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Gesetzesbestimmungen

Revidierte Müller- und Bäckerordnung
LB UR (1853) Bd V S. 208-215. / Freitag, 6. August 1852

«Der Landrath des Kantons Uri,
Von der Nothwendigkeit einer Revision der bestehenden Bäcker-Ordnung überzeugt, nach eingesehenem Gutachten der Finanz-Kommission und auf den Vorschlag des Regierungsrathes,
verordnet und beschliesst:

§. 1.
Jeder Bäcker oder Pfister ist verpflichtet, den Backofen, die Züge und das Kamin desselben durchaus feuerfest, nach Forderung der Feuer-Polizeiverordnungen, einzurichten.

§. 2.
Der Bäcker soll bei Zubereitung und Aufbewahrung des Brodes, wie der Müller bei jener des Mehles, sich der grössten Reinlichkeit befleissen.
Auch hat jeder Müller und Bäcker sich mit einer guten, amtlich geprüften Waage mit dem nöthigen gefeckten eisernen Gewichte (der Müller zudem mit den nöthigen gefeckten Mehlmaassen) zu versehen, nach welchen er seine Waare auszumessen und auszuwägen hat.

§. 3.
Die Bäcker sollen ein gewohntes, gutes Mittel-Brod, in landesüblicher Form und Gestalt (Hälberlein-Brode) backen, und zwar soll dieses Brod in rechter Qualität von einzügigem Mehl ohne geringste Vermischung ausgegeben und verkauft werden, immer gut durchgebacken sein und einen gehörigen Rand (Rinde) haben.

§. 4.
Alle Bäcker sind verpflichtet, ihr Brod um den jeweiligen, obrigkeitlich bestimmten Brodpreis auszugeben, im gehörigen Gewicht, welches für's ganze Paar Brod zu je wenigstens 4 Pfund und 4 Loth Zurz. Gewicht, und für ein einfaches Brod oder zwei Paar Hälberlein zu wenigstens 4 Pfund Zurz. Gewicht vorgeschrieben ist.
Diese Bestimmungen haben nicht Bezug auf die s. g. Weggli und anderes Luxusbrod, doch aber sollen die s. g. Mutschlein oder Mügerlein im Verhältniss von 16 Stück auf ein Paar Brod im Teiggehalt und Preis stehen.

§. 5.
Es sollen auch die Müller Jedermann, der ihnen zu mahlen gibt, das Mehl von seiner Waare in Gewicht und Maass gehörig und recht geben, und aus Begehren solches bei Empfang und Rückgabe vorwägen müssen, jedem gewissenhaft das Seinige für das Seinige wiedergeben, und nichts verändern noch verfälschen, sondern sich mit dem gebührenden Lohn begnügen.
Auch sollen sie das Mehl in gehörigem Maass und um den amtlich festgesetzten Preis ausgeben oder ausmessen.
In der Taxe oder Preisbestimmung sollen zweierlei Qualitäten Mehl, nämlich eine bessere, gewohntes „Weiss- oder Ausmessmehl", und eine schlechtere, „Röstmehl" angesetzt und jeder Gattung Mehl der Preis bestimmt werden.

§. 6.
Der Schlag oder obrigkeitlich festzusetzende Preis des Brodes und Mehles richtet sich in der Regel nach dem Fruchtpreis des Luzerner Marktes, nach folgender Berechnung:
Das neue Malter Kernen, Luzerner oder deutsche Frucht, wird (nach der Luzerner Kornhaus-Ordnung) zu 205 Pfund Neu-Schweizer-Gewicht angenommen, was circa 194 Pfund hiesigen oder Zurzacher Gewichtes gleich kommt.
Nach dem Normal- oder Durchschnitts-Verhältniss gibt ein solches neues Malter Kernen circa 160 Pfund Mehl, 5—10 Pfund Griessmehl, 20—28 Pfund Krüsch und etwa 2—3 Pfund Flug, welches Normal-Verhältniss von den Müllern beim Mahlen nach Beschaffenheit der Frucht möglichst soll eingehalten werden, und als ordentlicher Massstab beim Mahlen von Kernen um den Lohn gelten soll.
Für Transportspesen anher wird Fr. 1. n. W. und eben so viel als Provision zugerechnet, so dass ein Zuschlag von Fr. 2 n. W. zum Luzerner Kernenschlag den hiesigen Schlag oder Verkaufspreis für ein Malter Kernen ausmacht.
Für Salz, Holz und Bäckerlohn werden fernere 3 n. Fr. hinzugerechnet, dieser Betrag dann mit 50 getheilt, als der Anzahl von Landbroden, welche wenigstens aus einem neuen Malter Kernen gebacken werden. Das herauskommende Resultat gibt den Preis eines gewöhnlichen Paar Brodes. Der Preis eines Bechers oder von 2 Pfund Weissmehl ist gleich 3/5 tel des Brodpreises, das Röstmehl kostet 1/10 tel weniger. Es ist ihnen auch erlaubt, Weiss- und Rauchbrod im verhältnissmässigen Gewicht zum Mittelbrode zu backen und auszugeben. 3 ½ Pfund Weiss- und 4 ½ Pfund Rauchbrod stehen 4 Pfunden gewöhnlichen Landbrodes im Preise gleich.
Der Becher Mehl soll allzeit 2 Pfund halten, so dass es dem Käufer frei stehen soll, das Mehl beim Gewicht oder Maass zu nehmen.
Besonders seines Semmel- oder Pfundmehl ist in dieser Taxation nicht inbegriffen.

§. 7.
Der Ertrag des Krüsches und Griessmehles wird dem Müller als Mahlerlohn und Provision fürs Auswägen überlassen.
Wenn aber Jemand dem Müller Kernen zu mahlen gibt, so soll demselben für einen neuen Franken Lohn das neue Malter gemahlt werden, kleinere Quantitäten im billigen Lohnverhältniss, wobei freilich der Müller nicht für das Produkt mit 160 Pfund an gutem Mehl, wohl aber für nicht mehr Abgang, als 4 Pfund Flug per Malter gut zu stehen hat (bei ½ Pfund jedoch nicht zu gefahren).
Auch ist jeder Bäcker verpflichtet, für einen Lohn von 3 n. Fr. auf das Malter, oder 1 ½ Rp. per Pfund Brod, jedem Landmanne das ihm übergebene Mehl zu Landbrod zu verbacken.

§. 8.
Bei der Berechnung des Brod- und Mehlschlages werden Bruchtheile unter einem neuen Rappen entweder weggelassen oder für einen ganzen genommen, je nachdem sie über oder unter der Hälfte eines neuen Rappens betragen.
Beim Schlag für das Malter Kernen wird es dessgleichen gehalten mit allem, was unter 20 neuen Rappen zurück bleibt.

§. 9.
Für die entferntem Orte des Landes wird der Brod- und Mehlpreis aus nachfolgende Orte durch Gestattung einer Zulage für den Transport geregelt.
Es mag in Amsteg jedes Mltr. Rp. 50, jedes Paar Brod Rp. 2,
Es mag in Wassen jedes Mltr. Fr. 1, jedes Paar Brod Rp. 3,
Es mag in Ursern jedes Mltr. Fr. 1 ½, jedes Paar Brod Rp. 5,
und der Becher Mehl nach Verhältniss höher ausgegeben werden.
Wenn nach nachstehendem Paragraphen hingegen die Frucht von Italien her wohlfeiler zu beziehen ist, so mag die Preisdifferenz entweder aufgehoben, oder der Brodpreis in besagten Ortschaften im gleichen Verhältniss umgekehrt wohlfeiler bestimmt werden.
Für die dazwischen oder von der Landstrasse abgelegenen Gemeinden, wie Göschenen, Meien, Gurtnellen, Schächen- und Isenthal etc., mag ein billiger Tragerlohn nach Verhältniss zugeschlagen werden. — Sollten diessfalls Klagen über Unbilligkeit erfolgen, so ist der h. Regierung vorbehalten, nach Umständen einzuschreiten.
Weder Bäcker und Müller, noch Wirthe und Kleinhändler, im ganzen Lande (Kanton) dürfen ein Mehreres auf das zu verkaufende Brod oder Mehl schlagen, als hiermit festgesetzt ist.

§. 10.
Wenn hingegen der Fall eintritt, dass die italienische Frucht im hiesigen Lande mit der deutschen oder Schweizer-Frucht konkurrirt, so ist es dem Regierungsrathe anheimgestellt, den Brodpreis amtlich so festzusetzen, dass, nach Massgabe der Umstände und der Konkurrenz, wenn diese sich die Waage hält, in der Berechnung der Taxe, der Zuschlag der Fracht von Luzern nach dem betreffenden Orte wegfalle, oder bei überwiegender Konkurrenz der italienischen Frucht die gleiche Frachtdifferenz vom Luzerner Kornmarktpreis sogar in Abzug gebracht werde.

§. 11.
Der Schlag oder die obrigkeitliche Brod- und Mehltaxe soll je am Mittwoch, Morgens 9 Uhr (sofern der Wochenmarkt in Luzern am Dienstag abgehalten worden) und in den andern Gemeinden unmittelbar nach Ankunft der Post, durch welche der Tarifzettel versendet worden, ausgegeben werden und in Kraft treten. Beinebens soll die Mehl- und Brodschatzung gleich durch das Amtsblatt veröffentlicht werden.

§. 12.
Die Berechnung der Mehl- und Brodtaxe geschieht unter Aufsicht der Finanzkommisston; sie wird die Ausfertigung und Aushingabe durch ihren Sekretär, den Finanzschreiber, besorgen lassen.

§. 13.
Jedes Dorfgericht, in dessen Gemeinde eine Mühle oder Bäckerei besteht, soll wenigstens jeden Monat einmal, jedoch zu unbestimmter Zeit und unversehens, das Brod wägen und die Beschaffenheit des Brodes und Mehles, der Waage und des Gewichtes bei den Müllern und Bäckern untersuchen.
Das Brod soll, einen Tag oder circa 24 Stunden alt, gewogen werden. Wird das Brod zu leicht befunden, so soll der Betreffende mit einer Ordnungsbusse belegt und dasjenige Brod, welches 1—2 Loth zu leicht ist, durch einen Einschnitt gezeichnet, dasjenige aber, dem 3 oder mehr Lothe fehlen, sogleich weggenommen werden. Alle Vierteljahre sollen sie vom Resultate des Untersuchs und Wägens genauen Rapport an die Polizeidirektion, zu Handen des Regierungsrathes, abstatten und die Achtbaren verzeigen.
Dafür kommen ihnen die selbstausgefällten Geldbussen zu, sowie den Armen der Gemeinde das weggenommene zu leicht befundene Brod.

§. 14.
Der Bäcker ist überdiess verpflichtet, dem Käufer das Brod vorzuwägen und das an Gewicht allenfalls Mangelnde zuzulegen, wenn ers verlangt. Auch ist auf die Klage eines Privaten der Gemeindspräsident (oder die Polizeidirektion) verpflichtet, bei demjenigen Müller oder Bäcker, gegen welchen Klage geführt wird, sofort eine Untersuchung vornehmen zu lassen. Dem Kläger kommt vorab der Dritttheil der auszufällenden Busse als Klägerlohn zu.

§. 15.
Jeden Bäcker, der das gesetzlich bestimmte Gewicht in seinem Brode nicht hat, verfällt das Dorfgericht unerlässlich in eine Ordnungsbusse von 25 Rp. von jedem fehlenden Loth im ersten Male, im ersten Rückfalle in eine solche von 50 Rp. per Loth, und bei fernem Rückfällen von 1 Fr. per Loth. Nebst obigen Strafen soll übrigens das zu leicht befundene Brod in dem bei §. 13 bezeichneten Falle weggenommen werden.

§. 16.
Sollte ein Müller oder Bäcker, oder ein Mehl- oder Brodhändler sich beigehen lassen: a) verdorbene, der Gesundheit schädliche Waare in Verkehr zu setzen, oder b) eine unrichtige Waage oder zu leichtes oder ungesetzliches Gewicht zu führen, oder c) sich in Bezug auf die im vorstehenden Paragraphe bemerkten Straffälle des dritten oder mehrern Rückfalles, oder endlich d) der Uebertretung anderer in dieser Verordnung enthaltenen Vorschriften schuldig machen, so ist ein solcher dem Regierungsrathe zu verzeigen und von diesem dem Strafgerichte zu überweisen. Der Schuldbare verfällt in eine Strafe von 30—100 n. Fr., auch kann das Gericht in Fällen von a b und c damit die Einstellung des Gewerbes oder Schliessung der Mühle oder des Bäckerladens verbinden.
Bei beharrlicher Weigerung der Aushingabe von Mehl und Brod für den ordentlichen Bedarf der Käufer, um die gesetzliche Taxe, wird auch der Regierungsrath von Polizeiwegen diese Schliessung anordnen.

§. 17.
Alle Diejenigen, die aus benachbarten Kantonen in unsern Kanton kommen, um Mehl oder Brod zu verkaufen, oder solches zu diesem Zwecke anher bringen, sind sämmtlichen Vorschriften dieses Gesetzes und im Falle ihrer Uebertretung auch den nämlichen Strafen, gleich den Bewohnern des Kantons, unterworfen.»


Quelle: Landraths-Erkenntnis vom 06.08.1852.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020