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Gesetzesbestimmungen

Verordnung über Ausübung von Handel und Verkehr
LB UR (1853) Bd V S. 220-225. / Donnerstag, 22. August 1850

«Der Landrath des Kantons Uri,
Mit Rücksicht auf die Artikel 29 und 48 der Bundes-Verfassung, wodurch polizeiliche Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerbe den Kantonen vorbehalten, dieselben aber auch verpflichtet sind, die Schweizerbürger in der Gesetzgebung den eigenen Bürgern gleich zu halten,
In Aufhebung der bestehenden Verordnung über Markt- und Hausirverkauf, vom 8. Oktober 1844, welche mit jenen Bundesvorschriften nicht mehr im Einklänge steht, in der Absicht, durch Beibehaltung einer Patentgebühr und die damit verbundene polizeiliche Aufsicht und Kontrolle, einerseits die Einkünfte des Staates nicht zu schmälern und allzulästiges Hausiren zu beschränken, anderseits Partikularen und Detailhändler vor Betrug zu schützen, Auf den Antrag des Regierungsrathes, infolge vorher gestellten Verlangens ab Seite des Bundesrathes, beschliesst und verordnet hiemit:

§. 1.
Das Hausiren mit Waaren, das Feilbieten an öffentlichen Märkten, sowie das Aufnehmen von Bestellungen auf Muster, ist im hiesigen Kanton den Schweizerbürgern anderer Kantone, wie den eigenen Kantonsbürgern, nur gegen Einlösung eines Patents, nach unten stehendem Tarife gestattet. Diejenigen Schweizerbürger, die in hiesigem Kantone permanente Getränke- oder andere Waarenlager für den Verkauf im Innern halten, haben sich wie die Kantonsbürger mit der Polizeikommission, über eine den Verhältnissen ihres Verkehrs angemessene Gebühr, abzufinden, welche wenigstens Fr. 20 und höchstens Fr. 100 n. W. betragen soll. Detaillisten können jedoch nicht als Waarenlagerhalter betrachtet werden.
Augen- und Zahnärzte, welche im hiesigen Kantone nicht patentirt sind, haben, wenn sie hier ihre Kunst ausüben wollen, um die daherige Bewilligung bei der Polizeikommission nachzusuchen. Die um ein Patent sich Bewerbenden müssen sich zuvor mit den erforderlichen Reiseschriften, nämlich einem Reisepass oder Heimathschein ausweisen können, wenn sie nicht sonst genugsam bekannte Personen sind.

§. 2.
Patente werden keine ertheilt:
a) Für den Verkauf von Giften, der durchaus verboten ist;
b) Für den Verkauf einfacher oder zusammengesetzter Arzneistoffe, ausgenommen für den Verkauf derselben an hiesige Aerzte, durch anerkannte Apotheker und Materialisten, nach vorangegangener polizeilicher Bewilligung;
c) Für den Verkauf von ins Land gebrachtem todtem Fleisch und Würsten, wofür besondere polizeiliche Vorschriften zu beachten sind;
d) Für den Hausirhandel ausländischer Juden mit andern als optischen Waaren, für deren Güte und Aechtheit jedoch entsprechende Ausweisschriften vorzuweisen sind. Auch das Feilhalten an Märkten ist, bis auf weitere Verfügung, nur den Juden, welche Schweizerbürger sind, gestattet.

§. 3.
Für's Feilhalten an den Märkten können die Patente für das ganze Jahr, oder jeden Markt einzeln, ertheilt werden.
Ein für ein ganzes Jahr ausgestelltes Marktpatent berechtigt den Inhaber einzig, an nachfolgenden Märkten seine Waaren feil zu bieten, als:
1) Am Lichtmessmarkt.
2) Am Mittefastenmarkt.
3) Am 1ten Maienmarkt.
4) Am 2ten Maienmarkt.
5) Am St. Gallenmarkt.
6) Am St. Martinsmarkt.
7) Am St. Niklausmarkt.
8) Am Weihnachtsmarkt.
Für's Feilbieten an andern hier nicht bemerkten Märkten ist die Einlösung eines besondern Patents erforderlich.

§. 4.
Die Patentgebühren sind nach dem nachstehenden Tarife zu entrichten.
Nichtschweizerbürger bezahlen das Doppelte.

I. Klasse. Gold-, Silber-, Seiden-, Pelz- und Modewaaren-, Wolltücher-, Leder- und Eisenhändler.
Solche, die bei Handelsleuten oder Privaten auf Kleiderstoffe, Kleider, Weine, Liqueurs, Kolonialwaaren, Fabrikate u. s. w., Bestellungen aufnehmen, sowie Augen- und Zahnärzte, Apotheker, Materialisten.

Hausirpatent für 1 Tag: Fr. 3 N.W.
Marktpatent per 1 Standladen oder Gewölbe:
Für 1 Markt: Fr. 3 N.W.
Für 1 Jahr: Fr. 15 N.W.

Für Ausstellung von Kunstgegenständen und andern Merkwürdigkeiten, für Kunst- oder Musik-Produktionen, ist die Bewilligung des Polizeipräsidenten nachzusuchen und haben solche, je nach Umständen, eine angemessene Patentgebühr von Fr. 1 bis 3 per Tag zu entrichten.

II. Klasse.
Spezereiwaaren, kleine Gold- und Galanteriekrämer, geringere Modenhändler, Verkäufer von Leinwand und farbigen Baumwollenwaaren, Floretseide, Quincaillerie, Porzellan, Wollhüte, optische Waaren, Regen- und Sonnenschirme u. dgl., auch Handschuhe und Waffen.

Hausirpatent für 1 Tag: Fr. 1.50 N.W.
Marktpatent per 1 Standladen oder Gewölbe:
Für 1 Markt: Fr. 1.50 N.W.
Für 1 Jahr: Fr. 10 N.W.

III. Klasse.
Weisse Baumwollenwaaren, Wanduhren-, Messer-, Bücher-, Gemälde-, Lithographien-, Sensen-, Schreibmaterialien-, Risten-, Bettfedern- und Schuhehändler, feine Holzarbeiten u. s. w.

Hausirpatent für 1 Tag: Fr. 1 N.W.
Marktpatent per 1 Standladen oder Gewölbe:
Für 1 Markt: Fr. 1 N.W.
Für 1 Jahr: Fr. 6 N.W.

IV. Klasse.
Verkäufer von Saamen, Wetzsteinen, Geisseln, Stroh- und grobem Holzarbeiten, gewobenen Strümpfen und Kappen, Weinhahnen, Baumwolle, Barometern, Zinngiesser-, Kessler- und Einsiedlerwaaren, Bürsten und anderer dergleichen Gegenstände, von geringerm Werthe.

Hausirpatent für 1 Tag: Rp. 50 N.W.
Marktpatent per 1 Standladen oder Gewölbe:
Für 1 Markt: Rp. 50 N.W.
Für 1 Jahr: Fr. 3 N.W.

In den obigen Taxen ist die Stempelgebühr nicht inbegriffen. Wenn Einer mehrere der obbezeichneten Gegenstände zugleich, oder auch andere hier nicht angegebene, zu verkaufen wünscht; so ist die zu bezahlende Taxe auf eine der obstehenden Klassifikationen möglichst angemessene Weise zu berechnen. Ueber allfällige hinsichtlich der Taxen sich ergebende Zweifel und Anstände, entscheidet der Präsident der Polizeikommission.

§. 5.
Die Ausstellung der Patente und der Bezug der diessfälligen Gebühren geschieht durch die Kantonskanzlei und in Ursern durch die Kanzlei dieses Bezirkes. Ihre hierüber zu führenden Register sind der Aufsicht der Polizeikommission unterworfen.

§. 6.
Das Patent hat seine Gültigkeit nur für diejenige Person, auf die dasselbe ausgestellt ist.
Wer zum Feilbieten der Waaren sich Gehülfen bedient, muss solches im Patent bemerken lassen, wodurch Letztere jedoch kein Recht erlangen, für sich unabhängig den Geschäften nachgehen zu dürfen.

§. 7.
Jeder zur Lösung eines Patents Verpflichtete ist dessen Vorweisung, auf Forderung der Behörde, einer Amtsperson, oder eines Polizeidieners, schuldig.

§. 8.
An Sonn- und Feiertagen ist alles Hausiren mit Waaren, das Feilbieten derselben und auch das Aufnehmen von Bestellungen verboten.

§. 9.
Jeder, so vor erhaltenem oder nach ausgelaufenem Patent etwas feilbietet oder verkauft, andere als im Patent bemerkte, höher taxirte oder verbotene Waaren verkauft, oder in irgend welcher andern Beziehung diese Verordnung Übertritt, soll im ersten Falle mit Fr. 12, im zweiten mit Fr. 24 und im fernem Wiederholungsfälle mit Fr. 72, nebst Einstellung der Erlaubniss des fernern Verkehrs auf kürzere oder längere Zeit, unnachlässlich bestraft werden.

§. 10.
Von jeder erhobenen Geldbusse kömmt dem Anzeiger die Hälfte zu.

§. 11
Hausirende, die diesen Anlass zur Verbreitung schädlicher Bücher und Schriften, unsittlicher Bilder oder Gemälde und zu andern strafbaren Handlungen missbrauchen sollten, sind nebst Entziehung des Patents zur weitern angemessenen Bestrafung zu ziehen.

§. 12.
Die Gemeinderäthe und Polizeiangestellten sind beauftragt und verpflichtet, auf die Krämer und Hausirer stets ein wachsames Auge zu halten, durch Abfordern der Patente sich vom Besitze derselben überzeugen zu lassen, und die Fehlbaren dem Präsidenten der Polizeikommission, die mit Vollziehung, Ueberwachung und Handhabung dieser Verordnung beauftragt ist, anzuzeigen und zu überweisen.

§. 13.
Durch gegenwärtige Verordnung sind alle frühem, derselben zuwidergehenden gesetzlichen Bestimmungen, namentlich die Hansir- und Marktverordnnng vom 8. Oktober 1844, aufgehoben.»


Quelle: Landraths-Erkenntnis vom 22.08.1850. Regierungs-Raths-Erkenntnis vom 22.11.1852.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020