ÜBERSICHT

Name Wappen Siegel Banner Verfassungen Gesetzgebung Landsgemeinde Abstimmungen Wahlen Parlamentarische Vorstösse Eckdaten Bevölkerung Geografie Diverses

BEZIEHUNGEN

Ausland Kantone

Gesetzesbestimmungen

Gesetze zwischen Amtlicher Sammlung und Landbuch, 1863-1890
()
Amtsblatt des Kantons Uri 1886
Steuergesetz für den Kanton Uri

Abl UR 1886 nach S. 240 (Beilage 1, 01-11)
Steuergesetz für den Kanton Uri
«Die Landesgemeinde des Kantons Uri, in Aufhebung des Steuergesetzes vom 6. Juni 1873;
in der Absicht, dem Lande eine Vermehrung der Einnahmen zu schaffen, welche eine angemessene Schuldentilgung ermöglichen wird, ohne deßhalb die Erfüllung der staatlichen Pflichten zur Forderung der allgemeinen Wohlfahrt unterlassen zu müssen;
auf den Antrag des Landrathes, beschließt und verordnet:

I. Steuerpflicht.

Art. 1. Die Deckung der Staatsausgaben, insoweit das Staatsvermögen und die übrigen Staatseinnahmen dazu nicht ausreichen, geschieht durch Erhebung einer Vermögens-, Erwerbs- und Kopfsteuer.

Art. 2. Der Vermögenssteuer ist unterworfen:
a) alles innerhalb und außerhalb des Kantons befindliche, bewegliche und unbewegliche Eigenthum und Guthaben eines im Kanton wohnenden Bürgers, Niedergelassenen oder gesetzlichen Aufenthalters, einer im Kanton bestehenden Gesellschaft, Genossenschaft, geistlichen oder weltlichen Korporation, Stiftung oder Aktiengesellschaft, der Bezirke und Gemeinden
b) das im Kanton befindliche Grundeigenthum (Gebäude, Liegenschaften und deren Zubehör) eines auswärts wohnenden Eigenthümers;
c) das Vermögen einer physischen oder juristischen Person, welches im Kanton verwaltet wird.

Art. 3. Von der Vermögenssteuer sind befreit:
a) aller außerhalb des Kantons befindliche und hierseitigen Eigenthümern gehörende Grundbesitz, welcher nachgewiesener Maßen dorten versteuert wird;
b) das Staats-, Pfarr- und Filialkirchen-, Schul-, Spital- und Armenvermögen;
c) die öffentlichen, zu Gemeindszwecken verwendeten Gebäude:
d) die Haus-, Handwerks- und Feldgeräthe, Kleider und Bücher;
e) alles Vermögen, welches die Höhe von Fr. 2000 nicht erreicht. — Hierüber entstehende Zweifelfälle entscheidet endgültig der Regierungsrath.

Art. 4. Von dem steuerpflichtigen Vermögen dürfen allfällige Schulden in Abzug gebracht werden. Ein Schuldenabzug kann jedoch nicht eintreten bei den Steuergegenständen des Art. 2, lit. b.

Art. 5. Handels- und Fabrikationsgeschäfte irgend welcher Art, die im Kanton betrieben werden und auf Aktien oder Antheilscheinen beruhen, haben die Totalsumme ihres einbezahlten Aktienkapitals, den Reservefond und die übrigen Vermögenstheile als Einheit zu versteuern, wogegen die im Kanton wohnhaften Eigenthümer solcher Aktien oder Antheilscheine dieselben bei ihrer persönlichen Besteuerung in Abzug zu bringen berechtiget sind (vorbehältlich die Gemeindesteuern).
Aktien und Antheilscheine von Unternehmungen irgend welcher Art, welche außerhalb des Kantons betrieben werden, dürfen von herwärtigen Eigenthümern bei der Steuer nicht in Abrechnung gebracht werden.
Glaubt Jemand andere Werthtitel zu besitzen, die wegen Doppelbesteuerung hierorts von der Steuerpflicht befreit seien, hat er dieselben dem Gemeinderath, bezw. dem Reg.-Rath in Original vorzulegen, behufs Entscheidung und Eintragung in ein Kontrollbuch.

Art. 6. Der Regierungsrath wird, behufs gleichmäßiger Taxation der Gebäude, Liegenschaften und Waldungen, ei. e. Schatzung derselben durch die Gemeinderäthe vornehmen lassen, nach Maßgabe des Verkaufswerthes und Ertragnisses.
Je von 15 zu 15 Jahren sollen diese Schatzungen erneuert werden. Bei wesentlichen Veränderungen in den geschätzten Objekten kann der Gemeinderath in der Zwischenzeit auf Verlangen des Eigenthümers oder von sich aus den Abgang oder Zuwachs ermitteln lassen. Die Schatzungen sind dem Regierungsrathe zur endgültigen Genehmigung vorzulegen.

Art. 7. Die Werthtitel aller Art sind zum Nennwerthe und alte, ausstehende Hypothekarzinse zu 4 % in Anschlag zu bringen. Waarenlager und gewerbliche Einrichtungen, deren Bestand Schwankungen unterworfen ist, sind zum Durchschnittswerthe zu berechnen.

Art. 8. Vermögen, an welchem Nutznießungsrechte bestehen, sind vom Nutznießer zu versteuern. Liegt das Vermögen jedoch außerhalb des Kantons, so ist die Nutzuießungssumme in ihrem 20fachen Betrage als Vermögen hier zu versteuern. Das Gleiche gilt für Leibrenten.

Art. 9. Das gesammte Vermögen einer in ungetrennter Haushaltung lebender Familie oder der unter väterlicher Gewalt stehender Glieder derselben ist als Einheit zu betrachten und vom Haupte der Familie zu versteuern. Eine Ausnahme hievon darf nur gemacht werden, wenn erwiesener Maßen Vermögenstheilung Form Rechtens (Vertretung Minderjähriger durch die Vormundschaftsbehörden) stattgefunden hat und ein von sämmtlichen Interessenten und ihren gesetzlichen Vertretern anerkannter und rechtsgültig genehmigter Theilungsakt vorliegt. Vermögensabtretungen an Dritte dürfen nur dann in Abrechnung gebracht werden, wenn die Uebergabe und Abtretung in rechtsgültiger Weise stattgefunden hat und nachgewiesen wird.

Art. 10. Der Erwerbssteuer ist unterstellt: der Erwerb und das Einkommen aller im Kanton befindlichen Bürger, Niedergelassenen, gesetzlichen Aufenthalter, Gesellschaften, Genossenschaften, geistlichen und weltlichen Korporationen, Stiftungen und Aktiengesellschaften, welche sich ans Handel, Fabrikation, Gewerbe, aus jedweder Berufsart, Beamtung, Anstellung, Pfründe u. dergl. ergeben, weß' Namens der Erwerb und das Einkommen auch sein mögen.

Art. 11. Von der Erwerbssteuer sind befreit:
a) die mit Gewinnung des Erwerbes verbundenen Unkosten, einschließlich einen Zins von 4 ½ % von dem effektiv eingeschlossenen, eigenen und im Kanton als Vermögen versteuerten Betriebskapital, mit Ausnahme der Haushaltungskosten ;
b) der Erwerb und Lohn gewöhnlicher Handwerksgesellen und Dienstboten, insofern jene Fr. 300 im Jahr nicht übersteigen und dieses weder eine eigene Haushaltung führen, noch ein Geschäft oder einen Berns auf eigene Rechnung betreiben;
c) jeder Erwerb bis und mit Fr. 700. Sind in einer ungetrennten Haushaltung mehrere Familienglieder zur Entrichtung einer Erwerbssteuer verpflichtet, so darf nur eines derselben das Existenzminimum in Abzug bringen.

Art. 12. Der Erwerb eines Geschäftes, das aus einer Mehrzahl von Theilhabern oder aus Aktien beruht, ist sammthaft zu versteuern und es wäre somit eine Theilung des Erstern auf die einzelnen Theilhaber zu Steuerzwecken unstatthaft. Gratifikationen und Tantiemen sind vom steuerpflichtigen Jahresgewinn nicht in Abrechnung zu bringen.

Art. 13. Erwerbsgesellschaften, deren Geschäftsbetrieb sich regelmäßig auf einen Theil des Kantons erstreckt, haben ihr Vermögen und ihren Erwerb im Verhältniß der auf Urner Gebiet liegenden Betriebsstrecke zur Gesammtlänge der Letztern zu versteuern.

Art. 14. Die Kopfsteuer haben alle Kantonseinwohner männlichen Geschlechtes mit erfülltem 20. Altersjahre zu entrichten, sofern sie Bürger, Niedergelassene oder gesetzliche Aufenthalter und nicht armengenössig sind. Sie beträgt im einfachen Ansatze 50 Rappen.

Art. 15. Die Steuerpflicht beginnt bei Vermögen und Erwerb, sobald Jemand in Besitz von solchem gekommen ist und bei der Kopfsteuer, sobald der männliche Einwohner das 20. Altersjahr erfüllt hat, und sie erstreckt sich auf die Dauer des Aufenthaltes, bezw. Geschäftsbetriebes im Kanton. Wer im Laufe des Jahres in oder außer den Kanton zieht, ist folgerichtig nach Maßgabe seines hierseitigen Aufenthaltes bezw. Geschäftsbetriebes steuerpflichtig.

Art. 16. Jeder ist pflichtig, seiner Steuerpflicht in derjenigen Gemeinde Genüge zu leisten, in welcher er den größten Theil des Jahres wohnt, bezw. sein Geschäft betreibt, oder die Verwaltung des steuerpflichtigen Vermögens besorgt wird.
Gesellschaften und Private, welche in mehreren Gemeinden steuerbares Vermögen besitzen, oder deren Geschäft sich über eine Mehrzahl derselben ausdehnt, haben die Eingaben in derjenigen Gemeinde zu machen und zu versteuern, wo sie, bezw. ihre Vertreter, wohnen, bezw. die Hauptniederlassung im Kanton sich befindet.

II. Steueranlage. Art. 17. Die einfache Vermögenssteuer beträgt 59 Rp. vom Tausend. Für Vermögen von Fr. 30,000 und mehr werden jedoch Zuschläge gemacht. Die Progression wird in folgender Weise geübt:
Es bezahlen Vermögen bis und mit Fr. 29,000. — 50 Rappen vom Tausend, dann von

(Scan)

Art. 18. Die einfache Erwerbssteuer beträgt 25 Rappen vom Hundert. Ein Steuerbetreffniß von Fr. 1001 an wird jedoch progressiv besteuert:
Es bezahlt ein Erwerb bis und mit 1000 Fr. 25 Rappen vom Hundert, dann von

(Scan)

Art. 19. Die Steuer nach obigen Ansätzen ist jeweilen von dem gesammten steuerpflichtigen Vermögen oder Erwerb zu entrichten.

Art. 20. Das Vermögen der Bezirke Uri und Ursern unterliegt der Progression nicht. Die Selbsttaxationen derselben sind direkt dem Regierungsrathe einzureichen.

III. Ausmittelung des steuerpflichtigen Vermögens und Erwerbs.

Art. 21. Alle 8 Jahre findet im Kanton eine allgemeine Revision der Steuerregister statt. Aenderungen der Steueransätze durch Erbschaft, Theilung, Kauf, Verkauf, Gehaltserhöhung u. dergl. werden alljährlich einer Zwischenrevision unterstellt.

Art. 22. Jeder Steuerpflichtige ist gehalten, nach bestem Wissen und Gewissen sein Vermögen und Erwerb im ganzen Umfange und nach dem wahren Werthe, auf einem vom Regierungsrathe festzusetzenden Formulare, zu taxiren und seine Angaben mit der eigenhändigen Unterschrift zu bekräftigen.

Art. 23. Die Selbsttaxationsformulare werden durch die Gemeinderäthe bei Haupt- und Zwischenrevisionen und neuem Ansitz jedem Steuerpflichtigen zugestellt und von ihnen wieder in Empfang genommen. Sie fertigen in Doppel ein genaues Register aller Steuerpflichtigen in der Gemeinde an und tragen in dasselbe auch die Selbsttaxationen ein.

Art. 24. Dem Gemeinderath liegt ob, die eingegangenen Selbsttaxationen genau zu prüfen. Findet er dieselben zu niedrig oder hegt er Zweifel über deren Richtigkeit, so muß er nach vernommener Rechtfertigung eine angemessene Erhöhung der Ansätze eintreten lassen. Steuerpflichtige, welche die Eingabe der Selbsttaxation versäumten, sind vom Gemeinderath zu taxiren. Nach seinem Ermessen kann er Steuerpflichtige vorladen um schriftliche Auskunft angehen, Fachmänner und Sachverständige beiziehen, und sich bei allen öffentlichen Verwaltungen, Kanzleien u. dergl. Rath und Aufschluß erholen. Jede vorgenommene Aenderung der Selbsttaxation muß dem Betroffenen schriftlich zur Kenntniß gebracht werden. Gibt er sich mit dem Entscheide nicht zufrieden, steht ihm der Rekurs an den Regierungsrath offen. Dem Letztern sind übrigens, nach Schluß der Revision, sämmtliche Register und Akten des Gemeinderathes zuzustellen, behufs Prüfung und eventueller Abänderung der von ihm festgesetzten oder genehmigten Ansätze. Die bezüglichen Rekursentscheide und Aenderunqen sind den Betroffenen ebenfalls schriftlich mitzutheilen.

Art. 25. Gegen diese Verfügung des Regierungsrathes steht dem Steuerpflichtigen der Weiterzug an das Kantonsgericht offen. Der Rekurrent hat hier von Gesetzes wegen ein genaues Inventar und einen vollständigen Bücherauszug (sofern Bücher geführt werden) über alle Vermögens- bezw. Erwerbstheile aufzulegen und dessen Richtigkeit und Vollständigkeit zu beschwören. Bei Rekursen über Werthtitel, für welche der Ausschluß wegen Doppelbesteuerung geltend gemacht wird, ist die eigenthümliche Zugehörigkeit eidlich bezw. handgelübdlich zu erhärten. (Siehe Art. 5, letzter Absatz.)

Art. 26. Das Kantonsgericht wird in seinem Urtheile an Hand dieses Gesetzes dann den endgültigen Betrag des steuerpflichtigen Vermögens bezw. Erwerbes und allfälliger Nachsteuern festsetzen.

IV. Steuerbezug.

Art. 27. Sobald der Regierungsrath seine Revision vollendet, stellt er die Register wieder dem Gemeinderathe zu und setzt den Zeitpunkt des Einzuges der Steuer fest, .welch' Letzterer gegen eine angemessene Entschädigung durch den Gemeinderath zu geschehen hat. Zu diesem Behufe hat er das in seinen Händen gebliebene Steuerregisterdoppel nach den endgültig festgesetzten Ansätzen zu bereinigen. Jedem Steuerpflichtigen wird alsdann eine schriftliche Aufforderung zur Bezahlung der Steuer, mit Angabe des Betreffnisses für Vermögen, Erwerb und Kopf, zugestellt, welche nach erfolgter Entrichtung quittirt und dem Steuerbezahler überlassen werden soll. Die Steuer von Grundstücken und Gebäuden auswärts Wohnender hat der Eigenthümer, bezw. Pächter zu entrichten; diejenige von andern: hierorts verwalteten Vermögen Auswärtiger der Verwalter desselben. Die Entrichtung der Steuer nach Verfluß des Termins zieht einen Zuschlag von 5 % der Steuersumme nach sich.

Art. 28. Ist der Steuereinzug vollendet, hat der Gemeinderath mit dem Kantonssäckelamte abzurechnen und gleichzeitig ein Doppel des Steuerregisters ihm abzugeben.

V. Folgen unrichtiger Steuerangaben.

Art. 29. Wenn ein Steuerpflichtiger Vermögen, Erwerb oder Kopfsteuer verheimlicht, oder die Abrechnung nicht bestehender Schulden erwirkt hat, so soll von ihm oder seinen Erben, welche hiefür solidarisch haftbar sind, auf fünf Jahre zurück, sofern sie nicht den Beweis leisten können, daß das vorenthaltene Steuerbetreffniß erst später entstanden ist, das Dreifache der entzogenen Steuer nachbezahlt werden. Die eine Hälfte der Nachsteuer fällt in die Staatskasse, die andere in die Kasse derjenigen Gemeinde, in welcher die Steuer zu entrichten gewesen wäre

Art. 30. Die Gerichte, Waisenämter, Gemeinderäthe, Bezirksräthe, Landschreiber und jede andere Behörde und Amtsperson sind bei persönlicher Verantwortlichkeit verpflichtet, jeden ihnen bekannt gewordenen Fall einer Steuerverschlagniß dem Regierungsrathe zur Kenntnis; zu bringen. Derselbe wird daraufhin einen genauen Untersuch anheben und den Betrag der Nachsteuer festsetzen. Gegen diesen Entscheid steht der Weiterzug an das Kantonsgericht offen, welches bei Beurtheilung des Rekurses an das Verfahren des Art. 23 gebunden ist.

Art. 31. Verwalter von Privat-, Gesellschafts-. Genossenschafts-, Korporations- und Stiftungsvermögen und Direktoren von Aktiengesellschaften, Handels- und Fabrikationsgeschäften sind für die von ihnen absichtlich verheimlichte Vermögens- und Erwerbsteuer persönlich verantwortlich und haftbar.

VI. Allgemeines.

Art. 32. Der Grundsatz der Steuerprogression darf bei Bezirks- und Gemeindesteuern keine Anwendung finden.

Art. 33. Der Landrath wird zum Erlaß einer Vollziehungsverordnung bevollmächtigt und beauftragt.

Art. 34. Im Laufe dieses Jahres soll eine Revision der Steuerregister stattfinden, damit der Steuerbezug jeweilen im Anfange des Jahres geschehen kann. Die Steuererhebung nach den Vorschriften dieses Gesetzes soll zum ersten Male im Jahre 1887 geschehen.»


-------------------------

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018