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Gesetzesbestimmungen

Gesetze zwischen Amtlicher Sammlung und Landbuch, 1863-1890
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Amtsblatt des Kantons Uri 1884
Verordnung betreffend die Massregeln zum Schutze gegen die Cholera

Abl UR 1884 nach S. 336 (01-04)
Verordnung betreffend die Massregeln zum Schutze gegen die Cholera
«Die Sanitätspolizeikommission, in Ausführung der bundesräthlichen Verordnung vom 4. dieses Monats, und im Auftrag des h. Regierungsrathes beschliesst und verordnet:

1. Jede Gemeinde hat eine Gesundheitskommission von 3—5 Mitgliedern zu ernennen, welche unter Oberaufsicht der Sanitätspolizeikommission die unten bezeichneten Schutzmassregeln auszuführen verpflichtet ist:
a. Es wird vorerst in allen grössern, starkbewohnten, ferner in allen armen oder unsaubern Häusern, dann in allen Gasthäusern, Gefängnissen, Armen- und Waisenhäusern, Schulen und Krankenasylen eine Inspektion vorgenommen und über jedes einzelne Haus ein Bericht abgegeben, in welchem namentlich die vorhandenen Uebelstände, soweit diese die Bevölkerung der Räume, die Reinlichkeit derselben, die Ernährung und die Lebenshaltung der Bewohner, den Zustand der Wasserversorgung, der Aborte und Senkgruben, die Anhäufung von Dünger und Unrath an öffentliche Plätzen und Strassen betreffen, näher bezeichnet und die Mittel zur Abhülfe vorgeschlagen werden sollen.
b. In einem kurzen, nicht über 14 Tage reichenden Termin soll eine Nachinspektion gemacht und das Dringendste auf öffentliche Kosten, Rückgriff auf die rechtlich zur Leistung Verpflichteten vorbehalten, sofort ausgeführt werden.
c. Zu den dringenden Massregeln gehört namentlich auch die Unterstützung Armer durch Verabreichung von Nahrungsmitteln und durch Hülfe beim Reinmachen der Wohnungen.
d. Brunnen und Wasserstuben sind zu reinigen, verdächtige und schlechte bis auf Weiteres zu schliessen.
e. Senkgruben und Jauchebehälter müssen auf reinliche und rasche Weise geleert werden und ist dafür nur die Zeit von Abends 9 Uhr bis Morgens 4 Uhr anberaumt.

2. Die Gemeinderäthe, auf Vorschlag der Gesundheitskommissson, haben sofort fürzusorgen, dass im Falle des Bedürfnisses in jeder Gemeinde ein passendes Haus bereit und innert 24 Stunden nach einer von der Sanitätspolizeikommission erhaltenen Weisung zu beziehen sei, um hülflose Cholerakranke aufzunehmen und zu verpflegen. Dabei ist die Thatsache zu beachten, dass Cholerakranke keinen weiten Transport vertragen. Wo Krankenanstalten vorhanden sind, können dieselben geräumt und zu Choleraspitälern gemacht werden; im andern Fall wäre ein einzelstehendes Privathaus eventuell zu miethen oder auch eine hölzerne, aber gut heizbare Baracke herzurichten. Ebenso sind Betten und sonstiges Mobiliar eventuell zu kaufen oder zu miethen.
Der Gemeinderath der Gemeinde Altdorf, die vorderhand als einzige Abgabestation der Gotthardbahn in hiesigen Kanton bezeichnet ist, hat fürzusorgen, dass die nöthigen Einrichtungen für Aufnahme von Kranken ohne Säumen getroffen werden.

3. Ferner ist an grössern Ortschaften, als Altdorf, Andermatt, Erstfeld, Flüelen, Göschenen jetzt schon ein Haus in Aussicht zu nehmen, welches als Zufluchtsstätte für die gesunden Bewohner eines Choleraherdes dienen könnte.

4. Es ist für jede Gemeinde ein Beamter oder Angestellter von genüglicher Qualifikation zu bezeichnen, der beim Herannahen wie bei dem Ausbrechen der Seuche die Desinfektion übernimmt, beziehungsweise leitet. Derselbe bezieht vorläufig aus der Gemeindekasse eine Begutung bis auf Fr. 3 pr. Tag. 5.

5. Der Desinfektion unterliegen:
a. alle öffentlichen Bedürfnissanstalten; (die Desinfektion der Bahnaborte ist sammt den diessbezüglichen Verpflichtungen der Bahnverwaltung überbunden).
b. die Aborte aller Wirthshäuser, Schulhäuser, Fabriken, Gefängnisse, Armen- und Waisenhäuser, und ebenso diejenigen aller Cholerahäuser, Zufluchtshäuser, Spitäler;

6. Die Desinfektionsmittel werden von den Gemeinden angeschafft und durch ihre Angestellten unmittelbar verwendet, nicht aber den Hausbewohnern zu gutfindendem Gebrauche übergeben.

7. Die Aerzte sind verpflichtet, jeden ihnen vorkommenden Fall von Cholera sofort bei der Gesundheitskommission der betreffenden Gemeinde schriftlich anzuzeigen, welche diese Anzeige sofort an die Sanitätspolizeikommission übermitteln wird.
Wo keine ärztliche Behandlung stattfindet, ist der Vorstand einer Familie oder Wirthschaft, eines Eisenbahn- oder Postzuges, soweit ihm die Erkennung der Krankheit zugemuthet werden kann, in gleicher Weise zu sofortiger Anzeige angehalten.
Gasthöfe und Privathäuser, in welchen Personen Quartier nehmen, die aus infizirten Gegenden kommen, sind angewiesen, jeweilen von solchen Zuzügern der Gemeinds-Gesundheitskommission Anzeige zu machen und von jeder irgendwie Verdacht erregenden Erkrankung derselben Kenntniss zu geben.

8. Gemeinderäthe und Polizeibeamte werden hiemit aufgefordert, schlechtes Getränke, das ausgeschenkt wird, sowie ungesunde und verdorbene Lebensmittel und unreifes Obst, welches feilgeboten wird, sofort in Beschlag zu nehmen und die Schuldigen der Staatsanwaltschaft zu verzeigen.

9. Die Gemeinderäthe haben über die getroffenen Wahlen der Gesundheitskommission und der Desinfektionsbeamten der Sanitätspolizeikommission nach Ablauf von 8 Tagen schriftlichen Bericht zu erstatten, ebenso nach Ablauf von 14 Tagen über die getroffenen Anordnungen und die Ergebnisse der vorgenommenen Nachschau.

10. Die dieser Verordnung Zuwiderhandelnden sind nach Massgabe des Art. 145 des Ldb. mit einer Busse von Fr. 17.58 zu belegen und bei grösserer Gefährde selbst noch schärfer zu bestrafen.»


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RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018