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Kutsche und Fuhrwerk

Die Bewunderung wandelt sich zum Ärgernis


Wer im Jahre 1904 mit dem Automobil den Gotthardpass überqueren wollte, hatte auf der Urner Seite ein Pferd oder Maultier vorzuspannen (Telegramm vom Präsidenten des Automobil-Clubs Italien an die Polizeidirektion Uri vom 11. Juni 1904; StA UR R-720-16/101).

Nach dem Erscheinen des ersten, von der Bevölkerung bestaunten, selbstfahrenden Dampfwagens dauerte es nicht lange, bis sich die ersten benzinbetriebenen Automobile in den Gebirgskanton wagten. In Uri gab es zwar einige Strassen, auf denen sich das Automobil hätte fortbewegen können, der Kanton war aber auf dieses neue Verkehrsmittel überhaupt noch nicht eingerichtet - nebst den gesetzlichen Bestimmungen fehlten vor allem die für den Automobilverkehr notwendigen wirtschaftlichen Strukturen wie Tankstellen, Reparaturwerkstätten und so weiter. Zudem mangelte es den ersten Automobilen an technischen Einrichtungen, um die Gebirgspässe erfolgreich bezwingen zu können. Die ersten Automobilisten riefen bei der Urner Bevölkerung noch einige Bewunderung hervor, da sie es wagten, mit ihren Vehikeln den Berg mit seinen bekannten Gefahren zu überqueren.
Die Erscheinung Automobil war für die hiesige Bevölkerung in den Anfängen somit noch schwer in Begriffe zu fassen. Je nach Standpunkt in der Automobilfrage reichte die Terminologie für das Automobil von "Töff-Töff" und "Benzinschnauferl" bis zur "Stinkdroschke" und "Hastkutsche"; vielfach behalf man sich mit Ausdrücken aus dem Fuhrwesen: "Am Montag wurde hier von der Polizei ein Automobil angehalten, welches die Ortschaften in rasendem Galopp durchmessen hatte ..." Die Automobile sollten aber bald zahlreicher im Urnerland erscheinen. Das neue Verkehrsmittel verlor schnell den Reiz der Attraktion, die Bewunderung schwand, und das Automobil wurde für grosse Teile der Bevölkerung immer mehr zum Ärgernis.

1901 kam es in den Schöllenen beinahe zu einem schweren Unglück, bei welchem die Pferde eines fünfspännigen Omnibusses - durch ein Automobil erschreckt - scheuten. Das Verhöramt Uri warf in seinem Unfallbericht an den Regierungsrat die Frage auf, ob es nicht angezeigt wäre, den Verkehr mit Motorwagen im Kanton Uri zu verbieten. Von einem generellen Verbot sah der Regierungsrat jedoch ab, da man das Automobil als „das Vehikel der Zukunft“ ansah. Da jedoch die Alpenstrassen mit ihren engen und steilen Kurven "eine nicht zu unterschätzende Gefahr" darstellten, und "die ungewohnte Gestalt des Vehikels und besonders dessen eigentümliches Geräusch ein auf Alpenstrassen besonders verhängnisvolles Scheuwerden der Fuhr- und Reitpferde sehr befürchten" liessen, beantragte der Regierungsrat dem Landrat, ein Automobilverbot auf den Alpenstrassen zu erlassen. Der Landrat stimmte der Vorlage zu. Durch dieses Verbot wurde der Kanton für das Automobil zur Sackgasse. Das Verbot trat sofort in Kraft, enthielt jedoch keine weiteren Verkehrsvorschriften, sondern erklärte nochmals ausdrücklich die kantonale Fahrradverordnung für anwendbar. Mit dem Verbot wurde erreicht, dass sich Bevölkerung und Regierung diese Art von Durchgangsverkehr noch einige Jahre vom Leibe halten konnten. Dadurch stand noch wertvolle Zeit zur Verfügung für die gesetzliche und wirtschaftliche Anpassung an das neue Verkehrsmittel.

Wer die Kantonsgrenzen in den Bergen mit dem Automobil überqueren wollte, hatte seiner "Benzindroschke" ein Pferd vorzuspannen. Diese "Demütigung" des selbstfahrenden Automobils und seine Erniedrigung zum Pferdefuhrwerk war eine auch in anderen Kantonen praktizierte Lösung. An ihr haftete jedoch der Mangel der Inkonsequenz eines jeden Kompromisses. Einerseits war es dem Automobilisten so trotzdem möglich, den Kanton zu passieren - was beim Gotthardpass als internationalem Durchgang von Nord nach Süd doch von einiger Bedeutung war - andererseits wurde die sicherheitspolitische Begründung des Verbotes zumindest in Frage gezogen, vor allem wenn das "Pferdefuhrwerk" auf seiner Fahrt den Motor laufen liess und der Automobilist, mit Pferden umzugehen, nicht gewohnt war. Durch das Automobilverbot auf den Passstrassen wurde - trotz der anscheinend extensiven Auslegung - jedoch erreicht, dass der Automobilverkehr im Bergkanton vorerst noch recht spärlich blieb. Dies war die Hauptsache, auch wenn die Begründung damals nicht alle Zeitgenossen überzeugen konnte.

Literatur: Gisler-Jauch Rolf, Uri und des Teufels späte Rache - Das Automobil in Uri, S. 21 ff.; GP, No. 29, 2. Juli 1895; GP, No. 32, Erstes Blatt, 10. August 1901; GP, No. 37, Erstes Blatt, 14. September 1901.

EREIGNISSE ZUM THEMA

1901  / Samstag, 24. August 1901
Land- und Regierungsrat erwägen Automobilverbot
Nachdem es Mitte August in den Schöllenen beinahe zu einem schweren Unfall mit einem Automobil gekommen ist, wirft das Verhöramt Uri in seinem Unfallbericht an den Regierungsrat die Frage auf, "ob es nicht angezeigt wäre, den Verkehr mit Motorwagen im Kanton Uri zu verbieten." Von einem generellen Verbot sieht der Regierungsrat zwar ab, beantragte der Regierungsrat dem Landrat, ein Automobilverbot auf den Alpenstrassen zu erlassen.
Quellen / Literatur: Vorlage des Regierungsrates an den Landrat von Uri betreffend Einschränkung des Automobilverkehrs vom 24. August 1901 (StA UR R-720-11/28).
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1901  / Samstag, 31. August 1901
Regierungsrat schlägt Automobilfahrverbot über die Alpen vor
Der Regierungsrat schlägt dem Landrat vor, der Verkehr mit Motor- und Automobilwagen auf den Bergstrassen, von Göschenen und Unterschächen aufwärts zu verbieten. Auch im Oberland hat sich unter den Hoteliers und Pferdehaltern eine Bewegung geltend gemacht, welche das nämliche Ziel anstrebt.
Quellen / Literatur: UW 31.8.1901.
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1901  / Donnerstag, 14. November 1901
Der Kanton Uri wird für das Automobil zur Sackgasse
Der Urner Landrat stimmt einer Vorlage des Regierungsrates betreffend das Verbot des Verkehrs mit Automobil- und Motorwagen auf den Alpenstrassen zu. Durch dieses Verbot ist der Verkehr mit Automobil- und Motorwagen auf der Gotthardstrasse von Göschenen aufwärts bis zur Kantonsgrenze, auf der Furka- und Oberalpstrasse, ferner auf der Klausenstrasse von Unterschächen bis Urnerboden (Spittelrütti) gänzlich verboten. Der Kanton wurde für das Automobil zur Sackgasse. Übertretungen des Verbotes wurden im Sinne der Fahrradverordnung mit einer Busse von 5 bis 100 Franken bestraft. Das Verbot trat sofort in Kraft, enthielt jedoch keine weiteren Verkehrsvorschriften, sondern erklärte nochmals ausdrücklich die kantonale Fahrradverordnung für anwendbar.
Quellen / Literatur: StA UR LL 21/64; LB UR, Band 6, S. 44 f.; Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil - des Teufels späte Rache, S. 25.
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1904  / Samstag, 21. Mai 1904
Der Italienische Automobil-Club hat über den Gotthardpass seinen Automobilen Pferde vorzuspannen
Der Italienische Automobil-Club ersucht um die Erlaubnis, mit Automobilen über den Gotthard zu fahren. Der Regierungsrat teilt mit, dass "die Benützung der Gotthardstrasse auf herwärtigem Gebiet nur unter der Bedingung gestattet werden" kann, wenn "das Automobil mittelst Wagen oder Pferd, keineswegs aber durch den Motor betrieben u. von Andermatt nach Göschenen unter Polizeibegleitung spediert wird."
Quellen / Literatur: Auszug aus dem Verhandlungsprotokoll des RR des Kantons Uri vom 21.5.1904; StAUR R-720-16/101; Lavater Hans, Das Auto in früheren Zeiten, S. 5.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 31.12.2017