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Gesetzesbestimmungen

Bundesbeschluss betreffend Konzession einer Zentralbahn von Andermatt nach Göschenen
LB UR Bd 01 (1892) S. 343-360. / Freitag, 10. Oktober 1890

«Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht

1) einer Eingabe des Herrn C. A. Grüssy, Ingenieur in Bern, vom 10. März 1890;

2) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 8. Oktober 1890, beschliesst:
Dem Herrn C. A. Grüsfy, Ingenieur in Bern, zu Handen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Zahnradbahn von Göschenen nach Andermatt unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt:

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt,

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Andermatt.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 6 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.
Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrathe vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.
Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit oder die Bedürfnisse des Betriebes geboten ist.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, die allfällig im Interesse der Landesvertheidigung an der Bahn erforderlichen Bauten und sonstigen Vorkehren in eigenen Kosten zu erstellen.
In Betreff der im Vorterrain der Befestigungswerke gelegenen Bauobjekte jeder Art wird das Recht der Zerstörung im Kriegsfälle ohne Entschädigung vorbehalten.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von 1 Meter, eingeleisig und als Zahnradbahn erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Uri und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll vom 1. Mai bis 31. Oktober täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen, erfolgen.
Soweit sich ein Bedürfniss zeigt, ist die Gesellschaft verpflichtet, auf Verlangen des Bundesrathes auf ihre eigenen Kosten auch während der Betriebseinstellung für die Beförderung von Personen, Gepäck und Postsendungen in angemessener Weise Vorsorge zu treffen.
Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrathe vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöthig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Wagenklassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen beide Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Verkehr zwischen den Endstationen für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen:

In der ersten Wagenklasse für die Bergfahrt Fr. 2.—
In der ersten Wagenklasse für die Thalfahrt Fr. 1.50
In der zweiten Wagenklasse für die Bergfahrt Fr. 1.50
In der zweiten Wagenklasse für die Thalfahrt Fr. 1.—

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.
10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.
Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 100 Rp. per Kilogramm bezogen werden, im Minimum 40 Rp.
Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrath zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete auszugeben.
Für die einheimische Bevölkerung bleiben ermässigte Taxen vorbehalten, welche der Bundesrath nach Anhörung der Gesellschaft festsetzen wird.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniss zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Aus Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Waaren auf der ganzen Strecke darf eine Taxe von 50 Rp. Per 100 Kilogramm bezogen werden.
Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.
Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zu dienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.
Für den Transport von baarem Gelbe und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, dass für 1000 Fr. höchstens 8 Rappen zu bezahlen ist.
Traglasten mit landwirthschaftlichen Erzeugnissen, welche In Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, sofern sie das Gewicht von 18 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.
Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von. Fahrzeugen aller Art und aussergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.
Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigern Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 19. In Betreff des Gewichts gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 800 volle Fr. 800.

Art. 20. Die in den Art. 13 und 17 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 21. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Reglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 22. Die sämmtlichen Reglemente und Tarife sind, mindestens sechs Wochen ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 23. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnissmässig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.
Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 25. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Uri, gelten folgende Bestimmungen:
a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1918 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniss zu geben.
b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnissmässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.
c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; — sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 ½ fachen Werth; — wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 2achen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; — unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.
Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.
d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.
e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.
f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 26. Hat der Kanton Uri den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 28 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 27. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

Also beschlossen vom Ständerathe,
Bern, den 10. Oktober 1890.
Der Präsident ad Interim: Schoch.
Der Protokollführer: Schatzmann.
Also beschlossen vom Nationalrathe,
Bern, den 10. Oktober 1890.
Der Präsident: Suter.
Der Protokollführer: Ringier.»


Quelle: Beschluss Ständerat / Nationalrat vom 10.10.1880

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020