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Themen des Automobilwesens in Uri im Detail

Sonntagsfahrverbot und Sonntagsheiligung


Eine Ansammlung von Automobilen auf der Axenstrasse in den 1920er-Jahren. Wen dieses Bild erfreute, war gegen ein Sonntagsfahrverbot. Wer auf Seiten der Fussgänger stand, trat für ein solches ein (StAUR Fotoarchiv Aschwanden, Fotos Axenstrasse).

In der Schweiz und in Uri kam es verschiedentlich zu Sonntagsfahrverboten. Während diese in den Anfängen des Automobilismus im Zusammenhang mit der Sonntagsruhe standen, wurde die Sonntagsfahrverbote während des Zweiten Weltkriegs und in der Ölkrise 1973 aus Gründen des Benzinsparens erlassen. Aus einer ganz anderen Ecke kam das Sonntagsfahrverbot von 1936. Die Automobilisten wollten gegen die hohen Benzinpreise protestieren und liessen deshalb an diesem Sonntag ihr Auto stehen.

Von den drei Gemeinden Sisikon, Flüelen und Altdorf wurde 1909 eine Initiative für ein Sonntagsfahrverbot eingereicht. Unter den Initianten waren auch Flüeler Wirte, welche durch die "Beschwerden des reisenden Publikums" zur Initiative veranlasst worden waren. Weiter wurde seitens der Initianten vor allem gegen die unvernünftige Fahrweise protestiert. Als Reaktion auf die Petition wurde beim Regierungsrat eine Eingabe von Dr. Wilhelm Kesselbach im Namen der Urner Automobilisten und eine solche des Vereins zur Förderung des Fremdenverkehrs am Vierwaldstättersee und Umgebung eingereicht. Uris Verkehrspolitik lief nun in die Richtung, den Automobilverkehr nicht noch mehr einzuschränken. Die Petition wurde vom Landrat abgewiesen. Seinen Entscheid begründete der Rat mit der ablehnenden Haltung der Schwyzer Behörden gegenüber einem solchen Verbot und "mit Rücksicht auf die hiermit verbundene schwere Schädigung der Fremdenindustrie." Dagegen wurde beschlossen, dass die Axenstrasse von den Automobilen nur in sehr mässigem Tempo (10-15 km/h) befahren werden dürfe.

Im Februar 1920 beschäftigte sich in Bern die Polizeidirektorenkonferenz mit dem Erlass von Sonntagsfahrverboten. Die Mehrheit der Kantone sprach sich dabei für ein sonntägliches Fahrverbot zwischen Mai und September von 12 bis 18.00 Uhr aus. In Uris Nachbarkantonen Glarus und Schwyz waren anfangs der 1920er-Jahre Sonntagsfahrverbote erlassen worden. Im Urner Landrat wurde eine Motion für ein Sonntagsfahrverbot jedoch aus Gründen des Tourismus abgelehnt.
Im April 1922 reichte der Verkehrsverein Flüelen ein Gesuch für ein Sonntagsfahrverbot beim Regierungsrat ein. Ziel der Initianten war auch hier die Förderung des Tourismus. Die Reisenden sollten wenigstens am Sonntag von der Staubplage auf der Axenstrasse verschont bleiben. Unter den Hoteliers herrschten bezüglich des Sonntagsfahrverbotes je nach Region gegenteilige Ansichten.
Die Urner Regierung änderte ihre Einstellung zum Sonntagsfahrverbot und brachte eine Vorlage vor den Landrat, welche die Sperrung der Axenstrasse für den Autoverkehr von 13.00 Uhr bis 16.30 Uhr an Sonn- und Feiertagen vom 1. Mai bis 30. September zum Schutze des Fussgängerverkehrs vorsah. Die Vorlage wurde jedoch vom Landrat grossmehrheitlich abgelehnt.
Urner Gewerbekreise forderten zudem die Regierung auf, bei den Nachbarkantonen auf eine Aufhebung der Verbote hinzuwirken. Es galt politische Lösungen zu finden, welche den "automobilfreien" Kanton Uri durch die beiden Sonntagsfahrverbots-Kantone Schwyz und Glarus und das totale Automobilverbot in Graubünden nicht zu sehr isolierten. Schwyz hob das Sonntagsfahrverbot für die Axenstrasse auf und auch Glarus kam Uri auf der Klausenstrasse entgegen.

Wenn in Uri auch kein Sonntagsfahrverbot in Kraft gesetzt wurde, so gerieten die Automobilisten trotzdem in Konflikt mit dem Sonntagsgesetz. Nach strenger Auslegung der Gesetzesbestimmungen durfte an Sonntagen an die Automobilisten kein Benzin verkauft werden. Diese Bestimmungen standen nicht in Einklang mit den Bemühungen um einen reibungslosen Verkehr. Wer die Bestimmungen des Gesetzes übertrat, musste mit einer Busse rechnen.

Nach Ansicht der Geistlichkeit gehörte es "wesentlich zum Begriff der christlichen Sonntagsheiligung, die Seele des Menschen nach den materiellen Sorgen einer ganzen Woche wieder aus dem irdischen Getriebe herauszureissen und Gott und ihrer übernatürlichen Bestimmung näher zu bringen." Die von der Technik geprägte moderne Zeit hatte aber ein ganz neues Verhältnis zum Sonntag gebracht. Der moderne Mensch wollte in seiner freien Zeit etwas erleben, sich amüsieren. Das Automobil steigerte die Mobilität, das Autofahren wurde zum Vergnügen. Der grosse Ausflugverkehr brachte dem Urner Gewerbe Verdienst, auf den es angewiesen war. Der Sonntag wurde zum Geschäft. Nicht mehr die sonntägliche Ruhe war willkommen, sondern möglichst viel Verkehr. Jene, welche sich durch ein Sonntagsfahrverbot für einige Stunden in der Woche die traditionelle Sonntagsheiligung sichern wollten, blieben in der Minderheit. Der Sonntag hatte eine andere Bedeutung erlangt; er wurde, je länger je mehr, nicht mehr von der Religion, sondern vom Verkehr geprägt.

Literatur: Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 32 ff., 131 ff.

EREIGNISSE ZUM THEMA

1909  / Sonntag, 25. April 1909
Einreichung einer Petition für ein Sonntagsfahrverbot
Die drei drei Gemeinden Sisikon, Flüelen und Altdorf reichen beim Regierungsrat eine Initiative bereffend Sperrung des Automobilverkehrs auf der Axenstrasse für die Zeit von vormittags 10 Uhr bis nachmittags 17 Uhr (vom 1. Mai bis 1. Oktober) ein.
Quellen / Literatur: StAUR R-720-19/1000(1).
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1920  / Mittwoch, 28. April 1920
Landrat spricht sich gegen Sonntagsfahrverbot aus
Der Urner Landrat behandelt eine Motion des Erstfelder Ratsherren Ernst Schnurrenberger (SP). Diese zielt auf ein beschränktes Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen während der Sommermonate. In der Begründung der Motion weist Schnurrenberger darauf hin, dass gegenwärtig die meisten Kantone ein Sonntagsfahrverbot haben. Weiter müsse auf den Zustand der Strasse Rücksicht genommen werden. Ein solches Verbot solle deshalb auch im Urnerland am Platze sein. Der Regierungsrat will einem Sonntagsfahrverbot jedoch nicht zustimmen. Der Schaden für die Fremdenindustrie erachtet er für grösser als die angeführten Unannehmlichkeiten. Die Wirksamkeit des Sonntagsfahrverbotes sei nach seinen Erwägungen zudem in die Zeit vom 1. Mai bis 30. September gefallen, also in die Hauptsaison des Tourismus. Die Regierung will den Fahrern, welche in den Kanton kommen, die Freiheit einräumen, sich bis abends 18.00 Uhr, wenn die Grenzen durch die Nachbarkantone wieder geöffnet werden, im Urnerland zu bewegen. Die Abstimmung im Landrat ergibt schliesslich mit 20 gegen neun Stimmen die Ablehnung der Motion.
Quellen / Literatur: Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 131 f.
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1922  / Samstag, 15. April 1922
Regierungsrat mit Trendwende beim Sonntagsfahrverbot
Die Urner Regierung ändert ihre Einstellung zu einem Sonntagsfahrverbot und bringt eine Vorlage vor den Landrat, welche die Sperrung der Axenstrasse für den Autoverkehr von 13.00 Uhr bis 16.30 Uhr an Sonn- und Feiertagen vom 1. Mai bis 30. September zum Schutze des Fussgängerverkehrs vorieht. Der Regierungsrat entschliesst sich für diese Vorlage, "in der Absicht, die in der freien Natur ihre Erholung suchende Bevölkerung vor Belästigung durch Staub und Kot, wie sie der Automobil- und Motorradverkehr mit sich bringt, zu schützen und wenigstens auf dieser herrlichen Strasse während des Nachmittags erträglicher zu gestalten." Die Vorlage wird jedoch vom Landrat grossmehrheitlich abgelehnt.
Quellen / Literatur: Auszug aus dem RR-Protokol vom 15.4.1922 (StAUR R-720-19/1000); Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 132 f.
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1922  / Donnerstag, 20. April 1922
Verkehrsverein Flüelen will Sonntagsfahrverbot.
In einer Eingabe an den Urner Regierungsrat setzt sich der Verkehrsverein Flüelen für ein Sonntagsfahrverbot von Mai bis Oktober (zwischen 12.00 und 18.00 Uhr) ein. Ziel der Initianten ist auch hier die Förderung des Tourismus. Die Reisenden sollen wenigstens am Sonntag von der Staubplage auf der Axenstrasse verschont bleiben. Unter den Hoteliers herrschen bezüglich des Sonntagsfahrverbotes je nach Region gegenteilige Ansichten.
Quellen / Literatur: Schreiben Verkehrsverein Flüelen an den Urner Regierungsrat vom 20. April 1922 (StA UR R-720-19/1000).
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1927  / Samstag, 17. September 1927
Leserbrief fordert Sonntagsfahrverbot
In Leserbriefen wird die Anregung gemacht, ein Sonntagsfahrverbot zu erlassen: "Gewiss soll dem Auto der Platz, den es im heutigen Verkehrswesen einnimmt, nicht abgesprochen werden; aber auch dem Fussgänger soll die Möglichkeit zur gefahrlosen Begehung der öffentlichen Strassen doch heute auch noch gesichert sein und ist sicher nicht zuviel mit 5 Stunden in der Woche verlangt."
Quellen / Literatur: UW, No. 38, 17. September 1927.
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1936  / Sonntag, 5. Juli 1936
Autofreier Sonntag als Folge des Benzinstreiks
Die in Automobilverbänden zusammengeschlossenen Motorfahrzeugbesitzer der Schweiz beabsichtigen an diesem Sonntag "in einer machtvollen und gut vorbereiteten Kundgebung gegen die Benzinzollpolitik der Eidgenossenschaft" zu demonstrieren. Die Hälfte des Benzinpreises (45 Rappen), den der Fahrer an der Tankstelle entrichten muss, nimmt der Bund ein. Alle Benzinkonsumenten werden an diesem Tag aufgefordert, freiwillig auf den Gebrauch jeglichen Fahrzeuges zu verzichten und, wenn irgendwie möglich, auch zu Hause zu bleiben. Nach Ansicht der Automobilistenverbände haben die hohen Benzinsteuern zum Rückgang im Motorfahrzeugverkehr mitbeigetragen. Die Benzinpolitik habe nach Ansicht der Initianten die Automobilisten auf das schwerste bedroht und untergrabe ihnen den, wenn auch bescheidenen, so doch sichern Boden ihrer Existenz. Gemäss den Urner Zeitungsberichten wird die Stillegung des Autoverkehrs durch die Autoinhaber des Urnerlandes strikte durchgeführt. Kein einziges Urner Auto hat sich blicken lassen, und alle Autoreparaturwerkstätten bleiben geschlossen. Der Transitverkehr durchs Urnerland nach den Alpenpässen Gotthard und Furka ist stark eingeschränkt. Am meisten Freude sollen die Fussgänger und Velofahrer an diesem Autostreik empfunden haben, denn sie durften sich wieder einmal als Herr und Meister der Strasse fühlen."
Quellen / Literatur: GP, No. 28, 11. Juli 1936; Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 223 f.
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1939  / Freitag, 8. September 1939
Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen
Durch Bundesratsbeschluss wird der Verkehr mit Motorfahrzeugen an Sonn- und allgemeinen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr verboten. Nicht verboten sind der Motorfahrzeugverkehr der Armee, der Transportanstalten, die unaufschiebbaren Dienstfahrten der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe, der Medizinalpersonen und Krankenanstalten für Notfälle sowie die Lebensmitteltransporte und Taxameterfahrten im Lokalrayon.
Quellen / Literatur: Bundesratsbeschluss über die Einschränkung des Motorfahrzeugverkehrs an Sonn- und Feiertagen vom 8. September 1939 (AS 1939, S. 925).
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1939  / Sonntag, 10. September 1939
Erster autofreier Sonntag
Der gemäss Bundesratsbeschluss erste "autofreie" Sonntag ist gemäss Zeitungsberichten "so recht ein Tag der Sohlengänger, die da einmal ausziehen konnten, ohne sieben Augen haben zu müssen".
Quellen / Literatur: GP, Nr. 37, 16. September 1939.
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1939  / Mittwoch, 15. November 1939
Sonntagsfahrverbot wird wieder aufgehoben
Mit Bundesratsbeschluss ist das im September erlassene Sonntagsfahrverbot wieder aufgehoben.
Quellen / Literatur: Bundesratsbeschluss vom 3.11.1939, in: AS 1939, S. 1317.
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2016  / Sonntag, 25. September 2016
Ein Freudentag für Radsportbegeisterte
Der vierte motorfreie Velotag am Klausenpass lockt sowohl Gäste aus der Schweiz als auch aus dem angrenzenden Ausland an. Rund 3200 Radsportler sind in die Pedalen getreten.Von 9.00 bis 16.00 Uhr wird der Klausenpass zwischen Unterschächen und Linthal für den motorisierten Verkehr gesperrt.
Quellen / Literatur: UW 77, 28.9.2016, S. 1.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 03.03.2021