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Themen des Automobilwesens in Uri im Detail

Staubplage




Bis zum Ersten Weltkrieg waren die Geschwindigkeitsexzesse in Bezug auf den Automobilismus eindeutig "Ärgernis Nummer eins" im Gotthardkanton. Im Sommer machte sich jedoch langsam ein Übel vermehrt bemerkbar, welches in einigen Jahren sogar als "Landesplage" verschrieen werden sollte. Die Ursache _ der Staub _ lag hier buchstäblich auf der Strasse. Das Übel steigerte sich mit zunehmender Geschwindigkeit der Fahrzeuge. Das Automobil als potentiell schnellster Vertreter war somit berufen, im Kampf gegen die sich abzeichnende Staubplage eine Protagonistenrolle zu übernehmen. Das Automobilproblem begann in diesen Jahren aus einer neuen Perspektive Staub aufzuwirbeln.

In der "Verordnung betreffend den Verkehr mit Motorfahrzeugen im Kanton Uri" von 1917 wurde bestimmt, dass Gemeinden und Verkehrsvereine, welche wirksame Massnahmen gegen die Staubplage unternahmen, vom Regierungsrat angemessene Beiträge erhielten.

Mit dem verstärkt einsetzenden Automobilverkehr machte sich auf der Axenstrasse, dem nördlichen Eingangstor zum Kanton Uri, die Staubplage vehement bemerkbar. Sie sollte sich in den 1920er-Jahren damit auch im Urnerland als offensichtlichstes Problem in bezug auf den Automobilismus herauskristallisieren. An der Behebung der Staubplage war einmal die einheimische Bevölkerung, welche an der Strasse wohnte und diese täglich benutzen musste.
Es traten jedoch auch die Automobilisten gegen die Strassenvernachlässigung ins Feld, welche ihrer Ansicht nach an der Staubentwicklung und damit letzten Endes an der Hetze gegen das Automobil schuld war. Die vor allem auswärtigen Automobilisten rügten den Kanton, dass er zu wenig gegen die Staubplage unternehme und damit den Hass gegen die Automobilisten im Volk schüre. Man wies auch darauf hin, dass der schlechte Strassenunterhalt nachteilig auf die gesamte Urner Volkswirtschaft wirken könnte.
Dann setzte sich vor allem die Hotellerie für die Behebung der Staubplage ein. In den vielen Einsendungen in den Urner Zeitungen wurde die Staubplage fast identisch mit dem Strassenzustand auf der Axenroute gesetzt. Die Axenstrasse mit ihrer wunderbaren Aussicht auf den Urnersee und die ihn umrahmenden Berge waren vor der Motorisierung eine grosse Touristenattraktion gewesen. Unzählige Fusswanderer kamen auf dieser romantischen Strasse ins Urnerland. Jedoch machten der ständig steigende Automobilverkehr und die damit verbundene Staubplage eine Wanderung auf dieser berühmten Strasse beinahe unerträglich. Der Staub hüllte das prächtige Panorama in eine Wolke, und an Stelle von poetischen Ergüssen über die Axenstrasse vernahm man _ gemäss den Leserbriefen _ Klagen, Schimpf- und Fluchworte.
Der Regen dämmte zwar die Staubplage ein, hielt jedoch auch die Touristen fern. In den ersten Jahren nach dem Weltkrieg setzten sich deshalb vor allem die Verkehrs- und Verschönerungsvereine dafür ein, dass die Strassen bei schönem Wetter bespritzt wurden. Als technische Möglichkeit bot sich dabei das Bespritzen mit Wasser mittels Sprengwagen. In Altdorf wurden dann auch Versuche mit dem Sprengwagen einer Papierfabrik gemacht, welche eine staubbekämpfende Sulfitlauge herstellte. Diese Methode zeigte aber nur mässigen Erfolg. Zudem konnte Sulfitlauge nur in der warmen und trockenen Jahreszeit gespritzt werden. Bei schönem Wetter blieb die Axenstrasse für den Fussgänger weiterhin fast unpassierbar. Die Adressaten der Vorwürfe gegen die Staubplage waren die Automobilisten. Man liess vor allem das Argument nicht gelten, dass die Staubplage dem schlechten Strassenzustand zuzuschreiben sei, sondern behauptete, die Staubplage werde durch die übermässige Geschwindigkeit der Automobilisten verursacht.
Dabei waren es nicht mehr so sehr die auswärtigen als vielmehr die einheimischen Automobilisten, welche zur Kritik Anlass gaben. Die gesetzlichen Grundlagen, um die Staubplage mittels Verkehrsgesetz einzudämmen, waren vorhanden. Denn durch das Gesetz war nur eine Geschwindigkeit von 18 beziehungsweise 35 Stundenkilometern erlaubt. Deshalb geriet die Polizei wiederum ins Schussfeld der Kritik.
Weiter traf die Kritik vor allem die politischen Instanzen des Kantons, beziehungsweise die für den Strassenunterhalt verantwortliche Baudirektion. Das kantonale Bauamt wurde dabei von zwei Seiten angegriffen. Die grosse Masse der Fussgänger protestierte, dass die Gelder für den Strassenunterhalt nur noch zugunsten der Automobilisten verwendet würden. Der Fussgänger schien jedes Recht auf die Strasse verloren zu haben, und man sprach von einer Vergewaltigung der Strassen durch das Automobil.
Bei Einführung der Autotaxen wurde beschlossen, 5 bis 10 Prozent der Einnahmen speziell für die Staubbekämpfung zu verwenden. In Leserbriefen wurden jedoch Äusserungen laut, wonach in dieser Beziehung von der Regierung noch nicht Wort gehalten wurde, obwohl der Kanton aus den Taxen schon unerwartet hohe Summen eingenommen hatte.

Der Strassenstaub war nicht ein regionales Problem, sondern war zur "Landesplage" geworden. Es gab zwar viele Staubbekämpfungsmittel, und es kamen ständig neue Produkte auf den Markt. Diesbezügliche Erfahrungen waren jedoch noch zu jung für ein abschliessendes Urteil. In einem Tunnel am Axen wurde zwar eine Rohteeranlage angebracht, doch stand die Teerung noch im Anfangsstadium.
Die technische Lösung des Staubproblems war auch eine Kostenfrage. Die Gemeinden erachteten es als Pflicht des Kantons, die Staubplage zu bekämpfen. Der Kanton andererseits wollte die Kosten nicht alleine übernehmen und begnügte sich vorerst noch, den Gemeinden das Material zur Staubbekämpfung (Sulfitlauge) zur Verfügung zu stellen. Die Durchführung der Staubbekämpfung oblag somit weiterhin den Gemeinden.

Immer grössere Strassenteilstücke wurden in den 1930er-Jahren mit einem Teerbelag versehen. Mit der Teerung steigerten sich die Kosten so stark, dass die Behandlung der Strassenoberfläche in die Kompetenz der Kantone fiel.

Das Problem der Staubbekämpfung trat damit langsam in den Hintergrund. Das hiess jedoch nicht, dass der Staub im Urnerland zu keinen Diskussionen mehr Anlass gegeben hätte. So verliessen beispielsweise in den Landratsverhandlungen vom Januar 1936 die Vertreter Urserns unter Protest den Saal, weil der Budgetbetrag für die Staubbekämpfung vom Rat reduziert worden war. In den Dörfern, wo die Strassenpflästerung vorherrschte, konnte der Sand zwischen den Pflastersteinen nach langen Regenfällen zur Plage werden. Auch hier forderte die Bevölkerung die Teerung der Strasse. Trotzdem: Die Forderungen zur Lösung des Staubproblems sollten in den 1930er-Jahren nicht mehr nur in dieser Form hörbar werden; sie gingen jetzt in den Forderungen nach der Sanierung der ganzen Strassenanlage auf. Der ständig zunehmende Automobilverkehr hatte die Strassen stark strapaziert und verlangte nach einer grosszügigen Erneuerung. Mit notdürftigen Flickarbeiten war auf die Dauer nichts mehr auszurichten.
Die Strasse hatte aber bisher auch land- und forstwirtschaftlichen Zwecken gedient. Mit den neuen Bitumenbelägen wurden Holzreistzüge auf den Hauptstrassen verboten. Die Bauern beklagten sich, dass die Bitumenbeläge bei kaltem und nassem Wetter für das Vieh gefährlich zu passieren seien.

Im Jahre 1970 war dann das ganze urnerische Hauptstrassennetz staubfrei, das heisst durchgehend mit einer bituminösen oder zementgebundenen Decke versehen.

Literatur: Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 36 f., 100 ff., 211, 261.

EREIGNISSE ZUM THEMA

1925  / Freitag, 29. Mai 1925
Staubbekämpfungsdebatte im Urner Landrat
Im Urner Landrat findet die so genannte Staubbekämpfungsdebatte statt. Es wurde an den Regierungsrat nämlich eine Interpellation von den Landräten Clemens Dahinden, Josef Arnold und Karl Muheim (Altdorf), Franz Brugger (Erstfeld) und Heinrich Tresch (Amsteg) gerichtet. In den Diskussionen sind die Landräte allgemein der Ansicht, dass der derzeitige Zustand der Strassen nicht mehr weiter andauern könne. Der Regierung und dem Landrat bieten sich zur Linderung der Staubplage einmal die Möglichkeit, Massnahmen zur strengeren Kontrolle der vorgeschriebenen Geschwindigkeiten vorzunehmen und zusätzliche zeitliche Beschränkungen des Verkehrs einzuführen. So wird im Landrat auf der einen Seite mit dem Drohfinger darauf hingewiesen, dass das Volk "einmal seinen Unwillen gegen die Staubwirbelei auslassen und den Kanton für Autos schliessen" könne. Der grösste Teil des Rates ist jedoch der Ansicht, dass man die Autos nun einmal nicht mehr aus der Welt schaffen könne. Den Verkehr im Dienste der Staubbekämpfung einzuschränken, hiesse jedoch, das Rad der Zeit zurückzudrehen und ist im Urnerland politisch nicht mehr durchführbar. Die wirksame Lösung des Staubproblems muss die Technik in Form einer verbesserten Strassenoberfläche bringen.
Quellen / Literatur: StAUR LL 25/145, 170, 189, 242; Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 102.
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1926  / Samstag, 27. März 1926
Die Forderung nach mehr Geld für die Staubbekämpfung
In der "Gotthard-Post" wird der Gedanke aufgegriffen, durch ein Volksbegehren die Kantonsregierung zu verpflichten, 15 bis 20 Prozent aus den Einnahmen der Strassentaxen für die Staubbekämpfung zu verwenden.
Quellen / Literatur: GP, No. 13, 27. März 1926.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 03.03.2021