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Gesetzesbestimmungen

Verordnung betreffend die Organisation der Kantons-Kanzlei
LB UR Bd 01 (1892) S. 184-191 / Samstag, 30. Juni 1888

«Der Landrath des Kantons Uri, in Anwendung des Landesgem.-Erk. von 1814 und des Hypothekargesetzes vom 3. Mai 1837, in Berücksichtigung des allgemein als dringend anerkannten Bedürfnisses einer Organisation der Kantonskanzlei und Ausscheidung der bezüglichen Arbeiten in personeller und materieller Hinsicht, auf Antrag des Regierungsrathes beschliesst und verordnet:

Art. 1. Protokollführer der Landesgemeinde ist der erste Landschreiber. (Siehe auch Art. 49 der Verfassung.) Das Sekretariat des Landrathes ist dem Kanzleidirektor übertragen.

Art. 2. Die übrigen Kanzleiarbeiten werden in drei verschiedenen Büreaux besorgt:
a) durch die Standeskanzlei;
b) durch die Hypothekarkanzlei;
c) durch die Gerichtskanzlei.
Der Regierungsrath vertheilt nach Anleit des Art. 62, litt, k der Verfassung die Kanzleiarbeiten unter die 4 Landschreiber.
Es sollen jedoch zugetheilt werden: der Standeskanzlei der Regierungssekretär, zugleich Kanzleidirektor, und ein Landschreiber; der Hypothekar- und Gerichtskanzlei je ein anderer Landschreiber.

Art. 3. Der Standeskanzlei liegt ob:
a) Das Sekretariat des Regierungsrathes und der ihr übertragenen Direktionen und Verwaltungen;
b) die Ausfertigung der Patente, Pässe, Wanderbücher, Legalisationen u. dgl.;
c) die Redaktion des Amtsblattes, die Korrektur und Versendung aller Druckarbeiten, welche dem Regierungs- oder Landrath oder der Landesgemeinde vorgelegt werden;
d) die Kontrole über die Gesetzessammlung und deren Abgabe;
e) die Aufbewahrung und Ordnung aller Druckschriften, welche nicht dem Archiv einverleibt werden, als der Gesetze, Verordnungen, Amtsblätter u. dgl.;
f) die Ordnung und Kontrole der Bibliothek für die Kantonsbehörden, einschliesslich der Gesetzessammlungen des Bundes und der Kantone.
Ueber die Verrichtungen sub litt, b, d und k sind vollständige Verzeichnisse zu führen.

Art. 4. Der Regierungssekretär weist dem Gehülfen auf der Standeskanzlei die Arbeit an, eröffnet die an sie gerichteten und unterzeichnet die von ihr ausgehenden Schreiben, Erlasse und Publikationen und ist für Ordnung, Genauigkeit und Pünktlichkeit in den Verrichtungen und Obliegenheiten verantwortlich.

Art. 5. Alle Fertigungen der Standeskanzlei führen die Benennung: „Standeskanzlci Uri", mit dem Zusatz bei Unterschriften: für dieselbe der Landschreiber: — —

Art. 6. Der Hypothekarkanzlei liegt ob:
a) die Führung, Bereinigung, Ordnung und eventuelle Umschreibung der Hypothekenbücher, der Eigenthümerregister, des Tagebuches und der Expeditionskontrole;
b) die Ausfertigung aller hypothekarischen Schuldtitel, die Eintragung derselben und der Pfänder;
c) die Einregistrirung der Handänderungen, Servituten u. dgl.;
Die Hypothekarkanzlei nennt sich in ihren Fertigungen: „Hypothekarkanzlei Uri", und es zeichnet für dieselbe der Landschreiber: — —

Art. 7. Der Gerichtskanzlei liegt ob:
a) das Sekretariat des Kreisgerichtes und der Gerichtskommission Uri, des Kriminal- und Obergerichts, aller Gerichtsausschüsse und des Verhöramts;
b) die Ausfertigung der gerichtlichen Befehle, Verbalprozesse, der Rogatorien u. dgl.;
c) alle in den Bereich des Gerichtswesens einschlagenden Ausfertigungen und Kopiaturen.
Die Gerichtskanzlei nennt sich in ihren Fertigungen: „Gerichtskanzlei Uri", und es zeichnet für dieselbe der Landschreiber: — —

Art. 8. Land- und regierungsräthliche Spezialkommissionen nehmen, falls sie einen Sekretär beiziehen wollen, denselben aus den Sekretären des resp. Rathes, eventuell aus der Zahl der anderen Landschreiber.
Bei allen diesen Sitzungen sind die Namen der anwesenden Mitglieder im Protokoll aufzuführen.

Art. 9. Es bleibt dem Regierungsrath unbenommen, anderweitige Arbeiten nach seinem Ermessen unter die 4 Landschreiber zu vertheilen; es haben sich letztere somit noch zu anderen, als den ihnen durch diese Verordnung speziell zugewiesenen Staatsarbeiten verwenden zu lassen.

Art. 10. Die Fertigung von Vermächtnissen, Verträgen, Kaufbriefen, Wechselprotesten und Ehekontrakten ist, sofern sie bei einem Landschreiber bewerkstelligt werden will, jedem derselben gestattet.

Art. 11. Alle Kanzleien haben über ihre Expeditionen eine Kontrole zu führen, erstere in wichtigen Fallen zu konzipiren und zu registriren.
Alle Protokolle, welche die Landschreiber führen, sind vor der Abgabe in's Archiv mit einem Sachen- und Personenregister und der Bezeichnung des Jahrganges zu versehen.

Art. 12. Auf der Standeskanzlei haben sich die beiden Landschreiber gegenseitig zu substituiren und bei weiteren Behinderungsfällen in allen drei Kanzleien gilt der Grundsatz der gegenseitigen Aushilfe; letztere wird vom Kanzleidirektor bezw. dem Regierungsrath (Landammannamt) angeordnet.

Art. 13. Die Anschaffung aller Bureaubedürfnisse, als Schreibmaterialien, Papier u. drgl. und die Ertheilung der Druck- und Buchbinderaufträge für die Kanzleibedürfnisse haben vom Landammannamte aus zu geschehen. Die Kanzleien haben ihre bezüglichen Begehren durch Vermittlung des Kanzleidirektors demselben schriftlich einzugeben. Letzterer führt über alle Bestellungen und Abgaben an die Kanzleien Rechnung und Kontrole.

Art. 14. Jeder Landschreiber ist, mit Ausnahme von Abwesenheit in Amtsgeschäften oder anderweitig dringenden Behinderungsfällen, verpflichtet, Morgens von 8—11 Uhr und Nachmittags von 1—5 Uhr zur Ausübung seiner Dienstverrichtungen auf seinem Bureau anwesend zu sein, Sonn- und Feiertage ausgenommen.
In Fällen dringender Arbeiten kann diese Bureauzeit vom Regierungsrath, dem Landammann oder Kanzleidirektor verlängert werden. Die Landschreiber haben übrigens auch ausser diesen Bureaustunden jedem amtlichen Ruf oder Auftrag Folge zu leisten.

Art. 15. Für Amtsurlaub bis auf 8 Tage haben sich die Landschreiber an den Landammann, für eine längere Dauer an den Regierungsrath zu wenden.
Falls durch den Urlaub eine ausserordentliche Stellvertretung nothwendig werden sollte, hat die zu Urlaubertheilung berechtigte Amtsstelle die nothwendigen Anordnungen zu treffen. Ueber die Ersatzpflicht für die allfällig durch die Aushülfe entstehenden Kosten entscheidet der Regierungsrath.
Die ordentliche Stellvertretung durch die Landschreiber wird vom Kanzleidirektor angeordnet. (Vorbehaltlich Art. 12.)

Art. 16. Den Landschreibern ist es untersagt, andere Beamtungen, freiwillige Stellen und nicht in den Bereich des Amtes gehörende Geschäfte u. dgl. zu übernehmen, die mit den Bureaustunden kollidiren.

Art. 17. Jeder Landschreiber ist im ganzen Umfang seines Geschäftskreises für pünktliche und gewissenhafte Erfüllung seiner Amtspflichten und für genaue Beobachtung dieser Verordnung verantwortlich.
In Bezug auf die Haftbarkeit in Schadenfällen wird auf Art. 17 der Verfassung verwiesen.

Art. 18 Bezüglich den Organen der Aufsicht über die Kanzleien und ihre Beamten gelten folgende Bestimmungen:
a) der Kanzleidirektor übt die Aufsicht über die Innehaltung der Bureaustunden, die Verwendung derselben zu den vorgeschriebenen Amtsgeschäften und die prompte Erledigung der Aufträge und Arbeiten;
b) der Landammann übt die ihm im Art. 63 der Verfassung zugewiesene Aufsichtskompetenz aus;
c) die Oberaufsicht über alle Verrichtungen der Kantonskanzleien steht dem Regierungsrathe zu, der sie entweder selbst ausübt oder durch einen Ausschuss ausüben lässt.
Mindestens alle Jahre einmal soll von der Aufsichtsbehörde eine genaue Inspektion der Kanzleien, Kontrolen, Bücher, Protokolle u. s. w. vorgenommen werden. Bei der Gerichtskanzlei soll diese Inspektion durch das Obergericht (bezw. einen Ausschuss desselben) vorgenommen werden.

Art. 19. Die Landschreiber haben folgende Sporteln zu beziehen, welche, nebst den fixen Gehalten, ihr Einkommen bilden:

A. Der Protokollführer der Landesgemeinde für Ausfertigung einer Bürgerrechtsnrkunde Fr. 5.—

B. Auf der Standeskanzlei. 1. Bei Patenten die in den bezüglichen Verordnungen festgesetzten 20%.
2. Für einen Reisepass Fr. 1.20 (davon 60 Rp. dem Staat)
3. Für ein Wanderbuch Fr. 1.50 (davon 80 Rp. dem Staat) 4. Für Legalisation einer Unterschrift Fr. —.50
5. Für Protokollauszüge, Abschriften u. dgl., für Gerichtsfälle u. dgl., oder bei mehrfacher Ausfertigung eines Entscheides per Quart-Seite Fr. —.40
6. Für Jahrgebungsurkunden (Vollz.-Verordn. z. O.R. Art. 4) Fr. —.50
7. Für Einholung der Legalisation fremder Gesandtschaften Fr. 1. —
8. Für Ausfertigung von Vollmachten mit Legalisation der Unterschrift Fr. 1.50
9. Für ein Zeugniss Fr. 1.—
10. Für Bescheinigung über staatsrechtliche oder gesetzliche Verhältnisse Fr. 1.50
11. Niederlassungsertheilungen Fr. 3. —
12. Ausfertigung von Heirathsbewilligungen Fr. 3. —
13. Bewilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit in den Fabriken, Genehmigung von Fabrikordnungen, Bewilligung von Sonntagsarbeiten u. dgl. Fr. 5.—

Sind die obbenannten Sporteln mit Protokollausfertiguugen verbunden, so werden sie von demjenigen Landschreiber bezogen, der das bezügliche Protokoll und die Ausfertigung machte. Die übrigen Sporteln der Standeskanzlei sind unter die beiden Beamten derselben gleichmässig zu vertheilen.

C. Auf der Hypothekarkanztei.

1. Für die Errichtung neuer Hypothekartitel oder obligationsweiser Sicherheit Fr. 2.—
2. Für die Kanzellirung oder Reduzirung von Titeln, Eintragung einer Handänderung, Schatzung eines Pfandscheines od. anderer schriftlicher Verrichtungen gleicher Art Fr. —.30
3. Für Hypothekarauszüge per Seite Fr. —.80
4. Für das Nachschlagen in Hypothekenbüchern zur Ertheilung von Auskunft Fr. —. 50.

Der Staat liefert die Formulare für die Gülten, Handschriften und Hypothekarauszüge. Erstere zwei je zu 50 Rp. (Stempel einbegriffen), letztere zu 30 Rp. Diese Taxen sind in obigen Sporteln eingeschlossen.

D. Auf der Gerichtskanzlei gilt für gerichtliche Ausfertigungen der Sporteltarif des Justizreglements.
1. Für die Ausfertigung eines Befehls Fr.—.50
2. Für die Ausfertigung eines Rogatoriums Fr. 1. 50
3. Für die Ausfertigung eines Verbalprozesses Fr. 3.—
4. Für Abschriften von gerichtlichen Akten per Quartseite Fr. —.40.

E. Für die übrigen Verrichtungen der Landschreiber.
1. Für ein Testament Fr. 2.—
2. Für einen Kaufbrief Fr. 3.—
3. Für einen Ehekontrakt Fr. 3.—
4. Für einen Wechselprotest Fr. 2. — (Vollz.-Verordn. z. O.G. Art. 37.)

Art. 20. Bei den Sporteln ist die Stempelgebühr einbegriffen. Im Falle mit einer Amtsverrichtung eine Reise verbunden ist, hat der betreffende Landschreiber Anspruch auf Vergütung der effektiven Fahrtauslagen, bezw. des gesetzlichen Marschgeldes nach landrathlichem Tarif.

Art. 21. Protokolle, Hypothekenbücher u. dgl. dürfen weder an Private, noch an Prozessparteien, noch an andere dritte Privat- oder Amtspersonen aushingegeben werden. Wollen Beschlüsse, Verfügungen, Hypothek-Eintragungen u. dgl. in's Recht verlangt oder anderweitig in erlaubter Weise zur Kenntniss genommen werden, so kann dieses nur auf dem Wege der Abschreibung durch die betreffenden Landschreiber geschehen. Die ausnahmsweise Einforderung von Originalakten steht in Fällen, wo Abschriften als unzulänglich erscheinen, nur dem Gerichte zu, gegen Abgabe einer Empfangsbescheinigung.

Art. 22. Ist eine Landschreiberstelle ledig gefallen, soll sie vom Regierungsrathe rechtzeitig zur Anmeldung ausgeschrieben werden. Derselbe hat das Recht, den Kandidaten die Kanzlei zu öffnen und muss sie einer Prüfung unterstellen. Vom Ergebniss derselben ist der Landesgemeinde Kenntniss zu geben.

Art. 23. Die Bedienung, Beheizung und Beleuchtung der Kanzlei liegt dem ersten Landweibel ob.»


Quelle: Landratsbeschluss vom 30.06.1888.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020