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Gesetzesbestimmungen

Amtliche Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Bd 5 (1853)
Gesetze und Verordnungen, Bd V
Reglement für den Landrat des Kantons Uri

LB UR (1853) Bd V S. 056-077
Reglement für den Landrat des Kantons Uri
«Der Landrath des Kantons Uri, hat in Vollziehung des Art. 57 der Verfassung, auf den Vorschlag des Regierungsrathes, folgendes Landraths-Reglement beschlossen: I. Theil
Einberufung, Konstituirung und Zusammensetzung des Landraths.

§. 1. Versammlung und Aufgabe des Landraths.
Der Landrath wird nach Art. 57 der Verfassung ordentlicherweise jährlich 3 Mal und außerordentlicherweise so oft einer der dort unter Litt. a, b, c und d angeführten Fälle eintritt, durch den Landammann oder bei Verhinderung desselben durch seinen Stellvertreter einberufen, um die in den Art. 45, 47 57 der Verfassung ihm übertragenen Verrichtungen und Kompetenzen auszuüben und vor allem aus seiner ersten Pflicht, über Handhabung der Verfassung zu wachen, obzuliegen.

§. 2. Einberufung des Landrathes.
Die Einberufung soll durch ein Zirkular, wenn immer möglich so viel Zeit vor dem wirklichen Zusammentritt, geschehen, daß nach erhaltenem Avis die Mitglieder vollkommen genug Zeit haben, sich gehörig vorbereitet einzufinden. In der Regel hat die Auskündung wenigstens 8 Tage vor jedem Zusammentritte zu geschehen.

§. 3. Traktanden-Zirkular.
Mit dem Einberufungs-Zirkular soll jeweilen jedem Mitgliede auch ein Traktanden-Verzeichniß zugesandt werden, welches alle nach bisherigen Eingaben dem Landrathe vorzulegenden Verhandlungsgegenstände in möglichster Kürze enthält.

§. 4. Zusammensetzung des Landrathes.
Der Landrath besteht, nach Art. 44 der Verfassung, seit der neuen Volkszählung dieses Jahres (1850), aus dem Landammann, dessen Statthalter, 4 übrigen Vorsitzenden Regierungsmitgliedern und dem Kantonsgerichtspräsidenten und bis zu einer neuen amtlichen Zählung aus 48 von den Gemeinden nach ihrer Volkszahl (auf je 300 Seelen ein Mitglied) gewählten Landrathsmitgliedern oder Rathsherren, von denen 5 zugleich auch Mitglieder des Regierungsrathes sind; zusammen also aus 55 Mitgliedern, zu welchen noch zugezogen werden: vier Landschreiber, zwei Fürsprechen als Saalinspektoren und die vier Kantonsweibel zur Bedienung.
Allen diesen 65 Personen kommt, wenn sie anwesend sind, das gesetzliche Sitzungsgeld zu.

§. 5. Pflicht in Sitzung zu erscheinen.
Jedes Landrathsmitglied ist zu erscheinen schuldig — bei Eiden — wenn es nicht durch ehehafte Noth daran gehindert wird; und es soll bis zum Schlusse der Sitzung den Verhandlungen fleißig und aufmerksam beiwohnen.

§. 6. Beschlußfähigkeit.
Zur Eröffnung der Verhandlungen, sowie zu jedem gültigen Beschlusse ist die absolute Mehrheit der stimmfähigen Mitglieder nothwendig.

§. 7. Oeffentlichkeit der Sitzungen.
Die Sitzungen und Verhandlungen des Landrathes sind öffentlich, die Ausnahmsfälle von dieser Regel wird das Gesetz bestimmen.

§. 8. Prüfung der Wahlakten.
Bei der ersten Konstituirung, wie beim Erscheinen neugewählter Mitglieder, wird sodann vorerst die Prüfung der Wahlakten vorgenommen. Unbestrittene Wahlen werden vorab als richtig betrachtet.

§. 9. Beeidigung und Konstituirung des Landrathes.
Nach anerkannter Wahlakte werden die neuen Mitglieder vom Präsidenten beeidigt.
Die Eidesleistung wird alljährlich am ersten Sitzungstage der ordentlichen Maisitzung im Sitzungslokale erneuert.
Nach einer Totalerneuerung des Landrathes jedoch hat der Akt der Beeidigung feierlich in der Pfarrkirche des Hauptortes stattzufinden.
Sobald mindestens die absolute Mehrheit anwesend ist, ist der Landrath als konstituirt anzusehen und der Präsident wird die offiziellen Verhandlungen beginnen.

§. 10. Rangordnung.
Die Plätze werden in folgender Rangordnung eingenommen: Zur Rechten des Präsidenten sitzt der Landesstatthalter, zur Linken der Pannerherr und sofort zur Rechten und zur Linken wechselnd, die von der Landesgemeinde gewählten Regierungsglieder, der Kantonsgerichtspräsident und die übrigen Regierungsräthe nach der Priorität ihrer Wahl. Sodann setzen sich auf die übrigen Plätze, rechts und links wechselnd, die übrigen Rathsherren oder Landrathsglieder nach der Rangordnung ihrer Gemeinden und die Mitglieder der gleichen Gemeinde nach der Folge ihrer Wahl unter sich.

§. 11. Anzug.
Der Landammann, die Mitglieder der Standeskommission und der Kantonsgerichtspräsident erscheinen in schwarzer Kleidung, mit aufgestülptem Hut und Degen, der Landammann oder Präsident auch im Mantel. Die übrigen Mitglieder des Landrathes, sowie Landschreiber und Fürsprechen in schwarzer oder dunkelblauer Kleidung mit schwarzem rundem Hut. Die Weibel in schwarzer Kleidung und aufgestülptem Hut und dem Amtsmantel.

§. 12. Bureau.
Die Landschreiber, Fürsprechen und Weibel bilden ex officio das dem Präsidenten beigegebene Bureau.
Die Weibel begleiten das Präsidium zu und von der Sitzung, sowie bei Feierlichkeiten.

II. Theil. Verrichtungen des Präsidenten.

§. 13 Leitung der Geschäfte.
Der regierende Landammann präsidirt die Versammlungen des Landrathes; leitet die Geschäfte und führt die Berathungen; wacht über Beobachtung des Reglementes und die Ordnung in demselben. Sich dagegen Verfehlende ruft er zur Ordnung.

§. 14. Eröffnung der Zuschriften.
Er eröffnet sämmtliche an den Landrath gerichtete Schreiben und Memorialien und legt dieselben nach Maßgabe der weitern Vorschriften des Reglementes zur Berathung vor, dringliche oder während der Sitzung eingehende Geschäfte sollen sogleich dem Landrathe eröffnet werden, um nöthigeufalls in der nächstfolgenden Sitzung verhandelt werden zu können.

§. 15. Tagesordnung.
Er bestimmt die Tagesordnung jeweilen am Schluß einer Sitzung für die folgende, wobei er Gegenstände von besonderer Wichtigkeit und Dringlichkeit vorab in Behandlung bringen wird.
Dem Landrathe bleibt jedoch unbenommen aus geschehenen Antrag sich selbst eine beliebige Tagesordnung zu bestimmen.
Für die erste Sitzung geht die Berathung nach dem Leitfaden der Traktanden wenigstens in präparativer Behandlung. Doch können Mitglieder auch am ersten Tag Anträge auf Dringlichkeit für andere Gegenstände bringen.

§. 16. Expedition.
Der Präsident unterzeichnet alle vom Landrathe ausgegangenen Beschlüsse und Verordnungen, und überwacht deren Expedition.

§. 17. Umfrage.
Der Präsident hält die Umfrage; er ertheilt das Wort. Wenn Niemand mehr das Wort verlangt, so erklärt er die Berathung als geschlossen, woraufhin Niemand mehr das Wort nehmen darf; dann schreitet er zur Abstimmung.

§. 18. Stimmrecht des Präsidenten.
Der Präsident hat übrigens berathende und entscheidende Stimme, wie jedes andere Landrathsmitglied.

§. 19. Vertretung des Präsidenten.
In Abwesenheit, Krankheits-, Ausstands- oder sonstigen Verhinderungsfällen des Landammanns, präsidirt an seiner Stelle, mit gleichen Pflichten und Vollmachten, der Landesstatthalter. Ist auch dieser hieran verhindert, dann die Mitglieder des Regierungsrathes ihrem Range nach.

III. Theil.
Verrichtungen des Sekretariats.


§. 20. Bestand des Sekretariats.
Das Sekretariat des besammelten Landrathes wird von zwei Landschreibern, nämlich den beiden Kantonsschreibern versehen. Sie funktioniren alternierend nach den Berathungsgegenständen, so daß wenn der Eine im ersten Berathungsgegenstand schreibt, diese Arbeit und Stellung dann beim zweiten Berathungsgegenstande dem Andern zufällt, und so fort; es wäre denn, daß der Eine von ihnen wegen Ausstand und dergleichen an einer ihn treffenden Tour verhindert würde, so nimmt demselben dann der Andere das Geschäft ab, ihm dafür ein anderes überweisend.

§ 21. Protokollführung.
Diese Sekretäre sollen über alle Verhandlungen und Beschlüsse des Landrathes ein getreues Protokoll führen, ohne sich jedoch in die Ansichten Einzelner und das Nähere der Abstimmung einzulassen, sondern sich nur auf die Aufzählung der Akten, die Motive und Beschlüsse beschränken.
Jeder der beiden Sekretäre führt ein Protokoll über die ihm zugefallenen Gegenstände. Dasselbe soll vor den Verhandlungen obenan Datum und Angabe des Präsidiums enthalten. (Wird dasselbe während der Sitzung bei einem Gegenstande verändert, so soll auch hievon gehörigen Ortes Vormerkung angebracht werden.)

§. 22. Appelliste.
Die Sekretäre sollen eine genaue Appell- oder Verzeichniß-Liste der Mitglieder des Landrathes, der Landschreiber, Fürsprechen und Weibel führen, welche in jeder Sitzung zu verlesen ist. Die Abwesenden werden notirt und in nächster Sitzung zur Verantwortung abgelesen.

§. 23. Rechnungsführung der Sitzgelder und Bußen. Die Sekretäre haben am letzten Sitzungstag jeder Versammlung des Landrathes dem Großweibel die Note einzugeben, was jedem Mitglied an Sitzgeld nach Abzug allfälliger Ordnungsbußen wegen Ausbleiben oder Verspätung zukommt, wornach der Großweibel deren Ausbezahlung zu besorgen hat.

§. 24. Genehmigung oder Rektifikation des Protokolls.
Das Protokoll soll jedesmal in der nächst darauf folgenden Sitzung gleich Anfangs verlesen und der Genehmigung unterlegt werden. Hiebei sich etwa ergebende Berichtigungen sollen sogleich besorgt und ebenfalls zur Genehmigung sofort wieder vorgelesen werden.
Nach erfolgter Genehmigung des Protokolles dürfen daran weder Abänderungen noch Zusätze angebracht werden.
Jede spätere Veränderung im Protokolle, wenn selbst nur Korrektur, ist den Sekretären strengstens untersagt.

§. 25. Ausfertigung der Beschlüsse.
Die Sekretäre haben ferner fördersamst die sie treffenden Ausfertigungen und Beschlussesmittheilungen zu besorgen. In Fällen von Zweifel hierüber haben sie vom Präsidenten Auskunft zu begehren.

§. 26. Verwahrung der Akten.
Die Sekretäre nehmen sämmtliche Verhandlungsakten in Obhut und Verwahr, und führen darüber ein genaues Verzeichniß. So weit dieselben die Traktanda beschlagen, sollen sie während der Sitzungszeit auf dem Kanzleitisch der Behörde zur Einsicht jedes Mitgliedes aufliegen, oder wenigstens auf Verlangen vorgelegt werden. Andern jedoch dürfen solche nur auf besondere Erlaubnißscheine des Präsidiums mitgetheilt werden.

§. 27. Verhandlungsliste.
Sie führen auch eine Traktanda über sämmtliche noch nicht endgültig erledigten Verhandlungsgegenstände, sei es, daß solche zur Begutachtung oder Berichterstattung an Kommissionen oder an andere Behörden oder Individuen überwiesen oder ausdrücklich verschoben, oder aber auch wegen Mangel an Zeit sonst noch nicht in Behandlung gekommen wären. Am Ende jeder Sitzung wird ihnen daher der Präsident die zurückgebliebenen, unerledigten Gegenstände ad notam geben.
Die Traktanda-Nota soll jede Sitzung für alle Mitglieder offen aus dem Kanzleitische liegen.

§. 28. Stichentscheid.
Bei Einstehen der Stimmen entscheidet der funktionirende Sekretär, der sich in diesem Falle der Abgebung seiner Stimme nicht weigern kann, sofern kein gesetzliches Hinderniß für denselben da ist.

§. 29. Ersatz der Sekretäre.
Wird einer der beiden Sekretäre (oder beide) an der Sitzung Theil zu nehmen verhindert, so wird er durch einen der beiden andern Landschreiber (oder beide) ersetzt, welcher in diesem Falle in die nämlichen Rechte mit den nämlichen Pflichten der wirklichen Sekretäre die Stelle zu vertreten hat.

IV. Theil.
Verrichtungen der Saalinspektoren und Weibel.


§. 30. Saalinspektoren.
Zwei Fürsprechen haben das Am t der Saalinspektoren; als solche haben sie Aussicht auf die reglementarische Ordnung, Kleidung und Anstand, und haben die Pflicht, die sich dagegen Verfehlenden dem Präsidenten zur gesetzlichen Ahndung zu verzeigen, auch Acht darauf zu haben, ob die beschlußfähige Anzahl der Mitglieder vorhanden sei, und den Präsidenten darauf aufmerksam zu machen, wenn dieß nicht der Fall ist.

§. 31. Amtsbedienung.
Die Bedienung im Landrathe wird durch die 4 Weibel besorgt werden, nämlich den Großweibel, die beiden Läufer und den Waagmeister.

§. 32. Stimmenzählung.
Bei allen Abstimmungen haben diese Weibel nach Eidespflicht das Mehr wegzugeben. Wiederholt irrige Vergebung des Mehr's zieht als Strafe Einstellung in dießfallsigen Amtsverrichtungen nach sich. Wenn das Mehr beim ersten Abscheiden nicht kann weggegeben werden, so sollen zum zweiten Abmehr zwei Weibel die Stimmen laut abzählen.
Die Herren Landräthe haben daher ihre Hand in der Höhe zu behalten, bis sie versichert sind, daß sie bereits gezählt worden ist.

§. 33. Wiederholte Abstimmung zu verlangen.
Wenn ein Mitglied des Landrathes an dem gegebenen Mehr zweifelt, so kann es die nochmalige Abstimmung verlangen. So oft dieses Verlangen gestellt wird, soll ihm entsprochen werden, und alsdann der bei diesem Gegenstande nichtschreibende Sekretär aufstehen und die Stimmen laut abzählen.

V. Theil.
Sitzungen, Formen der Berathung und der Abstimmung.


§. 34. Anfang der Sitzungen und Buße für Verspätung.
Die Landraths-Sitzungen haben mit 8 Uhr Morgens zu beginnen, mit Ausnahme der Monate November, Dezember, Januar und Februar, wo sie mit 9 Uhr Morgens anfangen.
Von dieser Regel ausgenommen ist der U. K . Landrath am 28. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt, da dann erst um 12 Uhr die Sitzung ihren Anfang nimmt.
Wer nach der Appell eintrifft, muß sich den Abzug von ¼ tel des Sitzgeldes gefallen lassen, es sei denn, daß er nicht frühzeitig genug avisirt oder durch eine Kommissional-Sitzung oder höhere Gewalt verhindert worden wäre.

§. 35. Unterbruch der Sitzung, Dauer.
Um 12 Uhr Mittags (wenn nicht eben ein Gegenstand in Behandlung, oder dann so bald möglich darnach) werden die Sitzungen unterbrochen zum Mittagessen. Nachmittags wird jedoch die Sitzung auf eine vom Präsidium anzusetzende Zeit wieder fortgesetzt und zwar im Sommer bis 5 und im Winter bis 4 Uhr Abends, nach welcher Zeit auch kein Gegenstand mehr in Behandlung genommen werden darf; ausgenommen am U.K. Landrathstage.
Auch bei Eröffnung der Nachmittags-Sitzung wird wiederum Appell gehalten und für Fehlende gilt die gleiche Absenzbuße und Regel, wie oben bei §. 34 Lemma 3.

§. 36. Fortsetzung der Sitzungen.
Die ordentlichen Sitzungen des Landrathes werden in der Regel so viele Tage fortgesetzt werden, bis die Traktanda erledigt ist.

§. 37. Beginn der Verhandlungen mit Protokolllesen und Appell.
Der Anfang der Verhandlungen beginnt immer mit Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung und dessen Genehmigung oder Berichtigung. An den Debatten und Abstimmungen über Protokollsgenehmigung aber hat kein Mitglied Antheil zu nehmen, welches bei der betreffenden Verhandlung abwesend war.
Unmittelbar hierauf erfolgt der Appell und dann allfällige Entschuldigungen oder Verantwortung Seitens früher abwesend gewesener Mitglieder.

§. 38. Fortsetzung und Reihenfolge der Verhandlungen.
Sodann wird zur Behandlung der Geschäfte nach Anleit der Traktanden oder der Tagesordnung geschritten.
In der Regel wird jedes Geschäft mit einer kurzen Anzeige des Inhaltes der Sache von Seiten des Präsidenten und darauf mit Ablesung der einschlägigen Akten eingeleitet.
Wenn da aber ein Mitglied einen Antrag auf sofortige Ueberweisung an eine Landrathskommission für Prüfung oder Begutachtung des Gegenstandes bringt, so soll damit eingehalten und über die Ordnungsmotion abgestimmt werden, welcher in der Regel wird entsprochen werden, wenn die Akten weitläufig oder der Gegenstand wichtig ist.

§. 39. Kommissions-Wahlen.
Jedes Mitglied ist verpflichtet eine auf dasselbe fallende Kommissionswahl oder andern Auftrag des Landrathes anzunehmen und denselben nach besten Kräften und Wissen fördersamst nachzukommen. Unter mehrern Mitgliedern, die für eine Kommission bezeichnet werden, hat immer das Erstgewählte die Verrichtungen des Präsidenten derselben zu übernehmen und die Kommission oder den Ausschuß rechtzeitig zusammenzurufen.

§ 40. Interpellationen und individuelle Anträge.
Jedes Mitglied ist berechtigt Interpellationen oder Eröffnungen und Anträge über nicht in der Traktanda enthaltene Gegenstände von sich aus an Landrath zu machen. Es hat zuvor dem Präsidenten davon Anzeige zu machen, welcher dann in der gleichen Sitzung die Eröffnung selbst machen oder dem Antragsteller sie in Kürze zu machen erlauben wird. Er wird sodann die einläßliche Behandlung des Gegenstandes, wenn derselbe nicht sehr dringend ist, auf Tagesordnung einer künftigen Sitzung anstellen.
In der besonders für solche Anträge gewidmeten Sitzung des U. K . Landrathes am 28. Dezember, wird übrigens jedes Mitglied um solche Anträge angefragt und zur Eröffnung eingeladen werden.

§. 41. Anrede, Vortrag und Kürze.
Die Anrede der an die Behörde Sprechenden, laute: „Hochgeachteter Herr Landammann; Hochgeachtete Herren!" — Jeder soll sich in seinen Vorträgen möglichster Kürze bedienen. Wegen zu großer Breite des Vortrages kann er auch gemahnt, und wenn dieß nicht fruchtet, zur Ordnung gerufen werden.

§. 42. Reihenfolge der Umfrage.
Wenn die Akten und Gutachten eines Gegenstandes verlesen sind, so eröffnet der Präsident die Berathungen (Debatten) durch die Umfrage.
Der Präsident wird , wenn der Gegenstand von einer Kommission oder Behörde beantragt, oder von einer Landraths-Kommission begutachtet ist, zuerst den betreffenden Berichterstatter oder den Präsidenten oder ein Mitglied der antragstellenden Behörde oder Kommission um seine Meinung anfragen; sodann — oder wenn kein solches Kommissional-Gutachten vorliegt — ein Mitglied dem Range nach um seine Meinung anfragen und dann ein, oder je nach der Wichtigkeit der Sache, auch zwei Mitglieder nach Belieben anfragen und sodann das freie Wort eröffnen.

§. 43. Unterbrechung des Wortes untersagt.
Während des Vortrages soll keiner dem Andern ins Wort fallen oder ihn gar unterbrechen; es mag während den Verhandlungen auch nur derjenige an die Versammlung sprechen, dem vom Präsidenten das Wort gegeben.

§ 44. Wortbegehren.
Der Präsident wird das Wort der Reihe nach ertheilen, wie es begehrt wird.
Begehren das Wort Mehrere zugleich, so soll es dem, der in derselben Debatte noch nie gesprochen hat, vor demjenigen gegeben werden, der über den waltenden Gegenstand allfällig schon gesprochen hat. Sonst ist es dem Range nach vorab zu ertheilen.

§. 45. Parlamentarischer Anstand.
In den Vorträgen sollen keine Persönlichkeiten angezogen werden. Keiner soll dem Andern üble Absichten oder schlechte Motiven andichten. Auch soll Niemand grober, beleidigender oder gar beschimpfender Ausdrücke gegen Andere, oder gar gegen Behörden sich bedienen.

§. 46. Zurechtweisung und Bestrafung der Verstöße gegen parlamentarischen Anstand.
Zuwiderhandlungen gegen vorstehende §§. 43 und 45 sollen vom Präsidenten sofort zur Ordnung gerufen werden; der sich hiebei streng von jeder Persönlichkeit hüten wird. Werden die Verstöße wiederholt, oder wird den Mahnungen des Präsidenten nicht sogleich Folge gegeben oder ihnen selbst widersprochen oder der Auftritt sonst gar zu lebhaft, so haben die Fehlbaren sich darum vor dem Landrathe noch besonders zu verantworten.
So auch der Präsident, wenn er seine Stellung vergessen oder gar mißbrauchen sollte.

§. 47. Schluß der Debatten.
Wenn die Debatten zu lange werden, so kann der Schluß der Debatte von Mitgliedern verlangt werden. Wird dieses Verlangen gestellt und solches von einem andern Mitgliede unterstützt, so ist selbes sofort in Abstimmung zu setzen. — Hat „Schluß" das Mehr, so soll in Sache sofort zur Abstimmung geschritten' sonst aber in den Berathungen fortgefahren werden.

§. 48. Wort des Präsidenten und Uebergang zur Abscheidung.
Der Präsident wird das Wort in Sachen für sich nehmen, so oft er für Abkürzung oder Zurückführung der Diskussion zur Sache eine kurze Beleuchtung nöthig erachtet, besonders aber um denn auch seine Meinung abzugeben, nachdem Niemand mehr das Wort verlangt. Nachdem er in Sachen seine Meinung gesprochen, so wird er, bevor er zur Resumtion der Meinungen geht, noch einmal kurz allfälligen Entgegnungen im Allgemeinen Raum bieten, indem er bei Anzeige, daß er nun gesprochen habe und, wenn Niemand mehr das Wort ergreife, zur Abstimmung geschritten werde; eine kleine Pause macht.
Begehrt Niemand mehr das Wort, so wird er die Diskussion geschlossen erklären, und zur Abstimmung schreiten, worauf Niemanden mehr zu sprechen gestattet ist, es sei denn über die Fragenstellung zum Abscheiden.

§. 49. Ordnung im Abscheiden.
Bei der Abscheidung werden die Anträge auf Ueberweisung oder Nichteintreten aus Inkompetenz zuerst, dann andere Ordnungsmotionen, z.B. auf Tagesordnung oder Verschiebung abgeschieden, dann wird zur Resumtion der Anträge in der Sache selbst geschritten.
Hiebei geht die Abstimmung über die Abänderungsanträge (amendements) jener über die Hauptanträge vor, und jener der Abänderungsanträge geht wieder die Abstimmung der Unterabänderungsanträge (sousamendements) voraus. Wer einen Unterabänderungsantrag annimmt, ist darum aber nicht gehalten auch zum Abänderungsantrag zu stimmen, ebensowenig setzt die Annahme eines Abänderungsantrages die Genehmigung des Hauptantrages voraus, sondern gilt nur als eventuell.

§. 50. Entscheid über die Fragenstellung.
Der Versammlung steht der Entscheid zu, wenn die vom Präsidenten in der Resumtion angekündigte Fragenstellung für die Abstimmung bestritten wird , und jedenfalls kann bei der Abstimmung jedes Mitglied die Theilung der Frage oder des Antrages verlangen, wenn sie nur immer noch theilbar ist.

§. 51. Erforderniß von Stimmen zur Gültigkeit eines Beschlusses. Pflicht zu stimmen.
Zu einem gültigen Beschlusse ist die absolute Mehrheit der Anwesenden erforderlich. Daher ist bei jeder Abstimmung — wenn es einer verlangt — das Gegenmehr aufzunehmen.
Für oder wider muß ein jedes anwesende, stimmfähige Mitglied stimmen. Bei Gleichheit der Stimmen (sowohl bei Beschlüssen als bei Wahlen) entscheidet der Sekretär.

§. 52. Offenes Handmehr.
Jede Abstimmung geschieht durch das offene Handmehr.

§. 53. Zurücknahme von Beschlüssen.
Für Zurücknahme eines Beschlusses ist die absolute Mehrheit aller stimmfähigen Mitglieder (seien solche anwesend oder nicht) erforderlich.
Verwahrungen werden keine zu Protokoll genommen.

§. 54. Wahlen. - Vertheidigung dagegen oder Empfehlung dafür.
Die dem Landrathe zustehenden Wahlen werden auch gewöhnlich durch das offene Handmehr getroffen. Auch zu einer gültigen Wahl ist die absolute Mehrheit erforderlich. Kein Angerathener darf mehr als einmal in Kürze zu seiner Entschuldigung das Wort ergreifen.
Wer sich direkte oder indirekte zu einer Wahl empfohlen, ist bei Eiden zum Ausstand verpflichtet.
Keiner darf sich selbst die Stimme geben.

§. 55. Geheime Abstimmung - Skrutinium.
Wenn bei Wahlen ein Antrag auf geheimes Skrutinium fällt, so soll vorab darüber abgestimmt werden, ob das offene Handmehr oder geheime Skrutinium solle vorgenommen werden. Wird Letzteres erkennt, so solle sofort zum Skrutiniren geschritten werden.
Hiezu wird jedem Mitgliede ein Stimmzettel überreicht, worauf es den Namen seines Kandidaten schreibt. D er Sekretär sammelt die Stimmen. Zwei vom Präsidium bezeichnete Stimmenzähler öffnen diese Stimmzettel und verkünden das Resultat. Jedes Skrutinium werden die Stimmenzähler gewechselt. Hat keiner das absolute Mehr der Stimmenden, so fallen vorab die, welche die wenigsten Stimmen auf sich haben, wie beim offenen Handmehr, aus der Wahl.
Bei gerader Stimmenzahl wird allemal der Sekretär seinen Stimmzettel für den eventuellen Fall des Einstehens der Stimmen auch einlegen, um den Entscheid gleich herbeizuführen.

§. 56.
Bei Ledigfallen von Beamtenstellen, die vom Landrathe wieder zu besetzen sind, solle in der Regel vor Eintreten in die Wahl vom Regierungsrathe wenigstens 14 Tage zuvor öffentliche Ausschreibung der Stelle besorgt werden.

VI. Theil.
Besondere Bestimmungen.


§. 57. Verantwortung. Für das, was ein Landrathsmitglied in amtlicher Stellung als solches thut oder spricht, ist es Niemanden anders, als dem Landrathe selbst verantwortlich (Privatinjurien jedoch ausgenommen, für welche der gewohnte Rechtsweg offen steht). Es haben demnach Mitglieder des Landrathes wegen Verstößen gegen die §§. 43, 45 und 46 oder gegen die §§. 32 und 54, sich vor dem Landrathe selbst zu verantworten. Wegen Nichterscheinen verantworten sie sich ohne Weiteres nach verlesener Appell sofort selbst. Für anhaltende Versäumnisse, oder wegen andern wichtigen Verstößen gegen obige Paragraphen, entscheidet nach Austritt, oder in Abwesenheit des Fehlbaren, der Landrath, ob an denselben eine Zitation auf Verantwortung erlassen werden solle. Wird die Frage bejahend entschieden, so hat der Betreffende vor dem Landrathe, wie vor den Schranken eines Gerichtes, geziemend sich zu stellen und zu vertheidigen oder vertheidigen zu lassen.
In Fällen schwerer Vergehen, z.B. von Verletzung des Amts-Eides u. dgl., spricht der Landrath nur den Anklagezustand aus und beauftragt den Staatsanwalt zu Verfolgung des Betreffenden vor dem zuständigen Gerichte.

§. 58. Versetzung in Anklagezustand.
Wenn es sich um Versetzung in Anklagezustand von Landrathsmitgliedern, oder untergeordneter Behörden, vor'm Landrath handelt, sollen vom Kläger oder Beleidigten (ausgenommen, wenn eine Amtsstelle aus aufhabender Verpflichtung klagt) und seinen Verwandten (wenn es Partikularen betrifft) und vom Beklagten (auch sammt Verwandtschaft der betreffenden Partikularen) der Ausstand beachtet werden. Vertheidigung findet da keine statt.

§. 59. Kassation und Vorstände.
Wenn vor Laudrath Vorstände gemacht werden wollen, sei es um Rekurs- oder Kassations-Begehren vorzutragen oder klagend gegen Jemand aufzutreten, so soll der Kläger den Beklagten oder Rechtsgegner, nach Form Rechtens (wie vor Gericht), drei Tage voraus zitiren und auch die Behörde, über deren Ausspruch Kassation oder Rekurs verlangt wird, ebenso lange voraus vom Vorhaben amtlich avisirt, und davon die Bescheinigung aufgelegt werden, sonst kann ins Begehren nicht eingetreten werden.

§. 60. Petitionen und Beschwerden.
Petitionen und Beschwerden sollen in anständiger Form, mit geziemend ehrerbietigem Ausdrucke schriftlich eingegeben werden und mögen dann noch durch einen Fürsprech oder persönlich in mündlichem Vortrage unterstützt werden. Unanständiges und beleidigendes Auftreten wird wegen Formverletzung abgewiesen und kann noch dazu eine entsprechende Ordnungsbuße nach sich ziehen.

§. 61. Sieben-Geschlechtsbegehren.
Sieben-Geschlechtsbegehren sollen wie andere Petitionen gehalten und dürfen auch von einem Fürsprechen vorgetragen werden.
Die Mitglieder müssen aber die Begehren selbst eigenhändig unterschrieben haben oder dann beim Vortrag persönlich zugegen sein.
Auf jeden Fall muß ein bevollmächtigter Ausschuß des Sieben- Geschlechtes anwesend sein, um auf Verlangen in nähere Erörterung eintreten zu können. Falsche Unterschriften oder falsche Vorgaben für Erlangung solcher Unterschriften verfallen dem Strafrichter.

§. 62. Begnadigungs- und Rehabilitations-Gesuche.
Rehabilitations- und Begnadigungs-Begehren um Erlaß von Strafen wegen gewöhnlichen Verbrechen sollen in der Regel nur dann angehört werden, wenn 2/3 tel der ausgefällten Strafe erstanden sind und hiezu muß immer ein Verhaltungsschein und Gutachten von der löbl. Polizei- oder Strafhaus-Direktion aufgelegt werden und das Vortreten mit deren Wissen geschehen. Das Herumlaufen der Familie oder Verwandten des Sträflings bei den Landräthen, um zu berichten, ist verboten.

§. 63. Amnestiebegehren.
Begnadigungsbegehren wegen schweren politischen Straffällen oder von zum Tode Verurtheilten sind nach §. 54 der Verfassung einem zweifachen Landrathe vorzulegen. Die Supplik soll von Letztern knieend, von Erstem sonst mit geziemender Ehrerbietung vorgetragen oder Vorträgen gelassen werden.
Beim zweifachen Landrathe gelten die gleichen reglementarischen Vorschriften, wie beim einfachen Landrathe. Das Berichten ist auch hier verboten.
Die Beiräthe haben gleiche Rechte, Pflichten und Zahlung, wie die Landräthe.
§. 64. Kompetenzfragen.
Bei Kompetenzfragen zwischen administrativer und richterlicher Gewalt ist der Ausstand von Mitgliedern der im Kompetenz-Konflikte begriffenen Behörden zu beobachten.

§. 65.
Klagen aus Verfassungsverletzung sind, mit einem Berichte des Regierungsrathes begleitet, schriftlich vor den Landrath zu bringen.

§. 66. Prüfung von Rechnungen, Rechenschaftsbericht.
Bei Vorlage des Rechenschaftsberichtes und der Rechnungen haben die Mitglieder der Rechenschaft ablegenden Behörde (Regierungsrath oder Kantonsgericht) in Ausstand zu treten, nachdem sie zuvor ihre einleitenden Bemerkungen werden gemacht haben.
Der Präsident wird vor ihrem Abtreten zu Stellung von Bemerkungen und Anträgen auffordern, auf welche die Betreffenden vor ihrem Ausstand noch antworten werden.
Zu näherer Prüfung der Rechenschaft oder Rechnungen und des Büdgets wird in der Regel vom Landrathe eine Kommission aus Nichtbetheiligten niedergesetzt, die sich von der betreffenden zu kontrollirenden Behörde alle nöthigen Aufschlüsse wird geben lassen und dem Landrathe ihre Anträge darüber hinterbringen wird.

§. 67. Sltzgeld und Entschädigung der Landräthe.
Sitzgeld empfängt (vorbehältlich der Ratifikation der hohen Landesgemeinde) jedes Landraths-Mitglied per Tag 14 gute Btz., mit Ausnahme am U. K . Tag (den 28. Dezember) wo anstatt dessen, das bisher übliche Neujahrsgeschenk (84 Btz. oder 12 neue Franken) verabfolgt wird.
Ueberdieß erhält jedes mehr als eine Stunde vom Hauptorte entfernte Mitglied eine Reisezulage von 3 ½ Btz. per Stunde, für den Hin- und Herweg zusammen, nach folgendem

Stundentarife
oder Tarif der Ortsentfernungen und hierauf bezüglichen Reiseentschädigungen, wobei grundsätzlich angenommen ist:

a. daß halbe Stunden nicht in Berechnung fallen,
b. daß die Entfernungen nur vom Hauptorte oder der Pfarrkirche der betreffenden Gemeinde berechnet werden,
c. daß die Reiseentschädigungen bei einer fortlaufenden Sitzungsperiode oder bei einem Zusammentritte nur einmal begutet werden, möge dann dieselbe nur einen oder mehrere Tage aneinander fortdauern.



Außer diesem regelmäßigen Sitzgelde darf sich der Landrath keine andere Zulage dekretiren.
Für besondere neben der Sitzungszeit zu verrichtende Aufträge wird der Landrath den Mitgliedern eine verhältnißmäßige Entschädigung zusprechen.

§. 68. Urtheilgeld.
Für Behandlung von Gegenständen der §§. 59-64 kann der Landrath ein der verbrauchten Zeit entsprechendes Urtheilgeld zu Handen der Staatskasse aussprechen.

§. 69. Veränderung des Reglements.
Vorstehendes Reglement kann nicht durch plötzlichen Antrag abgeändert werden, sondern fallt ein Antrag auf Abänderung desselben, und wird er erheblich erklärt, so kann doch die beantragte Veränderung selbst erst in einem spätern Zusammentritt des Landrathes in Behandlung genommen und definitiv beschlossen werden.

§. 70. Publikation.
Vorstehendes Reglement des Landrathes solle gedruckt, publizirt, der amtlichen Gesetzessammlung, beigefügt und jedem Landrathsmitgliede ein Exemplar mitgetheilt werden.

Landrats-Erkenntnis vom 23. August 1850. Landesgemeinde-Erkenntnis vom 4. Mai 1851.
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RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018