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Gesetzesbestimmungen

Amtliche Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Bd 5 (1853)
Gesetze und Verordnungen, Bd V
Gesetz über die Personenfreiheit im Kanton Uri

LB UR (1853) Bd V S. 114-118
Gesetz über die Personenfreiheit im Kanton Uri
«Der Landrath des Kantons Uri,
In Gemäßheit des §. 13 der Verfassung und auf den Vorschlag der Verfassungs- und Gesetzes-Revisions-Kommission hat beschlossen:

§ 1.
Die persönliche Freiheit im Kantone ist gewährleistet, vorbehalten die nachfolgend durch dieses Gesetz bestimmten Ausnahmen (§. 73 der Verfassung).

§. 2.
Wer demnach Jemanden, über welchen ihm nach den Gesetzen keine Gewalt zusteht, und welchen er weder als Verbrecher zu erkennen, noch als einen gefährlichen Menschen anzusehen, genügende Ursache hat, eigenmächtig festsetzt oder verschlossen hält, oder aus was immer für eine Art an seiner persönlichen Freiheit hindert, oder ihn gewaltthätig zu etwas anhaltet, der soll im geringsten Fall Fr. 63 (Gl. 50), in schwerern Fällen aber, wenn z.B . eine Erpressung damit verbunden ist, kriminell bestraft werden, und es soll das allenfalls von einem solchen Erpreßte nichtig und ungültig sein (Art.-Landb. 261 §. 12). Ist der sich solchermaßen gegen das Gesetz Verfehlende eine Amtsperson, so soll er darum noch ferner nach Maßgabe der Sache, wegen Mißbrauch der Amtsgewalt, bestraft werden.

§ 3.
Auf gleiche Weise wird auch unbefugter Hausuntersuch oder ähnliche Verletzung des Hausrechts bestraft.

§. 4.
Hingegen hat sich Jeder der Verhaftung seiner Person zu unterziehen, wenn dieselbe von kompetenter Stelle gegen ihn verhängt wird.
Bei Nichtfolgeleistung hat er dadurch veranlaßte schärfere Maßnahmen und alle daraus fließenden Folgen und Kosten, nebst einer Ahndung (nach Maßgabe der Sache bis auf Verdopplung der Strafe) an sich zu tragen. So auch bei Hausuntersuchungen.

§ 5.
Die Verhaftung kann gegen Jeden verfügt werden:
1) Wenn erhebliche Anzeigen eines schweren Polizei-Vergehens oder eines Verbrechens gegen ihn vorliegen, oder er eines solchen selbstgeständig oder darum ausgeschrieben ist.
2) Wenn Entweichung, Verabredung mit Mitschuldigen, Vernichtung der Spuren und Beweismittel, oder überhaupt Verdunkelung der Wahrheit und Erschwerung der Untersuchung eines Verbrechens zu befürchten ist.
3) Wenn er auf erhaltene Vorladung vor amtlicher Stelle zum zweitenmal nicht erscheint.
4) Wenn er durch beharrlichen Ungehorsam, Widersetzlichkeit oder Trotz gegen kompetente Behörden sich verfehlt; oder der ihm auferlegten Strafe sich entzieht, oder sie in bezeichneter Frist nicht abträgt.
5) Wenn er als Milize sich eines Disziplinar-Vergehens schuldig macht.
6) Wenn er im Zustande des Wahnsinnes oder der Trunkenheit oder auf andere Weise andern schädlich oder gefährlich oder zum öffentlichen Aergerniß wird, oder die öffentliche Ruhe stört.
7) Wenn er sonst überhaupt ein, wenn auch geringeres Vergehen gegen die Gesetze sich zu Schulden kommen läßt, auf welches Arreststrafe gesetzt ist.
8) Wenn irgend eine Gefangenschaftsstrafe über ihn gerichtlich ausgesprochen wird.

§. 6.
Das Recht, die Verhaftung in obbenannten Fällen zu verfügen, steht zu:
a. Dem Regierungsrath und seinen Delegirten.
b. D er Polizeidirektion des Kantons in allen obbesagten Fällen im Umfange des ganzen Kantons.
c. Den Bezirksammännern oder ihren Stellvertretern ebenso, jedoch nur im Umfange ihres Bezirkes.
d. Dem Kantonal-Verhöramte und dem Staatsanwalt, in den Fällen 1, 2, 3 des vorstehenden §. 5.
e. Der Militärkommission oder den betreffenden kommandirenden Offizieren, in Fällen von Nro. 5.
f. Den betreffenden Gerichtspräsidien, in Fällen von 3, 4 und 8 von vorstehendem § 5.
g. Den Gemeindspräsidenten innert dem Kreise ihrer Gemeinde, jedoch unter sofortiger Anzeige an betreffenden Bezirksammann in dringlichen Fällen von Nro. 1, 2, 6 und 7 von §. 5; namentlich auch, wenn der Betreffende entweder
1) der Flucht verdächtig oder sonst eines herumziehenden Lebenswandels ist, oder
2) durch gerichtliches Urtheil unter polizeiliche Aufsicht gestellt, oder
3) überhaupt einen schlechten Leumund hat.
h. Endlich jeder in Ehren stehende Bürger (Landmann), unter sogleicher Anzeige an nächsten Gemeinds- oder Bezirksvorsteher, wenn er
1) den Thäter auf verbrecherischer That ertappt oder ihn auf seinem Eigenthum verdächtig betrifft, oder
2) wenn er von der Regierung, dem Bezirksammann oder der Polizeigewalt zur Mithülfe ausgefordert ist; oder
3) auch im Falle von Nro. 6, wenn Schaden im Verzug ist.

§. 7.
Jedem Verhafteten solle von den betreffenden Beamteten (Landjägern, Amtsleuten oder Gemeinde-Polizeidienern, Betteljägern) entweder mündlich oder in der Regel schriftlich der Verhaftsbefehl angezeigt und innert 24 Stunden mit ihm ein Präliminar-Verhör vorgenommen oder ihm die Ursache seiner Verhaftung angezeigt werden. Auch solle Jedem die dem Zwecke und der Sicherheit des Verhaftes angemessene Schonung und Milde zu Theil werden, wie es den Untersuchungsrichtern die betreffenden Vorschriften für Behandlung der Verhafteten des nähern vorschreiben werden.

§. 8.
Hausuntersuchung kann von den gleichen im §. 6 benannten Behörden oder Amtsstellen verfügt werden, wenn die in §. 5 Nro. 1 und 2 benannten Fälle eintreffen, oder das Haus als Aufbewahrungsort von Spuren oder Objekten des Verbrechers, oder als Versteck des Verbrechers, mit oder ohne Wissen des Eigenthümers, dringend verdächtig ist. Ein allgemeiner oder leichter Verdacht reicht jedoch dazu hin, wenn das Haus dem Publikum offen steht, wie z.B. Gasthäuser, oder wenn ein Bewohner oder der Eigenthümer desselben gerichtlich unter polizeiliche Aussicht gestellt oder sonst schlechten Leumundes ist.
Eine Hausuntersuchung soll vom betreffenden Untersuchungsbeamteten immer in Gegenwart des Eigenthümers des Hauses oder des betreffenden Miethmannes oder Bewohners der Behausung, oder doch eines der Seinigen, in deren Abwesenheit, der eines Nachbars geschehen.

§. 9.
Wird einer aus dem Verhaft oder einem Hausuntersuch verdachtfrei oder gerechtfertigt entlassen, so solle ihm vom betreffenden Untersuchungsbeamteten ein Legitimations-Schein behändigt werden, welcher dem Besitzer dann jederzeit weiter zu veröffentlichen, frei steht.»

Landrats-Erkenntnis vom. 3. Oktober 1850; Landesgemeinde-Erkenntnis vom 4. Mai 1851.
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RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018