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Gesetzesbestimmungen

Schulordnung (Art. 426 LB)
LB UR (1826) Bd II S. 163-172 / Dienstag, 1. Januar 1805

«1. §. Es soll in allen Gemeinden des Lands von Anfangs Wintermonat bis Ende Aprils täglich, Sonn- und größere Feyertäg, wie auch der Donnerstag ausgenommen, die übrige Zeit wenigstens wöchentlich zweymal Schul gehalten, und dazu vorzüglich jene Feyertäg benutzt werden, an denen die Arbeit erlaubt ist.
2. §. Die Aeltern sollen ihre Schulfähigen Kinder in die Schul schicken, und die Dorfgerichte sollen über diese Befolgung wachbar seyn. Auch die Herren Pfarrer sind ersucht die Kinder nicht zur Hl. Kommunion zu lassen, bevor sie die Schul fleissig besuchen, und wenigstens Gedrucktes lesen können.
3. §. Wünscht die w. w. Obrigkeit, daß jede Dorfschaft ein bequemmes Schulhaus sich anschaffe, und daß der Fleiß der Kinder mit Besetzen, Ehrenzeichen und Prämien belohnt werde.
4. §. Es solle das Gedruckte vor dem Geschriebenen gelehrt werden.
5. §. Die w. w. Obrigkeit wünscht, daß in jeder Gemeinde alle Kinder unentgeldlich die Schule besuchen können, unter dessen befiehlt sie solche Anstalten zu treffen, daß wenigstens die Armenkinder unentgeldlich gelehrt werden.
6. §. Die Dorfgerichte jener Gemeinde, wo die Schule nicht für alle unentgedlich eingerichtet ist, sollen die Entrichtung des Schulgelds monatlich oder nach Befinden eintreiben.
7. §. Es solle auch jeder Pfarrer mit einem respektiven Dorfgericht zu ernennenden Subjekt über seine Schule wachen, und die dießfalls nöthigen oder nützlichen Vorstellungen der Central Schulkommission eingeben.
8. §. Es ist den Aeltern untersagt dem Schul-Lehrer das Schulwesen betreffend einzureden, in so fern er nach Verordnung der Central-Schulkommission handelt.

Pflichten und Eigenschaften der Schullehrer.

1. §. Vor allen Dingen soll der Schullehrer ein rechtschaffener, gottesförchtiger Mann seyn, der den Kindern aller Orten mit dem Beyspiel der Zucht, Ehrbarkeit, Gottesforcht und guten Namen vorangebt, und dem es angelegen ist, daß die Kinder viel Gutes lernen, zu wahren Christen, wohlgesitteten Menschen, und nützlichen Bürgern gebildet werden.
2. §. Er soll daher sowohl selbst, als dann den Seinigen, alles was den Kindern anstössig seyn möchte, in Reden und Handlungen verhüten, und sich des Schimpfens und Fluchens und aller Grobheiten enthalten, auch in seinem Hause Reinlichkeit und gute Ordnung beobachten.
3. §. Er soll wohl und regelmässig schreiben und lesen, auch Brief aufsetzen, und ziemlich wohl was die Fälle im gemeinen Leben erheischen, rechnen können, sich auch hierüber wo es die Schul-kommission verlangte, der Prüffung unterwerfen.
4. §. Er soll die Kinder nicht nur in der Schule zur Ordnung halten, sondern auch besorgt seyn, daß sie zu Haus, in der Kirche und auf Gassen und Strassen, artig, gehorsam und eingezogen auch gegen jedermann höfflich und dienstfertig sind.
5. §. Er soll auch nicht ein Kind besonders verachten oder hintansetzen noch ein anders aus natürlicher Vorliebe den andern vorziehen, und Nachsicht gegen dessen Fehler haben, sondern gegen alle Kinder gerecht und gütig seyn.
6. §. Die fehlerhaften Kinder soll er mit Bescheidenheit und liebendem Ernst, nicht mit Schwäch-Worten, oder im Zorn bestraffen. Er soll sie auch niemals solcher Schläge bedienen, die den zarten Kindern nachtheilig seyn könnten, überhaupt darf er nur bey Kindern, die kein Ehrgefühl haben, Streiche gebrauchen und zwar nur dann, wann und so viel es die Noth erfordert. Gröbere und unverbesserliche Fehler soll er dem Herr Pfarrer und Schulinspektor anzeigen.
7. §. Soll er monatlich, oder nach gut Befinden des Pfarrers demselben eine Tabelle, in welcher der tägliche Schulbesuch, Fleiß und Betragen der Schulkinder ordentlich ausgezeichnet ist, eingeben, auch besonders schöne Thaten der Kinder bemerken. Es wird ihm auch der Pfarrer eine genaue Listen der schulfähigen Kinder einhändigen.
8. §. Der Lehrer soll nicht meinen, die Kinder seyen erwachsene Leute, sondern es seyen unmündige Kinder, die man mit Geduld, Liebe, Freundlichkeit behandeln muß. Wer nicht ziemlich wohl sich selbst besiegen kann, wird niemals für Kinder ein guter Lehrer seyn; er wird besonders in Bestraffung derselben leichtsinnig, und aussert die Schranken tretten. Diesfalls ein paar Lehren.
a) Den Kindern soll man zuweilen wenig bedeutende Fehler übersehen, damit nicht durch vieles Straffen der Nutzen der Züchtigung ganz zerfliesse.
b) Man soll niemals in der Hitz des Eifers straffen, weil die Straf leicht unbesonnen seyn könnte, auch nicht da, da das Herz des Strafbaren in Gährung ist, denn da würde der Strafbare zur nützlichen Bußnahme unfähig seyn.
c) Die Straf soll nicht härter seyn, als das Verbrechen, und der Verbrecher verdient auch nicht grössere Straf als die zu bezwekende Besserung es erfordert. Damit die Liebe nicht verletzt wird.
d) Nicht Zorn oder Trübsinn, sondern weise Liebe soll den Straffenden leiten, denn so wird dauerhafte Besserung erzwecket.

Lehrart und Lehrfächer.

1. §. Damit der Unterricht zweckmäßiger gegeben werden kann, so sollen die Kinder in drey Hauptklassen eingetheilt werden.
Zur ersten Klaffe gehören die Kinder, welche das A. B. C. lernen, sie bleiben in dieser Klasse bis sie das A. B. C. wie es auf dem Normal A. B. C. Blatt ist, wohl wissen, und jeden einzigen Buchstaben wohl kennen, und von jedem andern ihm ähnlichen unterscheiden können.
Zur zweyten gehören jene welche Buchstabieren, sie bleiben in dieser, bis sie alle nicht nur ein- und mehrsilbige Wörter, sondern das ganze Normalbüchlein, geläufig und regelmäßig buchstabieren, auch die ein- und mehrsilbigen Wörter zu lesen wissen. Wie auch sollen sie das Schreiben und das kleine Einmaleins zu lernen angefangen haben.
Die Kinder der dritten Klasse üben sich im auswendig Buchstabieren und im Lesen 1 tens des Normalbüchleins 2 tens des kleinen Kathechismus von Konstanz und des Kathechismus von St. Urban, welche sie verstehen und auswendig lernen sollen. 3 tens des Lesebuchs von St. Urban, 4 tens auch 2 mal in der Woche sollen sie sich in Lesung des Geschriebenen üben, woben aber zu sorgen, daß ihnen nicht fehlerhafte Schriften in die Hand gegeben, oder wenigstens die Fehler vom Lehrer angemerkt werden.— Beym Lesen sollen alle Kinder der nemlichen Klassen gleiche Bücher vor sich haben, und alle auf dasjenige, was von einem gelesen wird fleißig aufmerken. 5 tens: sie sollen auch in Rechnungen die für gemeine Leben nützlich, oder nothwendig sind, und in leichten Aufsätzen geübt werden. 6 tens: Übrigens haben in dem Unterricht die Schullehrer nach jenen Regeln sich zu richten, die in dem vorgeschriebenen Lehrbüchlein enthalten sind, damit aber den Kindern das Lesen um so leichter und verständlicher, hiemit um so nützlicher werde, so müssen auch die Kinder auf die erklärten Regeln und auf den Inhalt des gelesenen aufmerken, und durch schickliche Fragen geprüft werden. Besonders haben die Schullehrer zu sorgen, daß die Kinder im Lesen die Worte recht aussprechen, und regelmäßig mit der Stimme absetzen lernen.

Für die Kinder

1. §. Da es bisher üblich war alle Tag 2 mal Schul zu halten, so soll diese Ordnung fortgesetzt werden, an den übrigen Ortschaften aber solle wenigstens drey Stund ununterbrochen Schule seyn.
2. §. Wo es die Ortsumstände erlauben, solle die Schule gleich nach der Meße: (welcher die Kinder, soviel möglich mit einander in ihren bestimmten Stühlen beywohnen, und von dannen paarweis in die Schule ziehen müße:) gehalten werden. Wo aber dieses nicht füglich geschehen kann, wird es den Pfarrherren und Schulinspektoren jedes Orts überlassen, die den Umständen angemeßneste Zeit zu bestimmen.
3. §. Alle Schulkinder müssen fleißig und genau zur bestimmten Zeit in der Schule erscheinen, wer zu spät kommt, oder gar ausbleibt, muß die Ursach dem Lehrer anzeigen, welche dieser aufzeichnen wird, um hierüber die nähere Bewandniß bey den Aeltern einzuziehen, und die erforderlichen Masregeln nehmen zu können.
4. §. Jedes Kind muß gewaschen und gekämmt, sauber und ehrbar angekleidet erscheinen, und alles was es in der Schul nöthig hat mitbringen.
5. §. Die Schule wird allzeit mit einem kurzen und andächtigen Gebeth anfangen, und beschlossen, wer zu spät kommt, soll dies Gebeth im Stillen andächtig verrichten.
6. §. Dies Gebeth soll sehr langsam, und mit lauter deutlicher Stimme jedesmal von demjenigen Kinde vorgebethet werden, welches am vergehenden Tage das fleissigste und artigste gewesen ist.
7. §. In der Schule muß alles still und ruhig seyn, wer schwätzt oder andere stört muß aus dem Bank heraus, und an einem besondern Ort stehen.
8. §. Nie soll mehr als ein Kind hinausgehen, und dieses soll unverzüglich zum lernen zurük kommen.
9. §. Zum Essen ist während der Schule keine Zeit.
10. §. Keines darf das andere fälschlich oder boshafter weiß verklagen, oder verschwärzen, wer es thut, soll die Straf des Fehlers tragen, den es andern gedichtet hat, doch muß jedes dem Lehrer anzeigen, was es in der Schule, auf dem Schulweg ungebührliches sieht oder hört, nicht aus Feindseligkeit oder Schadenfreude, sondern um das fehlende Kind zu bessern.
11. §. Dem Schullehrer muß jedes Kind willigen Gehorsam und die schuldige Ehrenbiethung erzeigen, auch demselben die Wahrheit sagen, und sich vor jeder Lüge hüten.
12. §. Nicht nur in, sondern auch aussert der Schule sollen sich die Kinder sittsam und eingezogen aufführen. Sie sollen auch auf dem Schul- und Kirchweg, auf Gassen und Strassen nicht lärmen, und noch viel weniger rauffen und schlagen am allerwenigsten aber andere Leut beschimpfen, ausspielen, beschädigen oder auf eine andere Art beleidigen, sondern gegen alle sich als wohlgesittete Kinder und besonders gegen Alte ehrenbietbig, gegen Arme mitleidig, gegen Fremde höfflich und dienstfertig sich erzeigen.
Bey Haus den Aeltern Hilf und Gehorsam, den Geschwisterten Liebe und Vertraulichkeit erweisen, den Dienstbothen und Hausgenossen mit Bescheidenheit und Achtung begegnen.
Bey den Gottesdiensten sich an Son- und Feyertägen zu rechter Zeit in dem Schulhaus versammeln, von dannen paar und paar zur Kirche, und da jedes an seinen angewiesenen Ort gehen, den Predigten und Christenlehren aufmerksam und der hl. Meß, und übrigen heiligen Verrichtungen andächtig beywohnen.
In der Schule soll jedes Kind an dem Ort sitzen, den es sich durch seinen Fleiß und Betragen erworben, und ihm der Lehrer angewiesen hat, wer aber zu spät kommt sitzt unten an.

> Ergänzung Art. 426: Pflicht des Schulbesuchs (LB UR (1842) Bd III S. 205-206).


Quelle: LR 1805; LB UR 1826 Bd. 2, S. 163-172; LR 7.2.1838; LB UR 1842 Bd III, S. 205-206.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020