ÜBERSICHT

Name Wappen Siegel Banner Verfassungen Gesetzgebung Landsgemeinde Abstimmungen Wahlen Parlamentarische Vorstösse Eckdaten Bevölkerung Geografie Diverses

BEZIEHUNGEN

Ausland Kantone

Gesetzesbestimmungen

Bundesbeschluss betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Meiringen nach Wassen
LB UR Bd 05 (1893) S. 309-316 / Freitag, 1. Juli 1898

Die Bundesversammlug der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht

1. einer Eingabe der Herren Bucher-Durrer in Kerns und Elias Flotron in Meiringen vom Januar 1897;
2. einer Botschaft des Bundesrathes vom 12. April 1898, beschliesst:

Den Herren Bucher-Durrer in Luzern und Elias Flotron in Meiringen wird zu Handen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Eisenbahn von Meiringen über den Susten nach Massen unter den in den nachfolgenden Artikeln, enthaltenen Bedingungen erteilt:

Art. 1.
Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2.
Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.
Der Sitz der Gesellschaft ist in Meiringen.

Art. 4.
Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5.
Binnen einer Frist von 36 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.
Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6.
Binnen 3 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7.
Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrathe vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.
Die Bahn wird mit Spurweite von 1 m und eingeleisig erstellt.

Art. 9.
Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w. sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10.
Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11.
Der Bundesrath kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12.
Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck; Güter werden nur befördert, soweit das Betriebssystem es gestattet. Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13.
Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen für nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14.
Die Gesellschaft kann den Betrieb der Bahn auf die Touristensaison beschränken. Es ist ihr im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Courszeiten festzusetzen. Immerhin sind alle daherigen Bedenken, welche sich auf fahrplanmässige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkte dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.
Vom 1. Juni bis Ende September sind wenigstens drei Züge täglich nach beiden Richtungen auszuführen.
Dem Bundesrath ist das Recht vorbehalten, eine Verlängerung des Betriebes über die Touristensaison hinaus nach Massgabe des allenfalls eintretenden Bedürfnisses zu verlangen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, während der Einstellung des Betriebes auf ihre Kosten und im Einverständnis mit der Postverwaltung die Beförderung der Reisenden, des Gepäcks derselben und der Postsendungen auf der Strecke Meiringen- Gadmen in geeigneter Weise zu besorgen.
Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrathe vorbehalten.

Art. 15.
Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit zunächst nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bunbesrath zu genehmigen ist. Über die Einführung einer höhern Klasse entscheidet der Bundesrath.

Art. 16.
Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen eine Taxe bis auf den Betrag von 40 Rappen per Kilometer zu beziehen. Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten. Die Gesellschaft ist zur Ausgabe von Abonnementsbilleten zu ermässigten Taxen nach mit dem Bundesrathe zu vereinbarenden Bestimmungen verpflichtet.
Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.
5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.
Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 40 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden. Im Falle der Einführung einer höheren Wagenklasse setzt der Bundesrath die Taxen fest.
Für die zur Beförderung angenommenen Güter dürfen höchstens 20 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden. Auf Verlangen des Bundesrathes find für alpwirthschaftliche Produkte ermässigte Taxen einzuführen.
Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Ist die ganze Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 17.
Die in Art. 16 ausgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waaren find von den Aufgebern an die Stationsplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Art. 18.
Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Reglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 19.
Die sämmtlichen Reglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20.
Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.
Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützunzskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juni 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 22.
Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern und Uri gelten folgende Bestimmungen:
a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf den 1. Mai jeden Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.
b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.
c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25 fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; — sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 22 ½ fachen Werth; — wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf - der Konzession sich vollzieht, den 20 fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; — unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds. Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung, mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige, in Betracht und Berechnung gezogen werden.
d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztem auch diejenigen Summen zu rechnen find, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.
e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.
f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 23.
Haben die Kantone Bern und Uri den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 22 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzesstonirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 24.
Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

Also beschlossen vom Ständerathe,
Bern, den 27. Juni 1898.
Der Präsident: J. Hildebrand. Der Protokollführer:
Schatzmann.

Also beschlossen vom Nationalrathe,
Bern, den 1. Juli 1898.
Der Präsident: A. Thélin. Der Protokollführer: Ringier.

Der schweizerische Bundesrath beschliesst: Vollziehung des vorstehenden Bundesbeschlusses.
Bern, den 7. Juli 1898. Im Namen des schwez. Bundesrathes,
Der Bundespräsident: Ruffy. Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.


Quelle: Bundesbeschluss vom 01.07.1898, in: LB UR Bd 5 (1893-1900), S. 309-316.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020