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Gesetzesbestimmungen

Kantonale Gesetze, 1892-1958 (Fortsetzung des Landbuches)
Bd 6 (1901-1909)
Gesetze und Verordnungen (Bd 6), 1901-1909
Schul-Ordnung vom 26. November 1906

LB UR Bd 06 (1901-1909) S. 274-
Schul-Ordnung vom 26. November 1906
«Art. 1
Der Primär-, Fortbildungs- und- Sekundarschulunterricht ist der Leitung und Oberaufsicht des Erziehungsrates unterstellt, welcher hierüber dem Landrate alle zwei Jahre Bericht erstattet.
Art. 2
Kompetenzen des Erziehungsrates.
a) Er vollzieht die bezüglichen Gesetze, Verordnungen und Beschlüsse der Oberbehörden.
b) Er schreibt die Organisation für die Primar-, Fortbildungs- und Sekundarschule vor, erlässt die Lehrpläne für dieselben und bezeichnet die einzuführenden Lehrmittel.
c) Er sorgt für pünktliche Handhabung der Schulordnung erteilt den untergeordneten Behörden die nötigen Weisungen, namentlich auch mit Bezug auf Herstellung und Instandhaltung der Schullokale, und veranlasst die entsprechende Ahndung der Zuwiderhandelnden.
d) Er führt die Oberaufsicht über die Schulgesundheitspflege und erlässt die daherigen erforderlichen allgemeinen Vorschriften.
e) Ihm liegt in Gemässheit der Gesetze und bezüglichen Stiftungen die kantonale Schulverwaltung ob; er legt darüber dem Landrate alljährlich Büdget und Rechnung vor.
f) Er prüft und patentiert die Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen. Privatschulanstalten bedürfen feiner Genehmigung.
g) Die Berichte der Schulinspektion sind ihm jährlich zur Prüfung vorzulegen; er verbindet damit die zur Hebung hervorgetretener Mängel gutfindenden Weisungen. Der gedruckte Schulbericht ist den Gemeinde- und Schulräten, den Pfarrämtern, dem Lehrerpersonal und den Regierungs- und Landräten rechtzeitig zuzustellen.
h) Er steht in Bezug auf das Schulwesen, mit den Gemeindebehörden und Lehrern in steter Relation; es haben sich dieselben seinen sachbezüglichen Verfügungen zu unterziehen.
i) Er besucht durch seine Mitglieder, in mehrjährigem Turnus die Schulen der verschiedenen Schulkreise.
k) Er ist befugt, untaugliche Lehrer oder solche, die wiederholt den zuständigerseits erteilten Weisungen hartnäckig zuwiderhandeln, nach vorausgegangenem Untersuche, in ihren lehramtlichen Verrichtungen zeitweilig einzustellen und deren Ersetzung bei der Wahlbehörde zu veranlassen.
l) Auf Verbesserung des Unterrichtswesens hinzielende Anträge bringt er durch das Organ der Regierung an den Landrat und begutachtet alle in dieser Richtung zu erlassenden Verordnungen und Beschlüsse.“
Art. 3
In jeder Gemeinde besteht ein Schulrat aus 3-5 Mitgliedern, dem die Beaufsichtigung der Ortsschulen speziell Zur Pflicht gemacht wird.
Art. 4
Die Obliegenheiten des Schulinspektorates sind:
a) Jährliche Visitation sämtlicher Primär-, Fortbildungs und Sekundarschulen des Kantons und rechtzeitige schriftliche Berichterstattung an den Erziehungsrat.
b) Aufsicht über die Handhabung der bestehenden Verordnungen seitens der Gemeindebehörden u. des Lehrerpersonals.
c) Überwachung der genauen Einhaltung und Beobachtung der eingeführten Schulorganisation und der vorgeschriebenen Schulzeit.
d) Prüfung der Schulführung, Lehrmethode und der Stundenpläne, letzteres wenn möglich bei Beginn des Schuljahres, sowie Orientierung über die in jeder Schule herrschende Disziplin.
e) Achtnahme auf die Leistungen der Lehrer, den Fortgang der Schule, den fleißigen Schulbesuch, sowie auf die Fortschritte und Befähigung der Kinder.
f) Einsichtnahme der der Schule seitens der Schulgemeinde zugewendeten materiellen und moralischen Unterstützung.
g) Untersuchung des Bestandes und der Einrichtung der Schullokale, Obsorge, daß dieselben die Verwirklichung des Schulzweckes ermöglichen und auch in sanitarischer Beziehung Len berechtigten Anforderungen gebührend Rechnung tragen, überhaupt Überwachung der Schulgesundheitspflege.
Die nähere Regelung der Tätigkeit des Schulinspektorates wird durch ein vom Erziehungsrate zu erlassendes Reglement bestimmt.

Art. 5
In jeder Gemeinde besteht ein Schulrat aus 3-5 Mitgliedern, dem die Beaufsichtigung der Ortsschulen speziell Zur Pflicht gemacht wird. Art. 6
Dem Schulrate kommen folgende Rechte und Pflichten zu:
a) Er vollzieht die das Gemeindeschulwesen betreffenden kantonalen Vorschriften; er ist der Vollstrecker der Weisungen und Aufträge des Erziehungsrates.
b) Er richtet seine Aufmerksamkeit auf die Pflichterfüllung des Lehrerpersonals, auf die Schulzucht und das Betragen der Schüler in und außer der Schule.
c) Er überwacht den regelmäßigen Schulbesuch und sorgt für Bestrafung der Eltern, Pflegeeltern, Vormünder oder Dienstherren, welche ihre schulpflichtigen Kinder und Untergebenen nicht zum fleißigen Besuche der Schule anhalten oder ihnen denselben gar erschweren oder verunmöglichen.
Als Strafmittel werden erklärt:
1. Eine Geldbuße von 20 bis 50 Rappen für jede Versäumnis bei 3 unentschuldigten Schulversäumnissen.
2. Bei Renitenz und Disziplinarvergehen Schularrest eventuell Geldbusse bis auf Fr. 10 im ersten Falle und- bis auf Fr. 20 in Rückfällen.
3. Erweisen sich diese Strafen als unzureichend, so sind die Straffälligen der Staatsanwaltschaft behufs Abwandlung durch die korrektionellen Gerichte zu überweisen, welche auf Geldbusse von 20 bis 100 Franken, oder aber auf Gefängnis von 2 bis 8 Tagen erkennen werden.
Polizeiliche Abholung widerspenstiger Kinder und Hinführung in die Schule bleibt überdies Vorbehalten.
Die vom Schulrate ausgefällten Geldstrafen fallen in die betreffende Ortsschulkasse.
d) Er untersucht minder wichtige Beschwerden gegen die Lehrer und spricht nach Umständen Rügen aus. Klagen auf Einstellung im Amte oder Entlassung überweist er, nachdem, er von deren Begründetheit sich überzeugt har, an den Erziehungsrat.
e) Er unterstützt die Lehrerschaft in der Ausübung ihres- Berufes und bietet ihr zur Beseitigung von Hindernissen, welche einem gedeihlichen Wirken entgegenstehen, hilfreiche Hand.
f) Er trägt Sorge, dass nur die vom Erziehungsrate genehmigten Lehrmittel in der Schule Verwendung finden.
g) Er visitiert wenigstens 4 Mal zum Jahr die sämtlichen Schulabteilungen, nimmt Einsicht von dem Zustande der Schule in innerer und äusserer Beziehung, lässt sich wenigstens 2 Mal monatlich die Absenzverzeichnisse vorlegen und von den Lehrern über ihre Wahrnehmungen in dieser oder jener Richtung Aufschlüsse erteilen.
h) Er sorgt für regelmäßige Auszahlung der Gehältern an das Lehrpersonal, unterhält fortwährend die geeigneten. Beziehungen mit den Lehrern und stellt ihnen bei Weggang oder auf Verlangen über ihre Leistungen und ihre Aufführung amtliche Zeugnisse aus.
i) Er sorgt im Erkrankungsfalle eines Lehrers für einem geeigneten Ersatz unter Kenntnisgabe an den Erziehungsrat.
k) Wegziehende Kinder hat er der Schulbehörde des neuen Wohnortes sofort zu melden.
l) Er überwacht und handhabt die Schulgesundheitspflege in seiner Gemeinde. Er wird auch beim Ausbruch ansteckender Kinderkrankheiten die zur Verhinderung der Ausbreitung derselben geeigneten Schutzmaßregeln treffen und sich hiebei an folgende Vorschriften halten:
1. Schüler, die an einer ansteckenden Kinderkrankheit, wie Diphtherie, Scharlach, Masern, Keuchhusten, Röteln und Windpocken leiden, sind vom Schul- und Kirchenbesuche auszuschliessen. Dieselben dürfen die Schule- und den Gottesdienst erst dann wieder besuchen, wenn die Gefahr einer Ansteckung als beseitigt zu betrachten ist. Hiefür ist bei Scharlach und Diphtherie ein ärztliches Zeugnis beizubringen.
2. Bei Diphtherie und Scharlach sollen auch die andern im gleichen Gebäude wohnenden Kinder die Schule solange nicht besuchen, bis die Gefahr einer Verschleppung als beseitigt, gilt.
3. Die Eltern haben dafür zu sorgen, dass die kranken mit gesunden Kindern anderer Familien nicht in Berührung kommen.

Art. 7
Der Schulratspräsident versammelt und leitet die Behörde sorgt für Vollziehung ihrer Beschlüsse, bewilligt den Lehrern auf Vorweis genügenden Grundes einzelne Ferientage, unterzeichnet die vom Schulrate ausgehenden Schreiben, erteilt: bei erster Klage über unentschuldigte Absenzen der Schulender deren Eltern oder Vormündern eine ernste Verwarnung (Z 6, Ziff. 1), gestattet unter besondern Umständen auf daheriges Verlangen der Eltern einzelnen Kindern für die Dauer von höchstens 3 Tagen bei Ganztagschulen und von 3 halben Tagen bei Halbtagschulen aus der Schule wegzubleiben (§ 22), nimmt sowohl die Klagen der Lehrer, als Beschwerden über dieselben in erster Linie entgegen.

Art. 8
Zur Ausübung des Lehrerberufes im Kanton bedarf es eines vom Erziehungsrate auf Grund genüglicher Zeugnisse oder aber auf vorausgegangene Prüfung hin zu erteilenden Patentes, dessen Besitz zur Bekleidung einer Lehrerstelle an jeder Gemeindeschule des Kantons legitimiert.
Die vor Erlass dieser Schulordnung bereits angestellten Lehrer und Lehrerinnen haben auf Verlangen des Erziehungsrates ebenfalls einer Prüfung sich zu unterwerfen.
Für die Lehrerprüfungen stellt der Erziehungsrat ein Regulativ auf.
Definitive, gleichwertige Patente von andern Kantonen können vom Erziehungsrate anerkannt werden.

Art. 9
Die Einführung neugewählter Lehrer in die Schule erfolgt durch die betreffenden Ortsschulräte. Dem Lehrer wird eine willige und strenge Erfüllung seiner Pflichten, ein taktvolles und liebreiches Betragen gegenüber den Kindern, eine tadellose sittliche Aufführung außerhalb der Schule, sowie ein unentwegtes redliches Streben, seine Ausbildung durch Selbststudium zu fördern, nachdrucksamst anbefohlen.

Art. 10
Der Lehrer übt die unmittelbare Aufsicht über die ihm anvertraute Schuljugend; er nimmt sich aller Kinder mit gleicher Sorgfalt an und eifert die Kinder zu fleissigem Lernen, zu aufmerksamem und ruhigem Betragen während der Schule an; er lobt die guten Schüler und sucht durch Anwendung, geeigneter Strafmittel auf Besserung der Fehlbaren hinzuwirken, hat sich aber hinsichtlich der Strafarten, sowie in Bezug auf die Schulorganisation, den Lehrplan und seine sämtlichen Obliegenheiten genau nach den Vorschriften und Weisungen des Ortsschulrates und der kantonalen Erziehungsbehörden zu richten. Anstände zwischen Lehrern und Schulräten entscheidet der Erziehungsrat.
Art. 11
Der Erziehungsrat ist nach Anhörung der Ortsschulbehörde ermächtigt, den Lehrern Nebenbeschäftigungen, welche der Stellung eines Lehrers nicht angemessen sind, oder seine gedeihliche Wirksamkeit in Frage ziehen, zu untersagen.

Art. 12
Der Lehrer führt ein genaues Verzeichnis über die entschuldigten und unentschuldigten Absenzen der Schulkinder und macht nach vorhergegangener fruchtloser Mahnung und Bestrafung der Ausbleibenden dem Schulratspräsidenten zuhanden des Schulrates schriftliche Anzeige und zwar wenigstens zweimal monatlich.
Als entschuldigte Absenzen gelten:
a. Krankheit, welche aber bei längerer Dauer durch Beibringung eines glaubwürdigen Zeugnisses nachgewiesen werden muss.
b. Plötzliche Erkrankung der Eltern oder der nächstens Familienglieder und Todesfälle in der Familie.
c. Verhinderung durch starkes Unwetter, Ungangbarkeit von Weg und Steg rc., was besonders bei weiter Entfernung von den Schullokalen und bei Berggemeinden in Betracht fallen mag.
Die Lehrerschaft hat darüber zu Wachen, dass Verhinderungsgründe unverzüglich zur Anzeige gebracht werden.

Art. 13
Die Wahl der Lehrer verbleibt den Gemeinden, unter Beachtung der Bestimmungen des § 8. Unpatentierte Lehrer sind nicht wahlfähig.

Art. 14
Die Gemeinden haben für angemessene Lehrerbesoldung zu sorgen.
Das Minimum der Besoldung eines weltlichen Primarlehrers mit vollständiger Seminarbildung und definitivem Lehrerpatente beträgt (für die Primarschule) bei 30 wöchentlicher Schulzeit (§ 18) 1000 Fr., bei 40 jährlichen Schulwochen 1300 Fr.; hiebei ist der Einschluss der Organistenstelle gestattet.
Die Besoldung von Primarlehrern, die zugleich eine geistliche Pfründe versehen, sowie von Lehrern und Lehrerinnen, welche einer religiösen Genossenschaft angehören, beruht auf vertraglichem Übereinkommen zwischen der Gemeinde und dem betreffenden Lehrerpersonal, beziehungsweise der Genossenschaft.

Art. 15
Zur Aneiferung und Fortbildung der Lehrer und Lehrerinnen finden alljährlich Lehrerkonferenzen statt, deren Besuch obligatorisch ist. Die Teilnehmer erhalten ein Taggeld von Fr. 4 nebst einmaliger Reiseentschädigung laut Tarif für den Landrat.
Für die Lehrerinnen können besondere Konferenzen abgehalten werden.

Art. 16
Geeigneten und gut vorgebildeten Lehramtskandidaten werden vom Erziehungsrate Stipendien zugesprochen.

Art. 17
Die Primarschulpflicht beginnt für alle geistig und körperlich gesunden Kinder mit dem Jahre, in welchem sie das siebente Altersjahr erfüllen und dauert mindestens bis nach erfülltem dreizehntem Jahre (siehe § 19). Kinder, welche auf Neujahr das siebente Altersjahr zurücklegen, werden für das laufende Jahr schulpflichtig.
Ein Austritt aus der Schule während des Schuljahres ist in der Regel unzulässig.

Art. 18
Um den verschiedenen Ortsverhältnissen Rechnung zu tragen, umfasst die Primarschulzeit je nach freiem Ermessen der Gemeinden und Schulorte entweder
a) sechs Schuljahre, jedes Schuljahr zu mindestens 30 Schulwochen und zu mindestens 600 Schulstunden, welche der Erziehungsrat, wo außerordentliche Schwierigkeiten es rechtfertigen, auf 550 reduzieren kann, oder aber
b) sieben Schuljahre, jedes Schuljahr zu mindestens 30 Schulwochen und zu mindestens 520 Schulstunden.
Es wird den Gemeinden empfohlen, das Primarschuljahr, wo immer möglich, auf 40 Wochen auszudehnen und zu diesem Zwecke fakultative oder obligatorische Sommerschulen zu halten.
Jedes Primarschuljahr beginnt mit dem 1. Oktober und darf vor dem 1. Mai nicht geschlossen werden. Gemeinden mit Ganzjahrschulen sind befugt, mit Genehmigung des Erziehungsrates das Schuljahr im Sommerhalbjahr zu beginnen.

Art. 19
Alle normal entwickelten Kinder haben sämtliche Primarschulklassen durchzumachen. Am Schlusse der obersten Primarschulklasse haben alle Schüler derselben in Gegenwart des Schulrates und unter Leitung des Schulinspektors eine Entlassungsprüfung zu bestehen. Diejenigen Kinder, deren Leistungen als ungenügend befunden werden, müssen noch ein Jahr die Primarschule besuchen.
Für die Anforderungen, die bei dieser Prüfung zu stellen sind, ist der vom Erziehungsrate erlassene Lehrplan massgebend.
Bei der Entlassungsprüfung ist hauptsächlich auch darauf zu sehen, ob ein Kind die Schule fleissig oder unfleissig besucht und ob es geleistet hat, was es gemäss seinen Fähigkeiten bei Fleiss und Eifer leisten konnte.
Kinder, welche mit dem erfüllten 15. Altersjahre die Primarklassen noch nicht absolviert haben, sind zum ferner Schulbesuch nicht mehr anzuhalten. Dabei gilt Neujahr als Altersgrenze. Wenn also ein Kind während des Schuljahres erst nach dem 1. Januar das 15. Altersjahr erfüllt, so ist es pflichtig, den betreffenden Kurs bis zum Schluffe desselben zu besuchen.
Schwachbegabte, die wenigstens 7 Jahre die Schule fleissig besucht und geleistet haben, was in ihren Kräften lag, werden zum fernern Schulbesuch nicht mehr verpflichtet, auch wenn ihre Leistungen den Anforderungen des Lehrplanes nicht in jeder Beziehung entsprechen, selbst wenn sie die 6. bezw. 7. Primarschulklasse noch nicht durchgemacht haben.

Art. 20
Nach dem Austritte aus der Primarschule hat jedes Schulkind bis zum erfüllten 15. Altersjahre noch einen Repetitionskurs von wenigstens zwei Stunden wöchentlich zu besuchen. In dringenden Fällen mag der Ortsschulrat von diesem Kurse dispensieren. Gemeinden mit Ganzjahrschulen sind an diese Vorschrift nicht gebunden.

Art. 21
Das sogenannte Überspringen einzelner Primarklassen ist gänzlich verboten.
Mehr als zwei Jahre darf kein Kind in derselben Primarklasse behalten werden.

Art. 22
Die Schüler sind zum regelmäßigen Schulbesuche verpflichtet. Bewilligung zum Ausbleiben kann der Lehrer per Monat für einen Tag, der Schulratspräsident für 3 Tage erteilen, beides jedoch nur in wohlbegründeten Fällen. (Siehe § 7.)

Art. 23
Der Eintritt der Schüler in die Schule erfolgt bei Beginn des Schuljahres. Ausnahmen erfordern eine Genehmigung des Schulrates, der sich darüber mit dem Lehrer ins Einvernehmen zu setzen hat. Der Übertritt eines Schülers aus einer Ortsschule in eine andere erfordert die Genehmigung der betreffenden Ortsschulräte. (Vergl. auch § 6, lit. k.)

Art. 24
Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Dienst- und Arbeitsherren find für den Schulbesuch und die Disziplin der ihnen untergebenen Kinder verantwortlich. Den Schülern wird ein gesittetes Betragen zur Pflicht gemacht. Der Aufenthalt im Freien nach Eintritt der Abenddämmerung ohne Aufsicht ist ihnen untersagt. Die Eltern werden dafür sorgen, dass ihre Kinder alsdann zu Hause gehalten werden. Eine der Schule und Gesundheit nachteilige Verwendung der Kinder ist verboten und strafbar.
Das Rauchen ist Schülern unter fünfzehn Jahren strengstens untersagt. Rauchutensilien sind ihnen wegzunehmen. Übertretungen des Rauchverbotes werden vom Schulrate nach Maßgabe von § 6, Ziff. 2 bestraft.

Art. 25
„Der Schulbesuch ist unentgeltlich. Überdies werden die Ortsschulgemeinden angewiesen, auch die unentgeltliche Verabfolgung der Schulmaterialien an dürftigere Kinder durchzuführen. Die Kinder von Nichtortsbürgern sind denjenigen der Ortsbürger gleich zu stellen.

Art. 26
Eltern und Vormünder find befugt, ihre Kinder und Pflegebefohlenen, statt sie in die öffentlichen Gemeindeschulen zu schicken, selbst zu unterrichten oder durch patentierte Hauslehrer oder in Privatanstalten unterrichten zu lassen, wofern das Lehrziel der öffentlichen Volksschulen erreicht wird.
Wer von dieser Befugnis Gebrauch machen will, ist gehalten, den Schulrat seiner Wohngemeinde davon in Kenntnis zu setzen, und es hat sich letzterer von der gehörigen Durchführung des Unterrichts jederzeit zu überzeugen.

Art. 27
In jeder Gemeinde oder Filiale soll wenigstens eine Primarschule bestehen.

Art. 28
Wo die Schülerzahl die Trennung in zwei oder mehrere Schulen erheischt, ist vorzüglich auf Trennung der Geschlechter Bedacht zu nehmen.

Art. 29
Die Maximalzahl der Primarschüler für eine Lehrstelle wird auf 60 festgesetzt. Wo diese Zahl mehr als 5 Jahre nach einander überstiegen wird, ist eine weitere Lehrkraft anzustellen.

Art. 30
Als Lehrgegenstände sind für die Primarschulen vorgeschrieben :
a) Religionsunterricht (Katechismus und biblische Geschichte).
b) Verstandes- und Gedächtnisübungen, Anschauungsunterricht.
c) Lesen und Schreiben.
d) Sprachübungen und Aufsätze mit besonderer Berücksichtigung des Briefes.
e) Kopf- und Zifferrechnen.
f) Vaterlandskunde, vorab Geschichte und Geographie der Schweiz.
g) Turnunterricht für die Knaben vom 10. Altersjahre an.
h) Wo es immer möglich ist, Gesang, Zeichnen und für die Mädchen Anleitung, zu weiblichen Arbeiten.

Art. 31
Als Quellen zur Bestreitung der Ausgaben für Lehrergehälter , Schullokale und deren Ausstattung, Anschaffung von Schulmaterialien für ärmere Kinder, sowie für anderweitige Schulbedürfnisse werden bezeichnet:
a) die vorhandenen Schulfonde, für deren Unveräusserlichkeit, richtige Verwendung und Verwaltung die Gemeinden verantwortlich sind.
b) die Beiträge des Kantons, des Bundes, der Korporationen, sowie der Stiftungen.
c) die ausgefällten Geldbussen gemäss § 6.
d) Zuschüsse der Gemeinde, eventuell direkte Gemeindesteuern nach Massgabe des kantonalen Steuergesetzes.

Art. 32
Die gegenwärtigen kantonalen Beiträge an das Primarschulwesen dürfen nicht vermindert werden.

Art. 33
Die Verteilung der Bundessubvention wird durch eine spezielle Verordnung geregelt.

Art. 34
Bei Verteilung der kantonalen und eidgenössischen Staatsbeiträge für das Primarschulwesen sollen hauptsächlich in Betracht fallen:
a) die Volks- und Schülerzahl,
b) die wirklichen Barauslagen für die Primarschule,
c) die ökonomischen und Steuerverhältnisse, sowie die Schulschwierigkeiten der Gemeinden.
Der Erziehungsrat hat dem Landrat unter Berücksichtigung aller Verhältnisse über die Verteilung einen detaillierten Antrag, sowie jährlich einen Voranschlag für das kommende Jahr zu unterbreiten.

Art. 35
Die Gemeinden haben über das Schulwesen besondere Rechnung zu führen, dieselbe alljährlich abzuschließen und über die Verwendung der eidgen. Subventionsquote bis Ende Januar des folgenden Jahres sich auszuweisen.
Sollte eine Gemeinde ihren Schulobliegenheiten trotz, wiederholter Mahnung nicht nachkommen, so können ihr für die Dauer einer solchen Renitenz die Staatsbeiträge vorn Erziehungsrate gekürzt oder ganz entzogen werden.

Art. 36
„Die Gemeinden sind verpflichtet, für gesunde, Helle und geräumige Schullokale zu sorgen und dieselben zu keiner zeckwidrigen Verwendung zu benutzen oder benutzen zu lassen.
Im übrigen wird hier ausdrücklich auf den Landsgemeindebeschluss vom 4. Mai 1902, sowie auf die landrätliche Vollziehungsverordnung vom 26. März 1903 verwiesen.

Art. 37
An jedem Primarschulort soll eine Fortbildungsschule bestehen, welche nebst dem allgemeinen- Erziehungs- und Bildungszweck die für Jedermann notwendigen Schulkenntnisse wiederholen, üben und erweitern, damit dem praktischen Leben dienen und indirekt auch für die Rekrutenprüfung vorbereiten soll.

Art. 38
Die Fortbildungsschule umfasst drei Jahre mit je vierzig Unterrichtsstunden nebst einer jährlichen Prüfung.
Drei Viertel der Stunden sind in der Regel von Anfang November bis Mitte März zu erteilen. Das Nähere bestimmt der Erziehungsrat unter Berücksichtigung der Ortsverhältnisse.
Für die Schüler des dritten Jahrganges wird vor der pädagogischen Prüfung ein Kurs von 20 Stunden abgehalten. Dieselben dürfen von den allgemeinen 40 Stunden nicht in Abzug gebracht werden.
Den Schulräten steht es frei, die Abhaltung des Unterrichtes an Werktagen oder Sonntagen, niemals aber gleichzeitig mit einem Gottesdienste, anzusetzen.

Art. 39
Zum Besuch der Fortbildungsschule sind alle bildungsfähigen Jünglinge verpflichtet, die jeweilen mit dem 31. Dezember das 16. Altersjahr zurücklegen und die militärische Aushebung noch nicht bestanden haben. Die Schulräte haben auswärts wohnende Schüler den Schulbehörden des Aufenthaltsortes für den Schulbesuch anzumelden.
Wegen geistiger oder körperlicher Gebrechen nicht Bildungsfähige kann der Schulrat vom Besuche der Fortbildungsschule dispensieren.
Nicht pflichtig find einzig jene, welche gleichzeitig eine Sekundarschule oder höhere Lehranstalt besuchen oder aber über den Besitz genügender Kenntnisse durch eine vom Schulrate anzuordnende Prüfung, deren Ergebnis dem Schulinspektorat zum endgültigen Entscheide vorzulegen ist, sich ausweisen.

Art. 40
Als Lehrer an der Fortbildungsschule können von den Gemeindeschulräten die Ortslehrer oder andere geeignete Persönlichkeiten angestellt werden. Dem Erziehungsrate steht das Genehmigungsrecht zu.
Einer Lehrstelle sind höchstens 30 Schüler zum gleichzeitigen Unterrichte zuzuweisen. Die Klassentrennung erfolgt nach den Fähigkeiten der Schüler.
Das Lehrpersonal bezieht für die Unterrichtsstunde je 1 Fr. 50 Rp. von der kantonalen Schulfondverwaltung.
Der Erziehungsrat wird von Zeit zu Zeit Bildungskurse und Konferenzen der Fortbildungslehrer veranstalten (§ 15- der Schulordnung).

Art. 41
Die Unterrichtsfächer der Fortbildungsschule sind: Lesen, Schreiben, Rechnen (mündlich und schriftlich) und Vaterlandskunde.

Art. 42
Die Lehrmittel bestimmt der Erziehungsrat. Sie werden den Gemeinden nach Massgabe der Schülerzahl von der kantonalen Schulfondverwaltung gratis geliefert.

Art. 43
Der jährliche Staatsbeitrag für die Bedürfnisse der Fortbildungsschule wird auf Fr. 2500 festgesetzt.

Art. 44
Der jährliche Staatsbeitrag für die Bedürfnisse der Fortbildungsschule wird auf Fr. 2500 festgesetzt.

Art. 45
Für jede unentschuldigte Schulversäumnis soll der Schulrat unnachsichtlich eine Geldbuße von 50 Rp. bis 1 Fr. 50 Rp. ausfällen. Als Entschuldigung gelten die in § 12 aufgeführten Gründe.
Fortbildungsschüler, welche sich grober Fehler im Betragen oder fortgesetzten Unfleisses schuldig machen, werden vom Schulrat im ersten Falle mit einem scharfen Verweis oder einer Geldbusse bis, auf 10 Fr., im Rückfalle bis auf 20 Fr. bestraft. Die Bussengelder fallen in die Gemeindeschulkasse.
Polizeiliche Abholung widerspenstiger Schüler und Hinführung in die Schule bleibt überdies Vorbehalten.
Wenn sich diese Strafen als wirkungslos erweisen, so sind die Straffälligen vom Schulrate der kantonalen Erziehungsbehörde zu verzeigen, welche auf begründeten Antrag des erstern einen Disziplinar-Arrest von höchstens 4 Tagen erkennt, den der Gebüsste auf eigene Kosten im Zeughaus zu Altdorf abzusitzen hat.
Die Schulräte sind verpflichtet, die Schüler beim Beginn der Schule auf die Strafbestimmungen aufmerksam zu machen.

Art. 46
Der Errichtung von Sekundarschulen wird die Unterstützung der Erziehungsbehörden zu deren Ermöglichung und Förderung zugesichert. Der Staat richtet bei erstelltem Ausweise über zweckmäßige Organisation und entsprechende Leistungsfähigkeit solcher Sekundarschulen einen jährlichen Beitrag von Fr. 300-500 aus und nimmt zu diesem Behufe einen bestimmten Kredit ins Budget auf.
Die Sekundarschulen stehen unter der Oberaufsicht des Erziehungsrates, welcher die gutfindenden Vorschriften für dieselben aufstellt, deren jährliche Visitation durch die Schulinspektoren verfügt und sich über die erzielten Resultate Bericht erstatten lässt.

Art. 47
Die Schulordnung des Kantons Uri vom 24. Februar 1875, das Dekret betreffend Abänderung der Schulordnung vom 8. April 1875, die Dekrete über Ergänzung der Schulordnung vom 18. Mai 1880, vom 27. Januar 1886 und Vom 3. Oktober 1888 werden hiemit aufgehoben.

Art. 48
Der Erziehungsrat wird mit dem weitern Vollzug dieser Schulordnung beauftragt.

LB UR Bd 6 (1901), S. 274 f.
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RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018