle dem Präsidenten, behufs der Einberufung allfälliger Ersatzmänner, zur Kenntniss zu geben.

§. 13. Verhandlungen, a. Eröffnung mit Gebet.
Jede Gerichtssitzung soll mit Anrufung des hl. Geistes, durch Abbetung von fünf Vaterunser eröffnet werden.

§. 14. Verhandlungen, b. Reihenfolge.
Für die Reihenfolge in Behandlung der Geschäfte gilt folgende Ordnung:

a. Im Kantonsgerichte:
1) Die appellirten Kriminalstraffälle und dann andere appellable Straffälle;
2) Erläuterungs-, Revisions- und Rekursbegehren;
3) Berufungsfälle (eigentliche Appellationshändel) nach der Reihenfolge der eingelegten Berufungen (Appellationen).

b. Im Kriminalgerichte:
1) Die Kriminalprozesse nach der Reihenfolge der Daten der Aktenüberweisung an's Kriminalgericht,
e. In den Bezirksgerichten:
1) Die Straffälle;
2) Die Schuldentriebsgegenstände;
3) Die Paternitätsklagen;
4) Verbote, Verschollenheitserklärungen und ähnliche einseitige Vorträge;
5) Die Zivilprozesse oder gewöhnlichen Streithändel nach der Reihenfolge der Daten der Zitationen, wie solche in der Liste eingeschrieben sind.

d. In den Ammanngerichten:
Die gleiche Geschäftsfolge wie in den Bezirksgerichten. Eine Ausnahme von dieser Reihenfolge findet bei Fällen statt, wo Schaden oder Gefahr im Verzuge ist, die vorab in Behandlung zu nehmen sind. Uebrigens steht es dem Präsidenten zu, in Vornahme der Gegenstände auch auf Entfernung der Partheien, sich ergebende Ausstände und Einberufung von Ersatzmännern Rücksicht zu nehmen, um unnöthige Gänge und Zeitversäumniss von Gerichtsgliedern zu sparen.

§. 15. Verhandlungen, c. Mündlichkeit der Verhandlungen.
Die Verhandlungen vor den Gerichten sind mündlich. Sie dürfen jedoch weder durch Weitschweifigkeiten, Wiederholungen oder fremdartige Beimischungen der Partheien oder ihrer Fürsprechen verlängert, noch durch persönliche Anzüglichkeiten oder Beleidigungen der Gegenparthei oder der Richter verbittert werden.

d. Ordnungsbussen.
Der Präsident hat hierüber zu wachen und wenn seine Zurechtweisungen nicht beachtet werden, so hat das Gericht eine Ordnungsbusse von Fr. 6 bis 24 n. W. dem Fehlbaren aufzulegen. Diese Busse kann das Gericht von sich aus, ohne vorhergegangene Mahnung des Präsidenten, aussprechen.

§. 16. e. Oeffentlichkeit.
Die Verhandlungen der Gerichte sind nach Massgabe des Gesetzes öffentlich.

§. 17. f. Abstimmung.
Bei allen Abstimmungen entscheidet das absolute Mehr der Anwesenden. Jedes Mitglied des Gerichtes ist schuldig, an allen in einer Rechtssache vorkommenden Abstimmungen Antheil zu nehmen, aber auch berechtigt, bei jeder Meinung, welcher es nicht zustimmen kann, seine Gegenmeinung in Abstimmung setzen zu lassen. Bei der endlichen Abstimmung der allein noch sich ausschliessenden zwei Hauptmeinungen ist es gehalten, sich für eine derselben zu entscheiden.
Der Präsident hat das gleiche Stimmrecht wie alle andern Richter. Bei der Abstimmung setzt er die Anträge in folgender Reihenfolge ins Mehr:
1) Verschiebende Anträge, Ordnungsmotionen;
2) Die Hauptanträge (analog nach §. 49 des Landrathsreglements);
3) Anträge über den Kostenpunkt.
Anträge auf Ordnungsbussen fallen abgesondert in Berathung.

§. 18. Verrichtungen des Präsidenten. a. Im Allgemeinen.
Die Präsidenten sind verantwortlich, dass die Gerichte ihre ordentlichen Versammlungen einhalten und deren Verlegungen oder ausserordentliche Versammlungen gehörig und rechtzeitig bekannt gemacht werden, wobei ihnen die Gerichtsschreiber und Weibel zu Gebote stehen und für richtigen Vollzug erhaltener Aufträge haften. Sie leiten die Verhandlungen, beeidigen die Zeugen und hören sie ab, halten die Umfrage bei zwei oder, je nach Wichtigkeit der Sache, bei mehrern Mitgliedern der Rangordnung nach, fassen die Gründe und Meinungen zusammen und nehmen die Abscheidung vor; sie handhaben das Reglement und die Ruhe und Ordnung im Gerichtssaale, und sind berechtigt, zu diesem Zwecke die Zuhörer zu entfernen oder die Gerichtssitzung aufzuheben.

§. 19. Im Besondern. 1. Für Bestellung der Suppleanten und deren Einberufung.
Der Präsident hat auch zum Zwecke der stets möglichsten, wenigstens reglementarischen Vollzähligkeit des Gerichtes, für rechtzeitige Einberufung der nöthigen Suppleanten zu sorgen.

2. Besoldung der Suppleanten.
Er wird daher bei ihm bekannten Ausstands- oder Abwesenheitsfällen die nöthige Anzahl Suppleanten einberufen, die das Taggeld wie die Richter erhalten.

3. Kontrolle.
Er führt die Kontrolle für Einberufung der Suppleanten nach der vom Gerichte festgesetzten Kehrordnung.

4. Abweichung von der Tour.
Bei ausserordentlichen oder unvorhergesehenen Fällen ist das Gericht oder der Präsident berechtigt, abgesehen von der Kehrordnung, zunächst befindliche Suppleanten einzuberufen, welche dem Rufe zu folgen schuldig sind. Wo aber immer der Fall nöthig werdender Ergänzung kann vorausgesehen werden, sollen die Suppleanten der Kehrordnung nach zuvor bestellt werden.

§. 20. 5. Busse.
Der Richter und Ersatzmann, welcher ohne entschuldigende Ursache von einer ihm angezeigten Sitzung ausbleibt, verfällt in eine von der betreffenden Gerichtsstelle auszusprechende Geldbusse bis auf Fr. 10 n. W.

§. 21. 6. Führung einer Geschäftskontrolle.
Der Präsident hat auch ein genaues Verzeichniss über die vorgetretenen Partheien zu führen, mit Angabe deren Namen, ihrer Rechtsbegehren (im Kantonsgerichte auch des Tages des ertheilten Accesses oder der eingelegten Appellation) und dem Datum der Erledigung.

§. 22. Ersatz des Präsidenten.
Im Verhinderungsfalle des Präsidenten tritt der Vizepräsident und wenn auch der verhindert wäre, der im Range erstfolgende Richter an dessen Platz und in seine Pflichten und Rechte ein.

§. 23. Die Gerichtsschreiber, a. Ihre Ernennung.
Die Gerichtsschreiber bezeichnet der Regierungsrath aus der Zahl der Land- oder Bezirksschreiber.

b. Gehalt.
Die Gerichtsschreiber erhalten das Taggeld wie die Richter.

c. Ersatz.
In Verhinderungsfällen wird auf zeitige Anzeige des Verhinderten der Präsident einen Suppleanten aus der Zahl der andern Landschreiber oder Bezirksschreiber, oder wenn auch diese verhindert wären, aus der Zahl der Richter bezeichnen.

§. 24. Verrichtungen der Gerichtsschreiber, a. Protokoll.
Der Gerichtsschreiber hat ein genaues Protokoll über sämmtliche Gerichtsverhandlungen (incl. Gutachten und Augenscheinsbefunde) aufzunehmen und zu führen. Als Beilage zum Hauptprotokolle führt er ein eigenes Heft oder Protokoll über die Zeugenverhöre, worin alle, sowohl die vor dem Gerichte selbst, als die, mit Erlaubniss des Präsidenten auch allfällig ausser den Gerichtssitzungen aufgenommenen Verhöre eingetragen werden,
c. Urtheile und deren Motivirung.
Er entwirft die Urtheilssprüche, welche mit einer einfachen Darstellung der Thatsachen einzuleiten sind, worauf die Rechtsfragen, die auf Gesetze, wohlhergebrachte Hebungen, Urkunden, Zeugnisse, Geständnisse, Augenscheine, Gutachten Sachkundiger und auf früher gleichartige Gerichtssprüche gegründeten Erwägungen und endlich in klaren und bestimmten Ausdrücken der eigentliche Gerichtsspruch folgen sollen.

d. Spruch und e. dessen Eröffnung.
Wenn ein so abgefasstes Urtheil die Genehmigung des Gerichtes erhalten hat, so liest er selbes den Partheien oder den Angeklagten vor.

§. 25. f. Nota ans Seckelamt.
Die Gerichtsschreiber haben auch dem Seckelmeister von jeder Sitzung eine Note einzugeben, welche Nominative die Taggehalte der Richter, sowie die dem Seckelamte dafür fliessenden Sporteln und Gerichtsgelder, Ordnungs- und andere Geldbussen enthält.

§. 26. Gerichtsweibel, d. Ihre Ernennung.
Aus der Zahl der Weibel bezeichnet der Regierungsrath je zwei zur Bedienung des Kantonsgerichtes und des Bezirksgerichtes, drei zur Bedienung des Kriminalgerichtes (wovon einer zur Bewachung der Deliquenten) und je einen für das Bezirksgericht von Ursern und die Ammanngerichte, welche immer zur Verfügung des Gerichtes anwesend sein sollen.

b. Gehalt.
Sie erhalten die Hälfte des Taggeldes der Richter.

c. Ersatz.
In Verhinderungsfällen haben sie dem betreffenden Präsidenten rechtzeitig einen Stellvertreter vorzuschlagen.

§. 27. d. Ihre Verrichtungen.
Die Gerichtsweibel begleiten den Präsidenten zu und von der Sitzung, führen die betreffenden Partheien und Zeugen dem Gerichte vor und entfernen sie; zählen bei der Abstimmung die Stimmen laut ab und eröffnen das Ergebniss dem Präsidenten; sie besorgen die Einforderung und sofortige Erlegung der Gerichtsgelder, Taxen, Sporteln, Ordnungsbussen und deren Abgabe zu Händen des Seckelamtes, sie sorgen für Handhabung von Ruhe und Ordnung ausser dem Gerichtssaale, mit Verzeigung der Fehlbaren zur Ahndung, und stehen hierin, sowie in jeder Hinsicht, den Weisungen und Befehlen des Präsidenten oder des Gerichtes zu Gebote.
In Kriminalfällen besorgen sie die Vorführung, Bewachung und Abführung der Beklagten, die sofortige Ueberbringung des Urtheils an die Polizeidirektion, behufs dessen Vollziehung und die ihnen zukommende Mitwirkung bei letzterer.
Bei Gerichten, denen mehrere Weibel zugetheilt sind, soll, sobald die Partheien oder Angeklagten abtreten und die Verhandlungen der Gerichte beginnen, sowie auch bei geheimen Verhandlungen immer einer vor dem Gerichtssaale sich befinden, um die Partheien draussen zu überwachen und die Horcher zu entfernen.

§. 28. Form der Berathung, Abscheiden, Stichentscheid, Anzug und Bussen für Verspätungen.
Im Allgemeinen gelten übrigens auch hier für sämmtliche Gerichtsbehörden, in Bezug auf Form der Berathung, Abscheidung, Stichentscheid, Wahlen, Kleidung und Busse für Verspätungen (wobei jedoch statt der Appell die Eröffnung der gerichtlichen Verhandlungen als Termin gilt) die entsprechenden Bestimmungen des Landraths-Reglements §. 11, 34, 43, 44, 45, 48, 49, 51, 52 und 54.

§. 29. Taggehalt und Stundengeld.
Für Taggehalt und Stundengeld wird für jeden Richter und Suppleanten aus dem Kantonsseckel die gleiche Entschädigung verabreicht, wie für die Mitglieder des Landrathes.
Auf Augenscheinen und bei Ausschüssen beziehen sie von den Partheien ein Taggeld von 3 Fr. n. W. für einen ganzen und die Hälfte für einen halben Tag, wozu noch für weitere Entfernungen das Stundengeld vom Orte der Gerichtsversammlung und nach dem für die Landräthe festgesetzten Tarife berechnet, in Anschlag kömmt.
Die Kantonsfürsprechen erhalten, insofern sie Vorträge halten, die Hälfte des Taggeldes der Richter.

Gehalt des Präsidenten.
Der Präsident des Kantonsgerichtes und derjenige des Bezirksgerichtes von Uri erhalten nebenbei für ihre Extra-Bemühungen eine jährliche Zulage von Fr. 60 n. W., der Bezirksgerichtspräsident von Ursern eine solche von Fr. 10 n. W.

IV. Theil. Aufsicht über die Rechtspflege.

§. 30. -Oberaufsicht des Kantonsgerichtes. a. Im Allgemeinen über die ganze Rechtspflege.
Alle richterlichen Behörden und Beamteten stehen unter der Oberaufsicht des Kantonsgerichtes und sind demselben verantwortlich, sowie hinwieder das Kantonsgericht für geregelten Gang der Rechtspflege dem Landrathe verantwortlich ist.

§. 31. -b. Im Besondern 1. Ueber die untern Gerichtsstellen.
Die Oberaufsicht über die untern Gerichtsstellen übt das Kantonsgericht durch Behandlung aller an dasselbe reglementsgemäss gelangenden Rechtsbeschwerden und Klagen über Rechtsverweigerungen, Rechtsverzögerungen, Verstösse und Beschlüsse gegen das Reglement und die Prozessordnung, es mögen dieselben von ganzen Gerichten oder deren Präsidien ausgehen; ferner durch die Einforderung der Berichte oder spezielle Untersuchsanordnungen, wie es solche nöthig findet.

2. Ueber das Verhöramt.
Die Oberaufsicht über das Verhöramt bezieht sich auf die Einsichtnahme, dass dasselbe seine Vorschriften und Instruktionen beachte und sie namentlich in Behandlung der Gefangenen und Anwendung der Territiones nicht überschreite, und ihm überwiesene Spezialuntersuchungen möglichst fördere.

3. Ueber den Staatsanwalt.
Die Oberaufsicht über den Staatsanwalt bezieht sich auf dessen genaue Führung der Liste über Klag- und Straffälle und deren jährliche Eingabe laut Vorschrift, und auf Beachtung der vorgeschriebenen Normen in seinen Anklageakten und den Vorträgen innert den Schranken des Gerichtes.
(In Bezug ihrer anderwärtigen Verrichtungen stehen die beiden letztern Beamten unter den Weisungen und Befehlen der Regierungsgewalt.)

§. 32. Anbringen der Klagen gegen richterliche Stellen.
Wenn eine richterliche Behörde oder ein gerichtlicher Beamteter sich einen Missbrauch amtlicher Gewalt, eine Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung oder andere Informalität zu Schulden kommen lässt, so kann dagegen Klage bei dem Präsidenten des Kantonsgerichtes erhoben werden,

§. 33. Daherige Obliegenheiten des Kantonsgerichtspräsidenten.
Der Präsident wird in minder wichtigen Fällen die Klage der Justizkommission; in allen andern Fällen aber dem Kantonsgerichte vorlegen.
Ebendasselbe wird er beobachten bei richterlichen Kompetenzstreitigkeiten oder in Fällen, wo ausserordentliche Ergänzung der Gerichte nöthig wird.

§. 34. Berichterstattung und Rechenschaft.
Das Kantonsgericht erstattet dem Landrathe über die gesammte Rechtspflege Bericht und lässt sich daher von allen untern Gerichtsstellen alljährlich oder von Einzelnen, so oft es dasselbe für nöthig erachtet, Bericht und Rechenschaft erstatten.
Aus diesem — mit Hinzufügung des Berichtes über seine eigenen Verrichtungen — lässt es durch die Justizkommission seinen Rechenschaftsbericht über die Rechtspflege verfassen.

§. 35. Weisungen und Befehle an untere Gerichtsstellen, deren Verbindlichkeit für letztere.
Das Kantonsgericht ertheilt innert den Schranken der Gerichts- und Prozessordnung den untern Behörden und Beamten über die Anwendung derselben die nöthigen Weisungen und Befehle, denen sie nachzukommen verpflichtet sind, bei Strafe als Widersetzlichkeit und Verantwortlichkeit für alle Folgen. Hinsichtlich der Rechtssprüche aber, d. h. was materiell Rechtens sei in einzelnen Fällen, haben sie vom Kantonsgericht weder Belehrung zu verlangen noch anzunehmen.

§. 36. Zurechtweisung beklagter Gerichtsstellen.
Das Kantonsgericht kann nach Einvernahme der beklagten Behörde oder des beklagten Beamten entweder sofort Abhülfe schaffen und die Nachlässigen oder Pflichtvergessenen zur Ordnung weisen und mit Ordnungsbussen belegen oder, wo ein förmliches Verbrechen vorliegt, die Ueberweisung an das Kriminalgericht verfügen.
In letzterm Falle werden die Beklagten in ihren amtlichen Verrichtungen eingestellt und vom Landrathe für deren nöthige Stellvertretung gesorgt.

§. 37. Verantwortlichkeit des Kantonsgerichtes gegenüber dem Landrathe.
Klagen gegen das Kantonsgericht werden nach den Bestimmungen des Gesetzes über Verantwortlichkeit der Beamten an den Landrath gebracht und von ihm behandelt.

§. 38. Justizkommission. Ihre Verrichtungen und Kompetenzen in zivilrechtlichen Dingen.
Die Justizkommisston hat die laufenden und minder wichtigen Ueberwachungs- und Klagegeschäfte des Kantonsgerichtes zu besorgen, wobei sie nach Einvernahme der beklagten Stelle eine Zurechtweisung ertheilen, eine Ordnungsbusse bis auf 20 Fr. n. W. verhängen und den Missbrauch der Gewalt in die Schranken weisen kann.
Sie entscheidet auch über minder wichtige Kompetenzanstände, über beanstandete Begehren um sofortige ausserordentliche Gerichtsversammlungen oder Ergänzungen, sowie über Zulässigkeit von, von den Bezirksammännern oder andern Amtsstellen abgewiesenen Klagen.

§. 39. In strafrechtlichen und Untersuchungssachen.
Allfällig eingehende Klagen über Behandlung von Inquisiten hat sie gemäss dem ihr zustehenden Oberaufsichtsrechte zu untersuchen, und, wenn sie dieselben begründet findet, nach Anhörung der Polizeikommission, Abhülfe zu verschaffen.

§. 40.
Ihr liegt die Prüfung der Akten vor Erlass einer Ediktalzitation gegen einen Landesflüchtigen und hierauf der Erlass derselben je nach Befund jener ob. Ihr steht auch der Entscheid zu, wenn es sich im Verlaufe einer Spezialuntersuchung um Oeffnung bestrittener, mit Beschlag oder unter Siegel gelegter Schriften, oder um Eröffnung von Briefen, von der Mitschuld Verdächtigen handelt, welche sie bewilligen wird, wenn der Verdacht dringend ist.

§. 41. Unterordnung und Verantwortlichkeit gegenüber dem Kantonsgerichte.
Ueberhaupt ist endlich die Justizkommission dem Kantonsgerichte für alle ihm zweckmässig erscheinenden Aufträge und Begutachtungen disponibel, sowie demselben für alle ihre Handlungen und Verrichtungen untergeben und verantwortlich.

Versammlung und Geschäftsordnung.
Sie versammelt sich so oft der Präsident sie beruft und wird in Bezug auf Geschäftsordnung und Besoldung gehalten wie die Verwaltungskommissionen.»

Gesetz betreffend Reorganisation des Gerichtswesens (Abl UR 1879 nach S. 238 (01-04))

    
Landraths-Erkenntnis vom 13.08.1851.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 26.8.2018