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Themen des Automobilwesens in Uri im Detail

Die unerfüllten Hoffnungen in den Autotourismus


Foto: Der Lehnplatz in Altdorf mit dem Restaurant Gotthard (ehemals Metzgerei Planzer); die Automobile wurden sehnlichst herbeigewünscht, auf der Postkarte genügte eine Retouche, die das neue Verkehrsmittel jedoch etwas zu klein erscheinen lässt; Aufnahme: Eduard von Matt, um 1925 (StAUR P-53).

Ende des Ersten Weltkrieges steckte die Urner Hotelindustrie in einer schweren Krise. Im Landrat wurde im Sommer 1919 eine "landrätliche Komission für die notleidende Hotelindustrie" gebildet, welche die Verhältnisse in der Hotellerie zu untersuchen hatte und Vorschläge liefern sollte, wie dem wichtigen Gewerbezweig aus der Krise zu helfen wäre. Die Kommission kam zum Schlusse, dass eine Verschuldung vieler Betriebe schon vor dem Kriege zu konstatieren war; die Schuldenlast war dann nach 1914 noch beträchtlich angestiegen. Auch wurde eine Überkapazität an Hotels vor allem in Flüelen und Andermatt festgestellt. Die Hotellerie stellte nach Ansicht der Kommission im Haushalt des Kantons einen so gewichtigen Faktor dar, dass eine dauernde Schädigung derselben für Staat und Volkswirtschaft von den schwerwiegendsten Folgen begleitet sein musste. Von 57 Millionen Franken kantonalem Steuervermögen entfielen 1919 zirka 6,5 Millionen auf die Hotellerie. Die Kommission machte Vorschläge zur Behebung der Krise. Das Urner Volk hatte diesbezüglich die grösste Forderung der Hotelindustrie, nämlich die Öffnung der Alpenpässe für das Automobil, bereits erfüllt und seinen politischen Beitrag zur Bewältigung der Krise im Tourismusgewerbe noch während den Kriegsjahren geleistet. Die Behebung der Krise hing von den verschiedensten Faktoren ab. Das Automobil sollte dabei eine Protagonistenrolle erhalten.
Die Not der Zeit wollte die Fragen in bezug auf den Tourismus und Verkehr nicht für die Zukunft, sondern für die Gegenwart beantwortet wissen. Dies hiess für die Hotellerie, jeden Verkehr vorerst willkommen zu heissen und zwang die Bevölkerung, auch die Nachteile des Autotourismus staubschluckend hinzunehmen.

Nach der Aufhebung des Automobilverbots auf den Alpenstrassen wurden vom Hotelgewerbe grosse Hoffnungen in den Autotourismus gesetzt. Man wies zuversichtlich auf die steigenden Frequenzen im Automobilverkehr hin und freute sich, in den Zeitungen wieder eine neue Rekordzahl an gezählten Autos vermelden zu können.
In den 1920er-Jahren war auch im Urnerland eine Steigerung der Touristenfrequenzen festzustellen.
In Zukunft sollten die Touristen - Wanderer und Autofahrer - getrennte Wege gehen: der Autofahrer auf der Schnellstrasse und der Fussgänger auf dem schmalen Wanderweg.
Die Beschaffenheit der felsigen Berggegend liess aber nicht überall die Führung von Nebenwegen zu. So war am Axen nur Platz für eine Strasse, welche Fussgänger und Automobilisten passieren mussten. Der Staubplage wegen vertrugen sich diese beiden Verkehrsvertreter aber nicht mehr länger auf der gleichen Strasse. Einer musste weichen _ bei den Touristen sollte dies der Fussgänger sein, welcher nun wegen des Staubs und der in Frage gestellten Sicherheit die weltberühmte Panoramastrasse am Axen meiden sollte. Die Staubplage auf der Axenstrasse war so stark, dass auf Reisebüros und in Fremdenführern von einem Besuch abgeraten wurde. Dadurch blieb aber am rechten Vierwaldstätterseeufer ein grosser Teil des für die Hotelindustrie so wichtigen internationalen Publikums aus. Man befürchtete, dass dieses sich an die Weglassung der Fusstour auf der Axenstrasse allmählich gewöhnen und die Fahrt nach Flüelen, ebenfalls im Automobil von den verschiedenen Seeorten aus, in einem halben Tag "erledigen" würde. Die Axenstrasse wurde dann auch konsequent gemieden.
Das Automobil brachte somit nicht nur die vom Hotelgewerbe so sehnlichst erhofften Einnahmen, sondern auch eine Verschärfung der Staubplage, welche den traditionellen Touristen, den Fusswanderer, wie befürchtet, von der Strasse vertrieb. Besonders stark betroffen waren natürlich die Hotels, welche direkt an der staubigen Strasse lagen (z.B. Parkhotel Rudenz in Flüelen). Das Auto hatte von der Strasse Besitz ergriffen.

Die technischen Verbesserungen hatten einen ständig grösser werdenden Aktionsradius des Automobils zur Folge. Die Endziele der Reiseetappen des Autotourismus waren nicht mehr identisch mit denjenigen des traditionellen Postkutschenverkehrs.
Die Reise mit Pferd und Wagen brauchte Zeit; Halte oder gar Übernachtungen waren beim Pferdewechsel vorprogrammiert. Die Pferdewechselstationen auf der Gotthardlinie waren Altdorf, Intschi, Andermatt, (Gotthardhospiz). In Andermatt hatte die Pferdepost einen längeren Aufenthalt. Auf der Klausenstrasse waren die Pferdewechselstationen Urigen und Urnerboden.
Das Automobil war auf diese Stützpunkte nicht mehr angewiesen und machte es möglich, den Kanton in wenigen Stunden zu durchfahren. Überhaupt hatten sich die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Touristen geändert. Die Geschwindigkeit des Automobils brachte die Eile in den Alltag, von der man sich auch in der Freizeit nicht mehr trennen konnte. So hatte auch der Tourist nicht mehr viel Zeit zum Rasten. Das Autofahren wurde für immer mehr Leute zum Vergnügen. Die kleineren Ortschaften und Berggasthäuser an den Strassen hatten früher mehr nächtigende und unter Tags konsumierende Touristen gehabt. Die Reise mit Axen-Gotthard-Furka- und Grimselstrasse als Fusstour mit abwechselnder Postwagenbenützung hatte als eine der schönsten Schweizerreisen gegolten. Die Verpflegung war dabei auf die Gasthäuser an der Strasse entfallen. Sehr oft hatte es den Touristen da und dort so gut gefallen, dass sie länger verweilten, also von Touristen zu Kuranten wurden. Man musste die Feststellung machen, dass der Touristenverkehr anders geartet und der Fussgänger von der Landstrasse verdrängt war. Die Fremden aber passten sich scheinbar leichter als die Einheimischen an die neuen Verhältnisse an.

Es gab im Kanton aber auch Orte, welche vom aufstrebenden Auto-Tourismus Nutzen ziehen konnten. Vor allem die abseits der Bahn gelegenen und touristisch interessanten Gebiete des Schächen- und Urserentales profitierten von der Verschiebung im Fremdenverkehr. Man freute sich hier, in Zeitungsberichten auf einen grossen Verkehr im Dorfe hinweisen zu können. Durch den Automobilverkehr fand teilweise eine Verlagerung im Tourismusgewerbe statt. Chancen hatten auch die Restaurants an der Strasse oder an verkehrstechnisch günstigen Punkten. Dort war trotz der Krise ein Aufschwung zu verzeichnen. Die Passstrassen erlangten Berühmtheit, und für viele Automobilisten war es Ehrenpflicht, mindestens jede Passfahrt einmal jährlich zu absolvieren. König der Pässe sollte in den 1920er-Jahren dank der berühmten Bergrennen der Klausen werden.

Mit dem Automobil war auch die Zeit des "Pick-Nick" angebrochen. Sie brachte dem Städter die Möglichkeit, in wenigen Stunden mit Hilfe der modernen Technik in die mehr oder weniger unberührte Natur zu gelangen. Ganze Familien machten am Strassenrand Halt, "um zu essen und zu biwakieren und nichts anderes als einen Haufen Papier und andere Abfälle, nebst einer Staubwolke zur Verschönerung der Gegend" zurückzulassen. An diesen Pick-Nick-Touristen hatte die Urner Volkswirtschaft keinen grossen Verdienst. Die Esswaren und Getränke wurden mitgebracht, und im Kanton liess man anstatt Geld nur Unannehmlichkeiten zurück.

Die in den Automobilismus gesetzten grossen Hoffnungen wurden nur teilweise erfüllt, und es gab schon wieder Stimmen, welche den Zeiten der Fusswanderer nachtrauerten. Diejenigen, welche gewarnt hatten, die Erwartungen in den Automobilismus nicht zu hoch zu schrauben, schienen für manche Regionen recht zu bekommen.
Die Verkehrsvereine sahen in der schlechten Beschaffenheit der Strassen und in den Verkehrsbeschränkungen der Nachbarkantone die Gründe für ihre unerfüllten Hoffnungen. Sie waren aber gewillt, bei einer guten Strassenanlage weiterhin auf die Karte "Automobil" zu setzen.

Literatur: Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 94 ff.

 
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 03.03.2021