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Gesetzesbestimmungen

Amtliche Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Bd 6 a (1864)
Gesetze und Verordnungen, Bd VI a
Müller- und Bäckerordnung

LB UR (1864) Bd VI a S. 354-360.
Müller- und Bäckerordnung
«Der Landrath des Kantons Uri, In Erwägung, dass die unterm 3. Juni 1861 beschlossene Abschaffung der amtl. Mehl- und Brodtaxe nicht die gewünschten Resultate herbeigeführt hat, sondern vielmehr die Erfahrung gezeigt hat, dass hierdurch den Konsumenten bedeutende Nachtheile erwachsen sind,
In der Absicht, den Verkauf von Mehl und Brod als eines der unentbehrlichsten Lebensbedürfnisse des Menschen in dem Sinne zu ordnen, dass einerseits das Publikum vor Uebervortheilung geschützt, anderseits aber den Ansprüchen der Produzenten auf einen billigen Verdienst gebührend entsprochen werde,
Auf den gutächtl. Antrag des Regierungsrathes, verordnet und beschliesst:

§. 1.
Die unterm 3. Juni 1861 vom Regierungsrathe versuchsweise auf unbestimmte Zeit aufgehobene amtliche Taxation des Mehl- und Brodpreises ist wieder eingeführt.

§. 2.
Jeder Bäcker ist verpflichtet, den Backofen, die Züge und das Kamin desselben durchaus feuerfest nach Forderung der Feuerpolizeiverordnungen einzurichten.

§. 3.
Der Bäcker soll bei Zubereitung und Aufbewahrung des Brodes, wie der Müller bei jener des Mehles, sich der grössten Reinlichkeit befleissen.
Auch hat jeder Müller und Bäcker oder Brodverkäufer sich mit einer guten, amtlich geprüften Waage mit dem nöthigen gefeckten eisernen Gewichte (der Müller zudem mit den nöthigen gefeckten Mehlmaassen) zu versehen, nach welchen er seine Waare auszumessen und auszuwägen hat.

§. 4.
Die Bäcker sollen ein gewohntes gutes Mittelbrod backen und zwar soll dieses Brod in rechter Qualität von einzügigen Mehl ohne geringste Beimischung ausgegeben und verkauft werden, immer gut durchgebacken sein und einen gehörigen Rand (Rinde) haben.

§. 5.
Das Brod kann in allen beliebigen Formen gebacken und verkauft, und muss aber Seitens der Bäcker und Brodverkäufer den Käufern obligatorisch vorgewogen werden, auch wenn es nicht verlangt wird.
Diese Bestimmung des Vorwägens hat jedoch nicht Bezug auf die sogen. Wegli und dergleichen Luxusbrode.
Auch sind Bäcker und Brodverkäufer verpflichtet, das Brod um den jeweiligen, obrigkeitlich bestimmten Brodpreis auszugeben.
Jeder Bäcker soll sein Brod mit den Anfangsbuchstaben seines Tauf- und Familiennamens bezeichnen.

§. 6.
Es sollen auch die Müller Jedermann, der ihnen zu mahlen giebt, das Mehl von seiner Waare in Gewicht und Maass gehörig und recht geben, und auf Begehren solches bei Empfang und Rückgabe vorwägen müssen, jeden, gewissenhaft das Seinige für das Seinige wieder geben, und nichts verändern noch verfälschen, sondern sich mit dem gebührenden Lohn begnügen.
Auch sollen sie das Mehl in gehörigem Maasse und um den amtlich festgesetzten Preis ausgeben und ausmessen.
In der Taxe oder Preisbestimmung sollen zweierlei Qualitäten Mehl, nämlich eine bessere — gewohntes „Weiss- ober Ausmessmehl", und eine schlechtere — „Rostmehl" angesetzt und jeder Gattung Mehl der Preis bestimmt werden.

§. 7.
Der Schlag oder obrigkeitlich festzusetzende Preis des Brodes und Mehles richtet sich nach dem Mittelpreis des Kernens, wie er wöchentlich in Luzern laut der gegenwärtig dort angenommenen Berechnungsweise auskömmt.
Nach dem Normal- oder Durchschniltsverhältniss giebt ein solches neues Malter Kernen circa 160 Pfund Mehl, 5—10 Pfund Griessmehl, 20—28 Pfund Krüsch und etwa 2—3 Pfund Flug, welches Normalverhältniss von den Müllern beim Mahlen nach Beschaffenheit der Frucht möglichst soll eingehalten werden und als ordentlicher Massstab beim Mahlen von Kernen um den Lohn gelten soll.
Für Transportspesen anher wird Fr. 1 und ebensoviel als Provision zugerechnet, so bass ein Zuschlag von Fr. 2 zum Luzerner Kernenschlag den hiesigen Schlag oder Verkaufspreis für ein Malter Kernen ausmacht.
Für Salz, Holz und Bäckerlohn werden ferner Fr. 3 hinzugerechnet, dieser Betrag dann mit 50 getheilt, als der Anzahl von Lanbbroden (2 Paar Hälberlein oder eines sog. Luzernerbrodes), welche wenigstens aus einem Malter Kernen gebacken werden. Der sich nach dieser Anweisung ergebende Brodpreis soll sodann mit der Zahl 194 (ZZ Pfund) multiplizirt und das Resultat mit 205 (N.Schwz Pfund gleich 194 ZZ Pfund) dividirt werden. Das so sich herausstellende Ergebniss bildet sodann den Preis von 4 Pfunden Brodb (N.Schwz. Gewicht).
Der Preis eines Bechers oder von 2 Pfund Weissmehl ist gleich 3/5 des Brodpreises; daS Röstmehl kostet 1/10 weniger.
Es ist ihnen auch erlaubt, Weiss- und Rauchbrod in verhältnissmässigem Gewicht zum Mittelbrode zu backen und auszugeben.
3 ½ Pfund Weiss- und 4 ½ Pfund Rauchbrod stehen 4 Pfund gewöhnlichem Landbrode im Preise gleich.
Der Becher Mehl soll allzeit 2 Pfund halten, so dass es dem Käufer frei stehen soll, das Mehl beim Gewicht oder Maass zu nehmen.
Besonders feines Semmel- oder Pfundmehl ist in dieser Taxation nicht inbegriffen.

§ 8.
Der Ertrag des Krüsches und Griessmehles wird dem Müller als Mahlerlohn und Provision fürs Auswägen überlassen. Wenn aber Jemand dem Müller Kernen zu mahlen giebt, so soll demselben für 1 Fr. Lohn das Malter gemahlet werden — kleinere Quantitäten im billigen Lohnverhältniss, wobei freilich der Müller nicht für das Produkt mit 160 Pfund an gutem Mehl, wohl aber für nicht mehr Abgang als 4 Pfund Flug per Malter gut zu stehen hat (bei ½ Pfund jedoch nicht zu gefahren).
Auch ist jeder Bäcker verpflichtet, für einen Lohn von 3 Fr. auf das Malter oder 1 ½ Rp. per Pfund Brod jedem Landmanne das ihm übergebene Mehl zu Landbrod zu verbacken.

§. 9.
Bei der Berechnung des Brod- und Mehlschlages werden Bruchtheile unter einem Rappen entweder weggelassen, oder für einen ganzen genommen, je nachdem sie über oder unter der Hälfte eines Rappens betragen. Beim Schlag für das Malter Kernen wird es desgleichen gehalten mit allem, was unter 20 Rp. Zurückbleibt.

§. 10.
Für die entfernteren Orte des Landes wird der Brod- und Mehlpreis auf folgende Orte durch Gestattung einer Zulage für den Transport geregelt:
Es mag in Amsteg auf jedes Malter Rp. 50. und auf jedes 4pfündige Brod Rp. 2.
in Wassen Fr. 1.— und auf jedes 4pfündige Brod Rp. 3.
in Ursern Fr. 1.50 und auf jedes 4pfündige Brod Rp. 5.
und der Becher Mehl nach Verhältniss höher ausgegeben werden.
Für den Brodverkauf an nachbenannten Orten mag für das pfündige Brod folgende Zulage gefordert werden:

In Spiringen Rp. 4.
In Unterschächen Rp. 7.
In Isenthal Rp. 7.
In Wyler Rp. 3.
In Gurtnellen Rp. 4.
In Mayen Rp. 4.

Wenn nach nachstehendem Artikel hingegen die Frucht von italien her wohlfeiler zu beziehen ist, so mag die Preisdifferenz entweder aufgehoben oder der Brodpreis in besagten Ortschaften im gleichen Verhältniss umgekehrt wohlfeiler bestimmt werden.
Weder Bäcker und Müller, noch Wirthe und Kleinhändler im ganzen Kanton dürfen ein Mehreres auf das zu verkaufende Brod und Mehl schlagen, als hiemit festgesetzt ist.

§. 11.
Wenn hingegen der Fall eintritt, dass die italienische Frucht im hiesigen Lande mit der deutschen oder Schweizer-Frucht konkurrirt, so ist es dem hohen Regierungsrathe anheimgestellt, den Brodpreis amtlich so festzusetzen, dass, nach Massgabe der Umstände und der Konkurrenz, wenn diese sich die Waage hält, — in der Berechnung der Taxe der Zuschlag der Fracht von Luzern nach dem betreffenden Orte wegfalle, oder bei überwiegender Konkurrenz der italienischen Frucht die gleiche Frachtdifferenz von Luzerner Kornmarktspreis sogar in Abzug gebracht werde.

§. 12.
Der Schlag oder die obrigkeitliche Brod- und Mehltaxe soll durchs Amtsblatt veröffentlicht und je am Mittwoch, Morgen 9 Uhr (wofern der Wochenmarkt in Luzern am Dienstag abgehalten wird), und in den andern Gemeinden unmittelbar nach Ankunft der Post, durch welche das Amtsblatt versendet worden, ausgegeben werden und in Kraft treten.

§. 13.
Die Berechnung der Mehl- und Brodtaxe geschieht unter Aufsicht der l. Polizeikommission, sie wird die Ausfertigung und Aushingabe durch ihren Sekretär, den Polizeischreiber, besorgen lassen.

§. 14.
In den Gemeinden, wo eine Mühle oder Bäckerei besteht, soll von Polizei wegen wenigstens jeden Monat ein Mal, jedoch zu unbestimmter Zeit und unversehens, die Beschaffenheit des Brodes und Mehles, der Waage und des Gewichtes bei den Müllern, Bäckern, Mehl- und Brodhändlern untersucht werden wozu die Polizei auch Ausgeschossene der Gemeinderäthe bei ziehen kann.

§ 15.
Wer zu leichtes oder schlechtes Brod hat, oder im Allgemeinen vorstehenden Bestimmungen zuwiderhandelt, wird das erste Mal verwarnt, in Wiederholungsfällen je nach der Wichtigkeit des Falles und der Wiederholung desselben mit einer Gelbbusse von Fr. 10—100, Veröffentlichung im Amtsblatte und endlich mit Einstellung des Gewerbes bedroht.
Von der abfallenden Geldbusse kommt dem Kläger, sei dieser er amtliche Brodtwäger oder ein Privatmann, ein Viertbeil zu.
Schlecht gebackenes oder verfälschtes Brod soll zu Handen der Armen konfiszirt und der Verkäufer überhin dem Strafrichter überwiesen werden.

§. 16.
Der Bäcker und Brodverkäufer ist verpflichtet, dem Käufer das Brod vorzuwägen und das am Gewichte allenfalls Mangelnde zuzulegen, wenn er es verlangt, oder aber den Preis verhältnissmässig zu reduziren.

§. 17.
Bei beharrlicher Weigerung der Aushingabe von Mehl und Brod für den ordentlichen Bedarf der Käufer um die gesetzliche Taxe wird auch der Regierungsrath von Polizei wegen die Schliessung der Mühle oder des Bäckerladens anordnen.

§. 18.
Alle Diejenigen, die aus benachbarten Kantonen in hierseitigen Kanton kommen, um Mehl oder Brod zu verkaufen, oder solches zu diesem Zwecke anherbringen, sind sämmtlichen Vorschriften dieses Gesetzes und im Falle ihrer Uebertretung auch den nämlichen Strafen, gleich den Bewohnern des Kantons, unterworfen.

§. 19.
Der Regierungsrath wird mit der Vollziehung und Promulgation dieser Verordnung, welche am 1. Juli d. J. in Kraft tritt, beauftragt.»

Landratsbeschluss vom 13.05.1863; Abl UR 1863 nach S. 182 (Beilage 01-08).
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RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018